Kurz notiert: Laut Medienberichten war die Sorge darüber, dass Taurus MFK von Ukrainern gegen die Krim-Brücke eingesetzt werden könnte, einer der Gründe für die heutige Entscheidung zur Nichtlieferung. Sollte das stimmen, wäre es beängstigend. Und zwar auf drei Ebenen:
2/n🧵 (1) Selbstverständlich wollen die Ukrainer Taurus MFK gegen die Brücke einsetzen. Das Wirkmittel ist nämlich u.a. genau für dieses Einsatzszenario (Einsatz gegen massive Brückenkonstruktionen) konzipiert worden. Den Ukrainern fehlt es bisher an einem passenden Waffensystem.
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Der Taurus würde diese Fähigkeitslücke (in Reichweite und Größe des Gefechtskopfs) schließen. Und das weiß auch das BKAmt, so naiv wird man dort nicht sein, anderes anzunehmen. Oder etwa doch? Das wäre eine kolossale Verkennung der strategischen Bedeutung der Krim-Brücke.
4/n🧵 (2) Denn die Brücke ist ein top top Primärziel der Ukrainer. Die Eisenbahnbrücke bildet mehr noch als die Straßenbrücke den zentralen Versorgungsweg für die südliche Heeresgruppe der russischen Armee. Für ihre Verbände auf der Krim, aber auch im besetzten Kherson Oblast.
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Neben der Nachschubversorgung mit z.B. Betriebsstoffen, Munition, Lebensmitteln, medizinischen Gütern, persönlicher Ausrüstung etc. dient sie zudem der Verlegung von frischen Truppenteilen ins Kriegsgebiet. Also sowohl von Infanterie wie auch von militärischem Großgerät.
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Und jetzt das Entscheidende: Dieser Nachschubweg ist für die Russen nicht nur ungemein effizient, weil die Eisenbahnlinie einen hohen Nachschubdurchsatz (sprich: Viele Güter in kurzer Zeit) gewährt. V.a. liegt dieser Nachschubweg außerhalb der Reichweite ukr. Bedrohung.
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Denn die nördliche Straßenroute und Eisenbahnlinie von Mariupol über die Landbrücke bis auf die Krim liegt in Reichweite ukrainischer Steilfeuerwaffen. Zudem gibt es in diesem Gebiet Partisanenaktivität, die mittels Sabotageakte versuchen, russischen Nachschub zu stören.
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Deshalb ist es für die Ukrainer so wichtig, dass der Weg über die Krimbrücke unterbrochen wird. Denn wenn die Russen ihre starken Armeeeinheiten im Süden nicht mehr ordentlich versorgen können, würde das den Fortgang der ukrainischen Bodenoffensive erheblich erleichtern.
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Weiß das das BKAmt etwa nicht? Es wäre eine kolossale Fehleinschätzung der Lage. Denn (3) bereiten die Ukrainer dieses Szenario seit Wochen vor. Sie greifen gezielt z.B. Schienenknotenpunkte, kleinere Brücken im nördlichen Teil der Krim-Halbinsel oder Landungsschiffe...
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...,die im Falle eines Ausfalls der Brücke, Nachschubgüter auf dem Seeweg transportieren könnten, an. Ihr merkt also: Wer möchte, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt, der muss wollen, dass diese Brücke ausgeschaltet wird.
Und das muss auch das BKAmt wissen. Es muss!
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Andernfalls wäre diese Fehleinschätzung der Lage beängstigend. Und dennoch erleben wir d. Ablehnung, obwohl Taurus einen kriegsentscheidenden Beitrag zu Gunsten der Ukraine leisten könnte. Und die Begründung ist genau das! Weil Taurus das leisten könnte, liefern wir nicht.
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Ganz logisch hergeleitet bedeutet dies nur eines: Der Bundeskanzler liefert nicht, weil er Angst vor der Reaktion von Putin und seiner weiteren Kriegsverbrecher hat. Denn ja! Würde die Brücke durch einen massiven Angriff zerstört, müsste der Kreml das vergelten.
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Allein schon aufgrund der kriegswichtigen Bedeutung. Und offenbar fürchtet man im BKAmt genau jenes. Man fürchtet die Rache Putins. Man knickt ein und riskiert damit, alle bisherigen Einsätze zu verlieren, weil es der Ukraine schwieriger gemacht wird, erfolgreich zu sein.
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Man knickt vor einem Kriegsverbrecher ein. Man knickt vor der größten Bedrohung des Weltfriedens ein. Gerade jetzt käme es auf Führungsstärke an. Doch der Kanzler knickt ein. Das gefährdet nicht nur den ukr. Erfolg in hohem Maße.
Es ist ein Spiel mit unserer Sicherheit!
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Ich kann nur mit dem Kopf schütteln. Den Kopf schütteln über die Sorge des Bundeskanzlers, dass die Ukrainer nur darauf warten, Taurus im Falle einer Lieferung, gegen militärische Ziele in Russland einzusetzen. Gegen möglicherweise "falsche Ziele", wie Scholz sagt. Falsch:
2/n🧵
Diese Sorge wird von 2 Einflussfaktoren getrieben, die aber der präzisen Analyse nicht standhalten. Der 1. Grund ist die merkwürdige deutsche Fetischisierung d. Reichweite v. Taurus MFK. Mit (offiziell angegebenen) 500 km Reichweite könnten Ziele in Russland bewirkt werden.
