Würde eine US-Regierung bei einem ernsthaften Angriff Russlands auf NATO-Gebiet militärisch dagegenhalten?
Wenn Russland dabei behauptete, es hole sich "eigenes Gebiet" zurück?
Ich habe mittlerweile Zweifel: 🧵
Und solche gefährlichen Zweifel dürfte es nicht geben.
1/30
Warum ich Zweifel habe?
Weil viele Argumente, mit denen die Berater um Biden und Scholz heute eine Sieg-Strategie für die Ukraine ablehnen, auch für Angriffe auf NATO-Staaten gelten können.
Ich befürchte man würde in diesem Fall wohl auch nicht ernsthaft reagieren wollen.
2/30
Zeitenwende heißt: Russland nutzt militärische Gewalt für revisionistische Eroberungskriege.
Für die Beendigung solcher Kriege gibt es keine Kompromisse:
Entweder RU gewinnt Land, dann hat es gewonnen.
Oder es wird vollständig zurückgeschlagen.
Halb-halb: Russland gewinnt.
3/30
Es braucht also eine Sieg-Strategie für das angegriffene Land, um Russland keinen Hektar Land zu überlassen. Oder man kapituliert.
USA und NATO sind nach 20 Monaten russischem Krieg nicht bereit, sich klar zu einer Strategie für einen ukrainischen Sieg zu bekennen.
Warum?
4/30
Als Begründung hört man eine Kette von absurden Ängsten über negative Folgen eines ukrainischen Sieges:
-Putin könnte dann gestürzt werden,
-Russland würde dann auseinanderbrechen,
-Chaos dann in seiner Peripherie ausbrechen.
Nichts davon ist plausibel oder belegt.
5/30
Außerdem werden wohl einige westliche Entscheider von Ängsten vor einem Atomkrieg / Ausweitung des Kriegs zum 3. WK im Fall einer russischen Niederlage geplagt.
Auch dafür gibt es keine plausible Begründung oder Belege.
Das führt zu Lähmung und einer unbrauchbaren Strategie:
6/30
Der Westen hat der Ukraine gerade so viel Waffen geliefert, dass sie „nicht verliert“,
und Russland „nicht gewinnt“.
Die vorherrschende Patt-Situation wurde vom Westen eingeregelt, man nennt das stolz „Eskalations-Management“.
7/30 tnsr.org/2023/06/escala…
Die Idee: Eigentlich könne Putin den Krieg doch gar nicht wollen.
Man müsse ihm einerseits klar machen, dass er den Krieg nicht gewinnen könne, andererseits eine goldene Brücke (off ramp) hin zu einer Verhandlungslösung bauen.
Putin scheißt da drauf -und macht einfach weiter
8/30
Hier zeigt sich eine unterschiedliche Einstellung zum Krieg:
Im Westen herrscht nach den gescheiterten Kriegen der USA die Überzeugung, dass Krieg ein untaugliches Mittel für Politik sei und in jedem Fall vermieden werden soll.
In Russland aber ist Krieg identitätsstiftend.
9/30
Putin hat es geschafft, die verlorenen Kriege in Afghanistan und Tschetschenien zu verdrängen und den Sieg im 2. WK zu dem heroischen Höhepunkt der russischen Geschichte aufzublasen, den es heute gelte zu wiederholen.
Und das russische Volk folgt seinem Framing, zu 76%.
10/30
Pistorius stellt fest, die Bundeswehr sei nicht kriegstauglich.
Das ist wie eine Feuerwehr, die nicht löschtauglich ist oder ein Boot, das nicht schwimmtauglich ist.
Allein die Vorstellung, die Bundeswehr müsse Kriege führen, empört Twitter-Deutschland.
11/30
Ist das Misstrauen unserer Osteuropäischen Partner Polen und Baltikum da nicht gerechtfertigt?
Weite Teile Polens und das Baltikum gehörten bis 1918 zum russischen Reich und können damit auch zum Gegenstand von militantem russischem Revisionismus werden.
12/30
Wenn mehr als 80% der deutschen Bevölkerung nicht mal bereit wären, Deutschland zu verteidigen
(was nicht nur Dienst an der Waffe bedeutet. Verteidigung würde ja alle gesellschaftlichen Bereiche beinhalten)
– warum würden wir Polen oder das Baltikum verteidigen wollen?
13/30
Und warum sollten dann US-Soldaten für Europa sterben?
Die Argumente, mit denen heute der Ukraine eine weitreichende militärische Unterstützung verweigert wird, könnte man auch bei einem Angriff Russlands auf das Baltikum anwenden:
„Ausweitung des Kriegs vermeiden“
14/30
Natürlich müsste man dann von westlichen Angriffen auf russisches Gebiet absehen, um einen Zerfall Russlands zu vermeiden.
Um weitere Eskalation zu vermeiden, würde man Baltischen Staaten nur „Defensiv-“Waffen geben.
Keine Angriffe mit Jets von westlichen Airbases aus, etc.
15/30
Viele Begründungen, mit denen die USA ihre Waffen zurückgehalten haben, waren erlogen.
Es mangelt den USA weder an Geld noch an vorhandenen Waffen.
