Long-Covid-Forscherin Akiko Iwasaki @VirusesImmunity über #Corona:
„Diese Krankheit kann Leben zerstören“
Ein Interview von Veronika Hackenbroch und Nina Weber aus „DER SPIEGEL“
SPIEGEL: Frau Iwasaki, mit 16 verließen Sie ganz allein Ihre Heimat Japan, …
#COVID19 #LongCovid
um etwas aus Ihrem Leben zu machen. Inzwischen forschen Sie an der berühmten Yale University. Gibt es überhaupt etwas, wovor Sie Angst haben?
Iwasaki: Ja, ich habe immer noch Angst vor Sars-CoV-2. Nicht vor der akuten Infektion, auch wenn ich die nicht kleinreden will, aber vor
den möglichen Folgen. Als Long-Covid-Forscherin weiß ich, was mit einem zuvor vollkommen gesunden Menschen durch eine Coronainfektion passieren kann. Diese Krankheit kann Leben zerstören.
SPIEGEL: Schwerste Erschöpfung, massive Konzentrationsstörungen, Schlaflosigkeit und
chronische Schmerzen – das sind nur einige der Symptome, die Long-Covid-Patienten quälen können…
Iwasaki: ...und es kann wirklich jeden treffen. Es gibt Menschen, die schon seit Jahren an Long Covid leiden.
SPIEGEL: Inzwischen ist allerdings ein Großteil der Bevölkerung mehrfach
geimpft und die allermeisten haben schon mindestens eine Coronainfektion hinter sich. Wie hoch ist das Risiko noch, nach einer Sars-CoV-2-Infektion an Long Covid zu erkranken?
Iwasaki: Es ist natürlich deutlich niedriger als zu Beginn der Pandemie. Zu Zeiten der Delta-Variante,
also etwa ab Sommer 2021, bekamen rund zehn Prozent der Infizierten Long Covid, so das Ergebnis einer Studie . Sie hatten also laut Definition noch mindestens vier Wochen nach der Infektion typische Symptome. Bei der Omikron-Variante, also seit gut zwei Jahren, entwickeln
schätzungsweise nur noch etwa halb so viele der Infizierten Long Covid, also etwa fünf Prozent. Auf jeden Fall ist das Risiko immer noch da.
SPIEGEL: Sie sind Immunologin, also Expertin für das menschliche Immunsystem. Was hat Long Covid damit zu tun?
Iwasaki: Aus meiner Sicht
gibt es mindestens vier wichtige Ursachen für diese Krankheit, die derzeit erforscht werden, und alle haben direkt oder indirekt mit dem Immunsystem zu tun. Zum einen können wahrscheinlich persistierende Sars-CoV-2-Viren, die sich auch lange nach der akuten Coronainfektion weiter
im Körper vermehren, die Symptome auslösen, indem sie das Immunsystem stimulieren. Oder es kann sich, zweitens, um eine Autoimmunreaktion handeln, die durch die Coronainfektion ausgelöst wurde.
SPIEGEL: Das Immunsystem richtet sich also gegen den eigenen Körper?
Iwasaki: Das ist
eine Möglichkeit, genau. Drittens könnte es in manchen Fällen auch zu einer Reaktivierung von Herpesviren kommen, die im Körper noch von einer früheren Infektion schlummern. Und viertens könnten Entzündungsprozesse Gewebeschäden verursachen, die später zu Beschwerden führen.
Dabei schließen sich diese vier möglichen Long-Covid-Ursachen nicht gegenseitig aus: Es können mehrere von ihnen gleichzeitig vorliegen, vielleicht sogar alle. Und bei manchen Patientinnen und Patienten führt wohl auch die eine Ursache zur nächsten. […]
SPIEGEL: Die Krankheitsursachen, die Sie beschrieben haben, sind alle biologischer Natur. In Deutschland behaupten einige Ärzte, Long Covid sei vor allem psychisch bedingt. Was halten Sie davon?
Iwasaki: Ich finde das sehr bedauerlich. Natürlich haben einige Menschen, die an
Long Covid erkrankt sind, psychische Probleme, die durch die Jahre des Leids entstanden sind. Aber wir sollten uns hüten, bei einer Krankheit, bei der Forscher klare biologische Ursachen nachgewiesen haben, psychische Ursachen zu postulieren. Es muss doch darum gehen,
wissenschaftlich begründete und wirksame Therapien zu finden – anstatt einfach jedem ein Antidepressivum zu verschreiben, das gar nicht hilft.
SPIEGEL: Long Covid trifft mehrheitlich Frauen. Ist das ein Grund dafür, warum viele Betroffene davon berichten, dass ihre Beschwerden
von ihren Ärzten und von ihrem Umfeld bagatellisiert werden?