3/n 🧵
Und ja, das stimmt. Es stimmt aber auch für Waffensysteme, die wir bereits ausgeliefert haben. Rohrartillerie vom Typ PzH2000 wie auch Raketenartillerie vom Typ MARS II kann Ziele auf russischem Territorium bewirken. Taten die Ukrainer das aber auch? Vermutlich nicht.
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Puuuh! Spätestens mit den Ereignissen des heutigen Tages ist auch klar geworden, dass die deutsche Außenpolitik nun vor einem erheblichen Handlungsdruck steht.
Vor einer Richtungsentscheidung, vor der nicht nur die aktuelle Bundesregierung letztlich immer wieder auswich.
2/n🧵
Ganz platt gesagt lautet die Entscheidung: Geht die deutsche Außenpolitik endlich die notwendigen Schritte, um erwachsen zu werden oder verbleibt sie weiterhin im vagen und ungefähren? Möchte Deutschland nicht nur wirtschaftlich und werteorientiert Interessen durchsetzen...
3/n🧵
...sondern auch robust und entschieden? Letzteres war und ist seit der Wiedervereinigung eigentlich das Ziel aller Bundesregierungen gewesen. Doch am Ende wurde es nie ernsthaft angegangen.
Genau jetzt böte sich die Chance, zu wachsen und dadurch an Einfluss zu gewinnen.
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Also großen Reserven an Munition (v.a. Artilleriegranaten), Handfeuerwaffen und Großgerät (aus sowjetischer Fertigung), das in Ostrussland tausendfach eingelagert wurde.
Dieses System lebt aber vom Verschleiß. Weil der Bedarf an Kriegsmaterial bei den Russen so hoch ist.
3/5🧵
Einen Krieg gewinnst du aber nicht "auf Lager". Du gewinnst ihn strategisch über Produktion. Und da sind d. Russen längst an ihre Grenze gestoßen. Das betrifft v.a. die Fertigung von neuen Geschützläufen, Optiken, Feinmechanik und -elektronik für gepanzerte Fahrzeuge und...
#OTD In den Morgenstunden des 17. September 1939 überschritt die Rote Armee die polnische Grenze. Der Überfall der Sowjetunion ist die direkte Folge des geheimen Zusatzprotokolls des Ribbentrop-Molotov-Paktes, das den europäischen Kontinent in 2 "Interessensphären" teilte.
Polen sollte zerschlagen u. entlang einer Demarkationslinie zwischen den beiden Diktatoren aufgeteilt werden. Mit der Invasion holte sich Stalin schließlich seine Beute. Hitler war erfreut darüber, dass die Sowjets endlich los schlugen. Das besiegelte endgültig Polens Niederlage.
Denn in Ostpolen befanden sich nur schwache polnische Sicherungsverbände. Nach der Kapitulation der poln. Streitkräfte hielt man Siegesparaden mit der Wehrmacht ab. Die Sowjets rechtfertigten den Überfall ggü. der. Weltöffentlichkeit mit dem "Schutz" von Minderheiten in Ostpolen.
41 % für die Brechung des Völkerrechts.
41 % für die Belohnung des Verbrechers Putin.
41 % für die Beugung des Willens des ukrainischen Volkes.
41 % für die Wiederkehr kolonialer Großmächtepolitik in Mittel- u. Osteuropa.
Ganze 41 % haben nichts, aber auch gar nichts verstanden.
Das entscheidende ist nicht, was wir wollen. Entscheidend ist das, was die Ukrainer wollen. Was ihr selbstbestimmter Wille ist. Ohne Bedrängnis von außen.
Wenn sie sich zu Abtretungen im Tausch mit einer sofortigen NATO-Mitgliedschaft entscheidet: Gerne!
▶️Verjährungsdebatte im Bundestag, 1965
▶️Kniefall in Warschau von W. Brandt, 1970
▶️Weizsäcker-Rede zum Kriegsende, 1985
▶️Historikerstreit zur Singularität der Shoa, 1986/87
▶️Gemeinsame Garantie-Erklärung von Bundestag und Volkskammer zur deutsch-polnischen Grenze, 1990
▶️Ersatzlose Streichung des § 175 StGB durch den Bundestag, 1994
▶️Streit um die "Wehrmachtsausstellung", also um den Mythos der "sauberen Wehrmacht", ab 1995
▶️Erstmalige Anerkennung ihres Unrechts und Einrichtung eines staatlichen Entschädigungsfonds für NS-Zwangsarbeiter, 2000
Diese bedeutenden Wegmarken (Auswahl ist nicht abschließend) stehen nicht nur für die schwere und oft zu zögerliche Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen, die in deutschem Namen begangen wurden. Jede dieser Wegmarken steht auch für ein Angebot.