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Nov 19 13 tweets 3 min read Twitter logo Read on Twitter
Ich kann ja absolut nachvollziehen, dass sich jemand wie Rach persönlich in dieser Weise zu der auslaufenden Umsatzsteuersenkung bei Restaurationsumsätzen äußerst. Es betrifft seine Branche und als einer der prominenten Vertreter liegt seine Sichtweise irgendwie nahe. Oder? Image
Ich meine, er hätte als ehemaliger Coach auch mal deutlich auf das Offensichtliche hinweisen können:

1. Die Umsatzsteuer für Restaurationsumsätze lag schon immer bei 19 %. Sie ist im Rahmen der Pandemie wegen der staatlich verordneten Einschränkungen auf 7 % reduziert worden.
Das war eine finanzielle Entlastung und von Anfang an nur vorübergehend. Ich zitiere mal aus der Verordnung:

"Befristete Ausnahmeregelung: Um die von der Corona-Pandemie stark betroffene Gastronomie-Branche zu unterstützen, gilt vom 1.7.2020 – 31.12.2023 auch für Restaurant- und
Verpflegungsdienstleistungen der ermäßigte Steuersatz. In der Zeit vom 1.7.2020 – 31.12.2020 betrug der ermäßigte Steuersatz 5 % (ansonsten 7 %). Allerdings ist der ermäßigte Steuersatz beschränkt auf die Abgabe von Speisen – Getränke unterliegen unter den weiteren
Voraussetzungen dem Regelsteuersatz."

Als ehemaliger Restaurant-Coach hätte Rach auch gut sagen können, dass man von Anfang an wusste, dass die Rückkehr zum Regelsteuersatz bekannt war. Es stand wirklich jedem offen, sich hierauf vorzubereiten. Und die Einschränkungen der
Gastronomie haben schließlich auch längst geendet. Die Menschen gehen seit geraumer Zeit wieder ganz normal in Restaurants. Hat man diese Entwicklung it Ansage etwa völlig verschlafen?

2. Die Steigerung der Umsatzsteuer betrifft zum einen nur diejenigen Restaurationsumsätze,
die früher schon voll besteuert waren. Essen zum Mitnehmen z.B. wird nicht teurer. Es war schon immer begünstigt. Zum anderen ist die Steigerung m.E. alles andere als existenzbedrohend. Beispiel: eine Pizza Calzone kostet z.B. 12,00 €. Das sind bei 7 % USt 11,21 € netto.
Bei 19 % Ust. sind das dann 13,35 €, also 1,35 € oder rd. 11 % mehr. Bei einem schnellen Essen mit Getränk für sagen wir mal 18 € würden sich ab dem 01.01.2024 19,35 € ergeben, denn Getränke waren von der Begünstigung ausgenommen!
Nun bezweifle ich doch sehr stark, dass diese Differenz irgendjemanden, der bisher ins Restaurant gegangen ist, davon abhält, das in Zukunft weiter zu tun.

M.E. täte es der Diskussion ganz gut, sich den Fakten zuzuwenden. Und so hätte Rach auch sagen können: Ihr wusstet, dass
das kommt. Was tatet ihr als verantwortungsvolle Kaufleute, um die absehbare Preiserhöhung zu kompensieren?

Und noch was: Die Ampel, die hierfür jetzt den Kopf hinhalten soll, ist gar nicht in erster Linie verantwortlich. Das war noch die vorherige Regierung.
Und so können insbesondere die oft und gerne gescholtenen Grünen mal rein gar nichts dafür. Wofür die Ampel was kann ist, dass sie an dem Auslaufen der Regelung festhält und den Rufen der Gastronomie auf eine Sonderbehandlung nicht gefolgt ist.

Zu Recht, wie ich finde.
Denn dann muss die Frage erlaubt sein, warum ein Restaurationsumsatz steuerbegünstigt werden muss, die dringende Heizungsreparatur aber nicht. Wo fängt es an, wo hört es auf?

Liebe Leute! Wir haben andere Probleme. Die Gastronomie wird daran nicht zu Grunde gehen und
die Annahme, dass man sich das in Zukunft nicht wird leisten können, stimmt so auch nicht. Wenn das so käme dann, weil die Inflation aktuell die Kaufkraft insgesamt erheblich einschränkt und nicht, weil eine Steuerbegünstigung endet.

Danke für's Lesen...

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Jun 26, 2022
Liebe Frau Beer,

mir klingt unser letztes Gespräch noch in den Ohren. Mit welch guten und lobenswerten Ambitionen die Grünen in NRW das Schulsystem reformieren und nach vorne bringen und insbesondere die Digitalisierung des Unterrichts angehen wollen. Und nun müssen wir erfahren
, dass das Bildungsministerium ggf. an Herrn Nathanael Liminski gehen könnte, ein unverhohlen ewig gestriges Opus Dei-Mitglied mit ganz offen vor sich her getragener Konservativität in Bezug auf alle Fragen der Digitalisierung, Ehe und Familie sowie Bildung, die alles über den
Haufen werfen würden, was in den vergangenen Monaten so hart erarbeitet wurde.

Bildung muss reformiert und modernisiert werden. Da ist ein Minister, der erkennbar in der idiologischen Vergangenheit verhaftet ist, völlig fehl am Platz. Das darf nicht zugelassen werden.

Wir
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