Iwasaki: Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Frauen wurden in der Medizin schon immer weniger ernst genommen. Frauen passiert es viel häufiger als Männern, dass ihre Beschwerden als psychisch verursacht gewertet
werden. Ich habe von vielen Long-Covid-Patientinnen gehört, dass sie von Ärzten sogenanntes Gaslighting erfahren haben. SPIEGEL: Sie meinen, dass die Ärzte den Patientinnen ihre eigene Wahrnehmung der Realität absprachen?
Iwasaki: Genau. So lange, bis diese Patientinnen endlich
irgendwann den einen Arzt fanden, der ihnen glaubte. […]
SPIEGEL: Sie haben 2020 im Fachjournal »Nature« einen Artikel veröffentlicht, in dem Sie die oft toxische Führungskultur der mehrheitlich männlichen Chefwissenschaftler, der sogenannten Principal Investigators,
kritisierten. Hat es etwas gebracht?
Iwasaki: Leider ist Mobbing und toxische Führung ein tief verwurzeltes Problem in der akademischen Welt. Principal Investigators werden wegen ihres wissenschaftlichen Erfolgs, wegen ihrer Veröffentlichungen eingestellt, nicht weil sie
besonders einfühlsame und kommunikative Menschen sind. Ich habe jedoch den Eindruck, dass immerhin das Bewusstsein für dieses Problem steigt. […]
SPIEGEL: Sie erforschen auch die Krankheit ME/CFS, früher nannte man sie auch Chronic Fatigue Syndrom. Sie weist viele
Überschneidungen mit Long Covid auf und wurde von der Medizin jahrzehntelang vernachlässigt. Denken Sie, dass sich die Situation dieser Erkrankten durch die Long-Covid-Forschung verbessern wird?
Iwasaki: Das hoffe ich sehr. ME/CFS ist in der Mehrheit der Fälle wahrscheinlich
genauso eine Langzeitfolge von Infektionen wie Long Covid. Und ich finde es sehr sinnvoll, diese Krankheiten und auch die Langzeitfolgen nach einem Zeckenbiss, das sogenannte Long-Lyme-Syndrom gleichzeitig zu erforschen, um sie alle besser zu verstehen. […]
SPIEGEL: Tragen Sie
eigentlich immer noch eine FFP2-Maske? Vergangenes Jahr waren Sie auf einem Foto, das Sie auf der Plattform X veröffentlichten, mit Mundschutz zu sehen.
Iwasaki: Ja, das mache ich. Bei Konferenzen, im Flugzeug, am besten immer in Innenräumen, in denen sich viele Menschen
aufhalten. Ich kann das nur empfehlen. Ich bin noch nie dafür kritisiert oder dumm angemacht worden. Nur manchmal fällt mir auf, dass ich die Einzige bin, die eine Maske trägt.
SPIEGEL: Dann gehören Sie wohl zu den wenigen Menschen, die Corona noch nie erwischt hat?
Iwasaki: Doch, unglücklicherweise im vergangenen November. Obwohl ich mich drei Wochen vorher hatte boostern lassen, ging es mir einige Tage wirklich schlecht, und ich hatte einen sehr hartnäckigen Husten. Aber ich habe früh das antivirale Medikament Paxlovid genommen. Ich
vermute, das hat geholfen.
SPIEGEL: Also sind Sie nicht an Long Covid erkrankt?
Iwasaki: Nun, zumindest weiß ich, dass ich mich vollständig von der akuten Infektion erholt habe, Gott sei Dank. Aber es gibt inzwischen zahlreiche Beweise dafür, dass Menschen unter gesundheitlichen
Folgen von Covid leiden können, selbst wenn sie sich nach der akuten Erkrankung gut fühlen. Ich kann mir also nicht ganz sicher sein, ob #Covid nicht doch Schäden in mir hinterlassen hat.
Das vollständige Interview mit Akiko Iwasaki @VirusesImmunity:
Immer mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass #COVID19 Spuren im Gehirn hinterlässt, u. a. mit einem deutlichen Rückgang der IQ-Werte
„Schon in den ersten Tagen der Pandemie wurde der Hirnnebel zu einem bedeutenden Gesundheitszustand, den viele nach COVID-19…
#Corona #LongCovid
erleben. Hirnnebel [„Brainfog“] ist ein umgangssprachlicher Begriff, der einen Zustand geistiger Trägheit oder mangelnder Klarheit und Unschärfe beschreibt, der es schwierig macht, sich zu konzentrieren, sich an Dinge zu erinnern und klar zu denken. Vier Jahre später gibt es nun
zahlreiche Beweise dafür, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 - dem Virus, das COVID-19 verursacht - die Gesundheit des Gehirns in vielerlei Hinsicht beeinträchtigen kann. Neben dem Hirnnebel kann COVID-19 zu einer Reihe von Problemen führen, darunter Kopfschmerzen, Anfallsleiden,
Bewertung der Auswirkungen von #COVID19 auf die kognitiven Funktionen, und beide zeigen übereinstimmend Rückgänge im Vergleich zu Kontrollen ohne #Covid.
