Wir sehen Video von Trauungszeremonie vor Standesamt. Fremdenpolizisten unterbrechen diese, nehmen den zu diesem Zeitpunkt nicht aufenthaltsberechtigten Mann fest und bringen ihn in die Schubhaft.
War Handeln der Behörde rechtskonform oder nicht?
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Asylverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. Mann kommt Ausreiseverpflichtung nicht nach. Voraussetzung für Abschiebung gegeben, weil es Rückkehrentscheidung gibt.
BFA spricht von 13 Festnahmeversuchen, denen sich Betroffener entzogen hat.
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Behörde handelte so weit gesetzeskonform. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Betroffene ja nicht weiß, wann Festnahmeversuche stattfinden. Dass es hier Versuche gab, die Ausreiseverpflichtung zu umgehen, liegt nahe.
So, jetzt kommen wir aber zum Kern.
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War Festnahme und Schubhaftverhängung durch Behörde im Standesamt rechtskonform?
Grundpfeiler der EU ist Freizügigkeit. Damit diese nicht nur am Papier besteht sondern Unionsbürger sie effektiv leben können haben auch drittstaatsangehörige Ehepartner:innen Aufenthaltsrecht.
Dieses Aufenthaltsrecht entsteht sofort ab Eheschließung, es braucht keinen separaten Antrag.
Das kann man schlecht finden. Es ist aber essentieller Teil der europäischen Integration, der Verwirklichung der Freizügigkeit.
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Und: Es ist Teil der österreichischen Rechtsordnung (§§ 52 NAG).
Europäischer Gerichtshof hat in C-551/07 (Sahin) festgehalten, dass Aufenthaltsrecht nicht an weitere Bedingungen geknüpft werden darf und es unerheblich ist, wo die Ehe geschlossen wurde.
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Wenn Behörde nun Festnahmeauftrag für Schubhaft durchsetzt muss sie beachten, dass Schubhaft einen Sicherungszweck braucht.
Hätte Behörde die Eheschließung abgewartet hätte es keinen Sicherungszweck mehr gegeben, weil der Mann ein Aufenthaltsrecht gehabt hätte.
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In einem sehr ähnlich gelagerten Fall hat der VwGH die Schubhaft als unverhältnismäßig erkannt (Ra 2016/21/0264):
Hypothetische Entwicklung, wäre Eheschließung durch BFA nicht vereitelt worden, kann nicht außer Betracht bleiben.
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In dem Parallelfall hat BVwG 2018 in der Folge erkannt, dass Festnahme und Schubhaft rechtswidrig gewesen sind.
Nichts anderes wird hier der Fall sein. Die Behörde hat es vorgezogen, Fakten zu schaffen. Das ändert nichts an der vollkommen offensichtlichen Rechtswidrigkeit.
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Fragwürdig ist, dass das BFA in seiner Presseaussendung unrichtige Informationen verbreitet:
Sie behauptet, die Eheschließung hätte nichts geändert.
Das ist 1. falsch und 2. stellt sich die Frage: Warum konnte dann die Zeremonie nicht abgewartet werden?
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Falsch ist auch BFA-Information, dass "Änderungen im Privat- und Familienleben in jedem Verfahrensschritt amtswegig berücksichtigt" wurden. Im Schubhaftbescheid wurde die geplante Eheschließung und Partnerin nicht einmal erwähnt.
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Klar ist, dass es hier Spannungsfeld gibt, das schwer aufzulösen ist.
🇦🇹 hat sich entschieden, Teil der europäischen Integration zu sein. Die effektive Gewährleistung der Freizügigkeit hat hier den rechtlichen Vorrang.
Das ist nicht Litigation-PR, das ist geltende Rechtslage.
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#Steyregg. 120 Jugendliche in 1 Unterkunft. 16jähriger mit psychischen Problemen drückte mehrmals Fehlalarm. Brennender Container. Gefühlte Belästigungen.
Problemfeld Unterbringung jugendlicher Geflüchteter in 🇦🇹. It's a feature, not a bug. #asylfakt66
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2023 gab es etwa 5.000 #Asyl|anträgen von alleinreisenden Kindern und Jugendlichen in 🇦🇹.
Auf die Anzahl derer, die in 🇦🇹 versorgt werden müssen hat das wenig Auswirkung, denn:
Die meisten ziehen weiter. Bis Ende September gab es 3.736 Einstellungen.
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Wir sprechen also von beständig ca 1.700-2.000 Plätzen in kleinteiligen Einheiten für UMF (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge), die es in Bundesländern bräuchte.
Nur: Es gibt sie nicht. Seit Jahren.
Folge: Jugendliche werden in Großlagern des Bundes verwahrt.
Aktuelle Entwicklungen im #Asyl|bereich in 🇦🇹. Novemberstatistik da, Zeit für #asylfakt64
Einbruch bei Antragszahlen, antragsschwächster Monat im Jahr 2023.
Ein🧵zu den Gründen und anderen interessanten Daten.
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2.500 Anträge wurden im November gestellt.
➡️Das sind fast 10.000 weniger als im November 2022
➡️55% kamen aus Syrien, 8% Afghanistan
➡️Fast 1.000 davon kamen über Familienzusammenführung.
➡️Insgesamt 2023: 56.000 Anträge
#asylfakt64
2 Hauptgründe für Rückgang:
➡️Starke Militarisierung der serbisch-ungarischen Grenze wegen der Wahlen in 🇷🇸
➡️Saisonal bedingter Rückgang: Etwas früher als im Vorjahr
Bis Ende April gab es 13.600 Asylanträge. Im selben Zeitraum wurden 14.600 Verfahren eingestellt. Das heißt, es sind 1.000 Menschen mehr weitergezogen als Anträge gestellt wurden.
2⃣ Bevölkerung gleicht Defizite des Staates aus
50.000 Geflüchtete aus der 🇺🇦 sind in 🇦🇹 in Grundversorgung. Fast 70% (35.000) sind privat untergebracht.
Vor Weihnachten angekündigter Teuerungsausgleich noch immer nicht bei Quartiergeber:innen angekommen.
3⃣ Hauptherkunftsländer sind Syrien und Afghanistan
Die Schutzquote zu diesen Ländern ist extrem hoch. Viele Menschen aus Afghanistan ziehen aber nach kürzester Zeit weiter. Märchen vom Pullfaktor entzaubert.