6-8 Mio Artillerie-Granaten liegen in US-Lagern.
Für was?
Für einen Landkrieg mit China?
Wie Kenner des US-Militärs wie @secretsqrl123immer wieder gezeigt haben, entsorgen die USA jeden Monat Unmengen an abgelaufenen Waffen und Munition für teures Geld.
Davon hätte der Ukraine einiges geliefert werden können.
Zum Nulltarif.
17/30
Woran es aber mangelt, ist eine klare Strategie auf Sieg.
Die Appeasement-Strategie des Westens, durch gebremste Waffenlieferung an die Ukraine mit Putin zu „kommunizieren“ und ihn hin zu fairen Verhandlungen zu konditionieren, ist krachend gescheitert.
18/30
Ja, reden wir über Deutschland.
Wie weit deutscher Eliten von Russland korrumpiert sind, Wissenschaftler, Politiker, Manager und Journalisten, die Frage muss nach dem Fall Hubert Seipel endlich offen auf den Tisch.
Es braucht eine unabhängige Untersuchung und Konsequenzen.
19/30
Aber das hilft der Ukraine jetzt auch nicht.
Die offensichtliche Idee des Westens, den Krieg zu dämpfen und in die Länge zu ziehen, geht auf Kosten der Ukraine.
Eine Demokratie kann den Krieg nicht so lange durchhalten wie eine Diktatur.
Ohne Perspektive zerbricht das Land.
20/30
Wenn der Westen keinen Sieg will, wie lange wollen sich ukrainische Männer motivieren, weiter zu kämpfen?
Wie lange hat die Ukraine noch die Kraft, die Verteidigungslinien zu halten, wofür alleine schon große Mengen an Munition, Waffen und Menschen benötigt werden?
21/30
Westliche „Experten“ haben von Anfang an Russland und die Ukraine falsch eingeschätzt.
Ich befürchte, dass die Durchhaltefähigkeit der Ukraine fälschlich als gegeben angesehen wird und vergessen wird, dass es für Ukrainer eine Alternative gibt:
die Flucht in den Westen.
22/30
Wie der ukr. Generalstabschef deutlich sagt:
Auf lange Sicht, wenn es ein langer Abnutzungskrieg wird, gewinnt Russland.
Putin kann mehr Menschen und Ressourcen opfern als Selenskyj.
Wir brauchen eine offene Debatte über die Konsequenzen.
Und welche Ziele wir anstreben.
23/30
Leute wie Varwick behaupten nicht zu wissen, was Putins Kriegsziel sei.
Sie halten sich die Ohren zu wenn Putin die Ukraine als „Antirussisches Projekt“ diffamiert, das vernichtet werden müsse.
Putin will die gesamte Ukraine erobern
Deswegen verhandelt er nicht um 4 Oblaste
24/30
Reden wir über die Konsequenzen einer ukrainischen Kapitulation - die absehbar ist, wenn der aktuelle Kurs weiter verfolgt wird:
Millionen traumatisierte Flüchtlinge, aber auch Millionen Ukrainern die nicht fliehen können oder wollen und in den Machtbereich Putins geraten.
25/30
Was geschieht mit Ukrainern unter RU Herrschaft?
Kinder werden ihren Eltern entzogen und umerzogen. Zu Kanonenfutter für Putins Kriege. Das geschieht schon heute.
Regimegegner werden verhaftet, gefoltert, ermordet. Wie in RU heute.
Putin weitet seinen Machtbereich aus.
26/30
Ich verstehe nicht, warum die Gefahren dieser Entwicklung bei uns nicht breit diskutiert werden?
Ich halte diese Entwicklung für gefährlicher als alle Atomdrohungen aus dem Kreml.
Wir sollten uns endlich klar dafür entscheiden, diese Gefahr abzuwenden.
27/30
Der militante russische Revisionismus kann nicht am langen Tisch weg verhandelt werden.
Diplomatie kann das nicht leisten.
Die russische Gewalteskalation kann leider nur durch Gegengewalt gestoppt werden.
Darüber brauchen wir erst einmal Einigkeit.
Einverstanden?
28/30
Wenn wir selbst nicht bereit sind, die notwendige Gewalt anzuwenden, um Russlands Großmachtträume rechtzeitig zu stoppen, sollten wir zumindest die Ukraine mit allem ausstatten, was diese benötigt.
Ohne Rote Linien und Scheuklappen.
Ab jetzt.
29/30
Schuldenbremsen nutzen nichts, wenn durch Zaudern ein Jahrzehnt der Kriege in Europa ausbricht.
Wir brauchen eine Mobilisierung der Rüstung in Europa.
Aber v. a. brauchen wir eine europäische Strategie zum Sieg der Ukraine, wenn die USA keine funktionierende Strategie haben
30/30
Nachsatz:
Die Frage, wie wahrscheinlich ein russischer Angriff auf die NATO in den nächsten 5-10 Jahren wird, wenn Russland weiter aufrüstet, wird auch von @Ce_Moll in einer Analyse für die DGAP diskutiert.
In its current state, would the USA counter a serious attack by Russia on NATO territory with military force?