In England folgten in einer prospektiven Studie fast 113 000 Teilnehmer mit oder ohne Covid-Infektionen der Einladung zur
Teilnahme und füllten eine Bewertung der kognitiven Fähigkeiten und des Gedächtnisses aus (siehe nachstehendes Flussdiagramm der insgesamt 800 000 Teilnehmer), und zwar nach 12 Wochen, mit oder ohne Symptomfreiheit. Die Bewertung der kognitiven Fähigkeiten in 8 Bereichen (rechte
„Zu Beginn des fünften Pandemiejahres ist ein Umdenken in Bezug auf #COVID19 erforderlich. Diese Infektion weist ähnliche pathologische Merkmale auf wie die anderen schweren Coronaviren (SARS und MERS).🧵
#Coronavirus #SARSCoV2 #LongCovid
Die Vorstellung, dass es sich plötzlich in ein gewöhnliches Erkältungs-Coronavirus verwandeln wird, ist Wunschdenken. In einem kürzlich erschienenen Review-Artikel wurde festgestellt: Der Übergang von einer Pandemie zu einer künftigen endemischen Existenz von SARS-CoV-2 wird
wahrscheinlich langwierig und unregelmäßig sein [...] endemisches SARS-CoV-2 ist bei weitem kein Synonym für sichere Infektionen, mildes COVID-19 oder eine geringe Mortalitäts- und Morbiditätsbelastung der Bevölkerung.
Angesichts dieser anhaltenden pandemischen Bedrohung brauchen
Höheres Risiko für Schilddrüsenfunktionsstörungen nach #COVID19-Infektion
Diese Studie zeigte durchweg ein signifikant erhöhtes Risiko für Schilddrüsenfunktionsstörungen, einschließlich Thyreotoxikose und Hypothyreose, bei COVID-19-Patienten im …
#Coronavirus #LongCovid
Vergleich zu Nicht-COVID-19-Patienten. In die Studie wurden zunächst 1 379 311 COVID-19-Patienten und 6 896 814 Nicht-COVID-19-Patienten aus der TriNetX-Datenbank einbezogen. Nach dem Matching waren die Kohorten hinsichtlich der demografischen Merkmale und der
Ausgangssituation vergleichbar. Kurzfristig (3 Monate nach der Exposition) wies die COVID-19-Gruppe eine Hazard Ratio (HR) von 2,07 (95% CI 2,01-2,12) für Schilddrüsenfunktionsstörungen auf, die sowohl Thyreotoxikose (HR 2,10, 95% CI 1,92-2,29) als auch
Störung der Blut-Hirn-Schranke und anhaltende systemische Entzündung bei Personen mit #LongCovid-assoziierter kognitiver Beeinträchtigung („Brain Fog“)
Neue Studienergebnisse zeigen, dass der „Gehirnnebel“ von Long Covid möglicherweise …
#COVID19 #Coronavirus #SARSCoV2 #MECFS
auf eine undichte Blut-Hirn-Schranke (BHS) zurückzuführen ist. Wenn die Barriere, die Substanzen kontrolliert, die in das Gehirn eindringen und es verlassen, aus dem Gleichgewicht gerät, kann dies zu Veränderungen in der Nervenfunktion führen. Von Vergesslichkeit bis hin zu
Konzentrationsschwierigkeiten leiden viele Menschen, die lange an Covid leiden, unter „Brain Fog“. Jetzt sagen Forscher, dass das Symptom auf eine Undichtigkeit der Blut-Hirn-Schranke zurückzuführen sein könnte. Die Barriere steuert, welche Substanzen oder Materialien in das
Wichtige neue Studie über persistierende #SARSCoV2-Infektionen und #LongCovid
➡️ Persistierende #SARSCoV2-Infektionen (Pls) sind viel häufiger als gedacht: 1-3 pro 100 Personen > 1 Monat; 0,1-0,5% > 2 Monate
➡️ PIs sind mit einem 55% höheren Risiko einer #LongCovid-
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Erkrankung verbunden
➡️ Reinfektionen mit genetisch ähnlichen Viren sind selten
Eine neue Studie unter Leitung der Universität Oxford @UniofOxford hat ergeben, dass ein hoher Anteil der #SARSCoV2-Infektionen in der Allgemeinbevölkerung zu persistierenden Infektionen führt, die
einen Monat oder länger anhalten. Die Ergebnisse wurden heute in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Es wird seit langem vermutet, dass anhaltende #COVID19-Infektionen bei immungeschwächten Personen die Quelle der zahlreichen neuen Varianten sein könnten, die während der