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Dec 14 19 tweets 4 min read Twitter logo Read on Twitter
Gestern postete ich einen Aufsatz zur Haftung bei einer Coronainfektion. Ich hätte mir nicht träumen lassen, was das für eine Welle schlägt.

Bevor ich nun jedem einzelnen, der sich zu dem Post geäußert hat, antworte, hier in der Zusammenfassung.
Insgesamt sind fünf Themen immer wieder hochgekommen - überwiegend eher unsachlich vorgebracht, aber was soll's.

1. Wo sind denn die Quellen dazu?
Es gibt keine "Quellen" dazu. Es gibt, wie ich selbst schon ausführte, auch kaum Rechtsprechung zu dem Thema. Und die, die es gibt,
erging zu Zeiten, als Regelungen zu Corona galten, die inzwischen weggefallen sind.

Das bedeutet aber nicht, dass es keinen Anspruch gäbe. Dieser entspringt dem Deliktsrecht, geregelt in § 823 BGB. Dazu braucht man keine "Quelle". Man muss in das juristische Handbuch schauen
- auch Gesetz genannt.

2. Was hat Corona mit AIDS zu tun?
Medizinisch gesehen nichts. Es sind zwei völlig unterschiedliche Krankheiten. Gemein haben diese aber, dass zu AIDS durch den BGH im Jahr 1988 entschieden wurde, dass die Infektion mit einem potentiell tödlichen Virus
eine Straftat darstellt. Und an dieser rechtlichen Sichtweise hat sich bis heute nichts geändert. Das liegt daran, dass die rechtlichen Maßstäbe, die 1988 den BGH zu seiner Annahme veranlasst haben, heute noch genau so gültig sind. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass
Rechtsgrundsätze aus längst vergangenen Zeiten heute noch maßgeblich sind.

2. Corona ist nur ein Schnupfen - da könnte ja jeder wegen jedem kommen
Das ist leider ein weit verbreiteter Irrglaube. Corona ist ein nosokomiales Virus, das in seiner akuten Infektionsphase vornehmlich
die oberen Atemwege befällt. Das lässt den Eindruck entstehen, Corona sei mit einem Schnupfen vergleichbar. Das ist aber nicht so. Das Gefährliche an Corona sind die Erkrankungen, die man nicht auf den ersten Blick sieht oder fühlt. Corona führt eben nicht nur zu einer Pneumonie,
sondern auch zu einer systemischen Gefäßentzündung. Das ist der Grund, warum weite Bereiche des Körpers auch nach Abklingen der akuten Symptome noch krank sind und mancher Patient nach durchgemachter Infektion doch noch ein Herzleiden entwickelt. Von anderen Krankheiten wie
LongCovid ganz zu schweigen.

Deswegen ist die Infektion mit Corona genauso wie die Infektion mit AIDS gemäß der vom BGH entwickelten Grundsätze eine Körperverletzung, die eben dann auch Ansprüche nach sich ziehen kann.

3. Das ist doch aussichtslos. Kann man ja niemals beweisen
Das stimmt in dieser Klarheit nicht. Natürlich muss der Geschädigte den Beweis erbringen, wer durch was die Infektion verschuldet hat. Und ja, die Beweislage ist schwierig und es kommt daher sehr auf den Einzelfall an. Wenn man selbst viel unterwegs und plötzlich positiv ist,
wird es schwer darzutun, woher man die Infektion hatte. Wenn man es selber nicht weiß, kennt man den "Täter" nicht. Von "beweisen" kann dann keine Rede mehr sein.

Aber es gibt auch Konstellationen, bei denen sich die Beweislage ganz anders darstellt. Z.B. beim Besuch im KH kann
man durch einen vorherigen PCR-Test belegen, gesund auf Station aufgenommen worden zu sein. Entwickelt man dann im KH eine Infektion, ist belegbar, woher sie kommt. Oder ein Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber angehalten, trotz bekannter Infektion zur Arbeit im ungelüfteten Büro
zu erscheinen. Kommt es hernach bei direkten Kollegen zu einer Infektionen, kann das bereits die Beweislage positiv beeinflussen. Hier kann dann ggf. durch ein Gutachten belegt werden, dass man sich beim Kollegen angesteckt hat. Auch hier bleibt ein Risiko, aber eines, das man
einschätzen kann.

4. Sie wollen doch nur Geld verdienen.
Dieser Vorwurf ist der unsachlichste. So ein Framing soll das Ganze von vorne herein zunichte machen.
Ich verstehe, warum. Viele Menschen haben sprichwörtlich die Nase voll von Corona. Viele wollen in das "Normal" von vor
2020 zurück. Verstehe ich. Und das geht natürlich nur, in dem man alles, was das verhindern würde, als falsch etikettiert.
Dabei heißt, mit dem Virus zu leben, auch unbequeme Fakten anzunehmen.
Und natürlich verdiene ich mit meiner anwaltlichen Tätigkeit Geld. Es wäre absolut
unehrlich zu behaupten, dass es nicht so wäre. Die Frage ist aber, um welchen Preis.
Wie unter 3. beschrieben ist jeder Einzelfall zu prüfen. Ein Anwalt, der über Prozessrisiken nicht zutreffend aufklärt, kann sich haftbar machen. Die Bewertung der Erfolgsaussichten aber ist,
wie man an vielen Post hier gesehen hat, besser durch einen Fachmann vorzunehmen. Es gibt Konstellationen, die sich anbieten - genau so wie es Konstellationen gibt, die eine Geltendmachung ausschließen. Darüber aufzuklären gehört zum Anwaltsgeschäft dazu.
Abschließend: Viele wird das nicht überzeugen. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Wer unter meinen Post schon gestern abweisend gepostet hat, wird seine Meinung jetzt auch nicht ändern. Das weiß ich.
Aber denjenigen, die in die Zukunft sehen wollen und eben einen Weg suchen, mit der Situation umzugehen, mögen aus den erläuternden Worten ggf. einen Nutzen ziehen.

Ihnen allen wünsche ich: bleiben Sie gesund!

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Nov 19
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