Rette sich, wer kann! Der Kurier hat "zwei ausgewiesene Experten" zum "Mythos des Februar 1934" geladen: Historiker Kurt Bauer, dessen Buch über den Februar 34 eine klar anti-sozialdemokratische Schlagseite hat, und Alt-ÖVPler und Dollfuß-Apologet Andreas Khol.
Ein Thread 1/7
Wenig überraschend ist man sich - passenderweise in der politischen Akademie der ÖVP sitzend - durchwegs einig: die Polizei-Razzia in Linz, die am 12.2. auf bewaffnete Gegenwehr stieß, war keine Provokation, nein nein; "Austrofaschismus" ist ein "linker Kampfbegriff";
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Und die Errichtung von Diktaturen lag seinerzeit laut Khol einfach im Trend: "es hat einen Schwund der Demokratie gegeben". Dabei reichen antidemokratische Tendenzen der Konservativen, gut belegt, bis in die Anfänge der 1. Republik zurück, inclusive Staatsstreichüberlegungen
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Auch Dollfuß experimentierte bereits bald nach seiner Übernahme der Kanzlerschaft 1932 mit dem autoritären Instrument der Notverordnung, zu einem Zeitpunkt also, als die Nazis noch keineswegs in Deutschland an der Macht waren. Beides ist den "ausgewiesenen Experten"
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keine Erwähnung wert. Als Hitler Ende Jänner 33 wirklich Reichskanzler wurde, begrüßten die heimischen Christlichsozialen das explizit - auch das ein Umstand, den Khol und Bauer nicht einmal streifen. Statt dessen wärmen beide unverdrossen die alte konservative Legende auf,
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der Austrofaschismus sei ein Abwehrprojekt gegen die Nazis gewesen, erst "die Machtübe Hitlers hat alles verändert" (für den bis dahin ganz arglosen Dollfuß nämlich). Überdies sei Dollfuß bedauerlicherweise auch einfach unter schlimmem Druck Mussolinis gestanden.
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Wer revisionistische Erzählungen wie diese als "neutrale" Sichtweise präsentiert, braucht sich wahrlich nicht beklagen, wenn er damit auf Widerspruch stößt.
Schluss
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Nicht nur ist das Café Goldegg auf der Wieden eines der schönsten Jugendstil-Cafés Wiens, es hat auch eine bewegte Vergangenheit.
Ein Thread.
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Im Februar 1934 wurde die Sozialdemokratie durch das austrofaschistische Regimes zerschlagen. Anders als die KPÖ hatte sich die Sozialdemokratie nicht auf die Illegalität vorbereitet. Immerhin gelang es, Teile des Parteivermögens rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
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Während die geflohene Parteispitze im tschechoslowakischen Brünn das Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokratie (ALÖS) gründete, und bald effektiv (vor allem: publizistisch) arbeitete, ging es unter den im Land verbliebenen Genoss:innen zunächst recht chaotisch zu.
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Die Bilder des Verhöhntwerdens, das Dorothy erhobenen Hauptes ertrug, erregten in der US-Öffentlichkeit großes Aufsehen. Dabei zeigten die Fotos im Grunde den harmloseren Teil des Schultages: das Auto ihres Vaters, der sie zur Schule brachte, wurde von einem weißen Mob blockiert.
Der Weg vom Wagen zum Eingangstor der Schule war ein Spießrutenlauf, auf dem Dorothy (nicht zuletzt auf Aufforderung weißer Eltern hin) nicht nur angespuckt, lächerlich gemacht und beleidigt, sondern auch mit Steinen beworfen und physisch attackiert wurde.
Die aktuellen Vorgänge in Israel, zuvor in Ungarn oder der Türkei zeigen, wie verletzlich parlamentarische Demokratien besonders dann sind, wenn ihr Feind von innen kommt.
Ein Thread zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden aktueller und historischer autoritärer Regime.
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In der Zwischenkriegszeit wurden zahlreiche europäische Demokratien liquidiert. Von Italien, über Griechenland oder Portugal bis Deutschland und Österreich. Auch damals brauchten Despotien scheinlegale Übergänge: Ernennung durch berufene Organe, Ermächtigungsgesetze, u. ä.
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Nach einer gewissen Übergangszeit brachen diese Diktaturen alten Typs aber nicht nur faktisch, sondern auch formal und symbolisch mit der Demokratie: Parlamente wurden still gelegt, neue Verfassungen dekretiert, dem Führungspersonal uneingeschränkte Autorität eingeräumt.
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Noch bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war in der Sozialdemokratie der Gruß "Frei Heil" gängig. In unterschiedlichen Abwandlungen ("Berg Frei", "Ski Frei") stammte er ursprünglich aus der Arbeitersportbewegung. Seit den 1930ern war "Heil" aber zu stark NS-assoziiert.
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"Freundschaft" war in Gruß, der anfangs vor allem in der Kinderfreundebewegung üblich war. Die Exil-AZ bezeichnete später den Journalisten und Sozialdokumentaristen Max Winter, der 1917 die Reichsorganisation der Kinderfreunde gegründet hatte, als Urheber (7.8.1937).
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Was rund um den unverantwortlichen Umgang des zuständigen Sozialministeriums mit der Causa Auslandsdienst bislang nicht vorkommt, ist die politische Dimension.
Ein (auch aufgrund persönlicher Betroffenheit ziemlich ausführlicher) Thread
Den Verein Auslandsdienst gibt es überhaupt nur, weil es 1996/97 im Verein Gedenkdienst, dessen Gründer und Obmann Andreas Maislinger zuvor gewesen war, zu massiven Auseinandersetzungen gekommen war, die schließlich zu seiner Abwahl führten. zT ähnelten die Streitpunkte
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den heutigen: autoritäres, teils erpresserisches Verhalten gegenüber jungen Leuten, die sich für die gute Sache engagieren wollten: meist ging es darum, ihn durch Veranstaltungen und Medienberichte in ein prominentes Licht zu rücken, fallweise auch für ihn zu intervenieren
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Achtung Geschichtestudierende:
Diese Auseinandersetzung zwischen dem Sprecher des Verteidigungsministeriums @bundesheerbauer und Journalist @kappacherS ist ein Lehrbeispiel für kritische Quellenlektüre!
Ein Thread
1/12
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Benennung des Fliegerhorstes in Langenlebarn. Es gibt Menschen - nicht zuletzt im #ÖBH - die sich fragen, ob der aktuelle Namensgeber, Godwin Brumowsky (1889-1936), tatsächlich ein geeignetes Vorbild für das heutige Militär ist.
2/12
Brumowsky war nämlich nicht nur ein erfolgreicher Kampfflieger des 1. Weltkrieges, sondern im Februar 1934 auch aktiv an der militärischen Durchsetzung des Staatsstreiches unter Dollfuss beteiligt: er nahm zeitgenössischen Quellen zufolge einen Wiener Gemeindebau unter Feuer.