If Russia claimed that it was taking back its own territory?
I now have my doubts. 🧵
And there should be no such dangerous doubts.
1/30
Why do I have these doubts?
Because many of the arguments that advisors around Biden and Scholz are using today to reject a strategy for victory in Ukraine could also apply to attacks on NATO states.
I worry that they would not want to react seriously in this case either.
2/30
“Zeitenwende” means:
Russia uses military force for revisionist wars of conquest.
There is no compromise when it comes to ending such wars:
Either Russia wins land, in which case it has won.
Or it is completely beaten back.
Half-half: Russia wins.
3/30
Wie funktioniert Zersetzung / Subversion einer demokratischen Gesellschaft?
Kurz-Anleitung in 4 Schritten 🧵
Als Diskussions-Grundlage für alle, die sich für den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einsetzen.
[Meine Vorbehalte und Einschätzung dazu am Ende]
1/28
Der russische KGB-Überläufer Yuri Bezmenov machte Anfang der 80er Jahre KGB-Strategien zur Zersetzung von Staaten publik.
Durch den Zusammenbruch der UdSSR wurden seine Warnungen nicht mehr ernst genommen.
Man sollte sie trotzdem kennen.
2/28
Die Strategie basiert auf chinesischen Strategemen und der Kriegslist von Sunzi (Kunst des Krieges).
Es sei besser, einen Feind zu täuschen, dass er dich nicht für seinen Gegner hält, um ihn dann innerlich zu entzweien und zu zersetzen, als ihn offen militärisch zu bekämpfen
3/28
Der einfache und bequeme Weg aus dem Ukraine-Konflikt 🧵
Nervt Euch das Ukraine-Thema auch schon seit Monaten?
Die Klagen und das Elend der Ukrainer?
Die hässlichen Bilder?
Es gibt einfache Abhilfe!
Die leider noch an einer Kleinigkeit hakt.
Aber reden wir über die Chancen
1/22
In denn letzten Tagen häufen sich Berichte in US Medien von Informanten aus dem Weißen Haus, die von Verhandlungsversuchen mit Russland berichten und von Gesprächen mit der ukrainischen Führung, doch einem Deal „Land für Frieden“ zuzustimmen.
Hier NBC
2/22 nbcnews.com/news/world/us-…
Ein Deal mit Russland - was für eine gute Idee!
Endlich!
So kann der Westen einen Konflikt abräumen und sich mit vollem Elan auf neue Konflikte wie den Nahen Osten stürzen.
So ein Deal hat viele Vorteile, zählen wir sie auf:
3/22
Postheroischer Untergang, oder endlich ein Aufbruch?
Putins Regime hat die Bereitschaft des Westens Infrage gestellt, für unsere Interessen und Werte zu kämpfen.
Eine starke Antwort von uns ist in 20 Monaten Krieg weitgehend ausgeblieben.
Warum?
Und was können wir ändern?
1/25
Große Teile der Eliten und der breiten Bevölkerung in Europa und USA scheinen zu versuchen, die Gefahr der neoimperialistischen Bewegung in Russland,
-die sich in dem Angriffskrieg gegen die Ukraine gewaltsam entläd-
zu leugnen oder zu verdrängen.
2/25
Russen geht es in diesem Krieg erkennbar darum, ein als antirussisch wahrgenommenes Europa, das sich in der Ukraine ausbreiten könnte, vollständig zu zerstören.
Aber auch den Westen als ganzes zu demontieren.
Aus Neid, alten Revanchegelüsten und Chauvinismus.
Das zeigt sich:
3/25
Why Washington has no will nor plan for an Ukrainian victory.
And what consequences it could have for Israel&Palestine.
In the NewYorker, Susan B. Glasser provides frightening insights into the systemic failure of Western power centers:
1/32
At the center of her distressing 15-page article is a prodigy of American political consulting:
Jake Sullivan, 47, as National Security Advisor essential figure in U.S. policy on Ukraine.
He has had a storybook career:
2/32
As a student, he won the rare "trifecta":
fellowships at all 3 major US foundations: Rhodes, Marshall, and Truman.
With summa-cum-laureate degrees and visiting professorships, he recommended himself as a debate coach for Hillary Clinton and Obama in the 2008 campaign.
3/32
Warum Washington keinen Willen und Plan für den Sieg der Ukraine hat.
Und warum Israel darunter leiden könnte.
Im NewYorker liefert Susan B. Glasser erschreckende Einblicke in das systemische Versagen westlicher Machtzentren:
1/32
Im Zentrum ihres grandiosen, 15 Seiten langen Artikels steht ein Wunderkind der amerikanischen Politikberatung:
Jake Sullivan, 47, als Nationaler Sicherheitsberater wesentliche Figur in der US-Politik zur Ukraine.
Er hat eine Bilderbuchkarriere hinter sich:
2/32
Als Student gewann er das seltene „trifecta“: Stipendien bei allen 3 großen US-Stiftungen: Rhodes, Marshall und Truman. Mit Summa-cum-Laude Abschlüssen und Gastprofessuren empfahl er sich als Debatten-Trainer für Hillary Clinton und Obama im Wahlkampf 2008.
3/32