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Mar 22 11 tweets 2 min read Read on X
Kann sein, dass das manchen nicht gefallen wird, aber wir sollten paar Entwicklungen sachlich betrachten, damit angemessene Reaktionen möglich sind:
1. Russlands Krieg gegen die Ukraine hat weniger mit der Ukraine zu tun und mehr mit einer globalen Machtverschiebung, die
teilweise schon zugunsten von Autokraten erreicht ist;
2. Demokratien geraten unter starken Druck, haben Legitimationsprobleme sowohl im Inneren wie nach Außen, Gründe sind teils selbst gemacht;
3. es fehlen adäquate Antworten der Demokratien auf diese Entwicklungen. -->
Zu 1. Die Ukraine ist für Putin ein Mittel zum Zweck, nicht das wichtigste Ziel: Es geht um Augenhöhe mit den USA, selbst, wenn die Ukraine sich unterwerfen würde,
würde das Putin nicht genügen, wenn die USA nicht verhandeln. Um dafür Druck aufzubauen, erzeugt Putin an vielen
Stellen Druck und Stress, rund um Europa hat er eine Art Stressgürtel aufgebaut: Belarus, Ukraine, Transnistrien, Syrien, (eine besondere Rolle spielt die Türkei), das Rote Meer (Einfluss auf Huthis), Hamas, Libyen, Sahel-Zone …
Das wichtigste Werkzeug in einigen diesen Gebieten werden Flüchtlinge sein, Putin wird dafür sorgen, dass noch mehr Menschen über das Mittelmeer kommen.
Diese Entwicklung stärkt in den genannten Regionen undemokratische Kräfte, die ihrerseits Druck auf die EU ausüben (Sahel). ...
Zu 2. Nicht nur bei Taurus sehen wir, wie einfach es ist, eine demokratische Streitkultur in Stresssituationen gegen die Demokratie selbst zu richten. Die politischen Ressourcen sind gebunden, statt nach Lösungen zu suchen, werden Ego-Debatten geführt. In dieser Phase hat es
jeder Autokrat leichter, Entscheidungen zu fällen und sein auf Kriegskurs zu bringen. Wer sich nicht für sein Volk oder für Menschenrechte, oder für Völkerrecht verantwortlich fühlt, hat Vorteile: Zeit und Ressourcen können schneller neu verteilt werden.
Dass bestimmte Regionen
wie Sahel sich so schnell von der Beziehung mit der EU/USA abbringen lassen, hat natürlich auch mit der bisherigen Beziehungen zu tun. Nur Stichworte: nicht aufgearbeitete koloniale Vergangenheiten, Von-oben-herab-Verhältnisse usw.
3. folgt aus 2.: Seit mehr als zwei Jahren läuft der Westen den Kriegstreibern hinterher, ist immer ein paar Schritte hinten dran und gewährt denen unter anderem wegen langer Diskussionen über Sanktionen stets Anpassungszeit. D.h., selbst wenn der Krieg in der Ukraine begrenzt
werden kann, selbst wenn er - was nicht absehbar ist - militärisch bald zugunsten der Ukraine entschieden wird, so gibt es doch keinen Plan dafür, wie mit Systemen wie Putins umgegangen werden kann. Es gibt noch nicht einmal eine Diskussion darüber.
Das sind keine guten Trends.
Es gebe noch viel mehr zu sagen, besonders zur fehlenden Aufarbeitung des Neolibelasimus und demokratischen Problemen im Westen. Wer von Stärkung von Demokratien spricht, muss auch über den Neoliberalismus reden.

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Mar 6
Ein langes, kluges, deprimierendes und doch wichtiges Interview mit Lew Gudkow, dem langjährigen Leiter des unabhängigen Moskauer Umfrage-Institut LEVADA. Er lebt nach wie vor in Moskau. Ich notiere hier nur einige Punkte:
theins.ru/podkasty/269704
· Zur Frage, ob man Umfragen in Russland trauen könne: Ja, sagt Gudkow, das Problem seien nicht die Umfrageergebnisse, sondern die Weigerung - insbesondere der Opposition - sie richtig zu deuten und die Erkenntnisse als Realität zu akzeptieren. Wichtigster Punkt dabei:
Die opportunistischen Antworten seien Ausdruck einer passiven, apathischen, Mehrheit, die mit dem eigenen (Über)Leben beschäftigt sei. Sie sei politisch insofern loyal, als dass sie selbst unpolitisch bleibt. Genau das haben die Mächtigen erreichen wollen.
Read 16 tweets
Dec 15, 2023
Putins Optimismus, dass RUS den Krieg gewinnen hat, hängt von mehreren Faktoren ab:
* aktuell relativ gute ökon. Bedingungen;
* schwachen Widerstand in der Bevölkerung
* Rolle ausländischer Partner

1/

Putins Jahres-PK: Keine Sekunde Zweifel: table.media/security/analy…
Image
1) Ökonomische Bedingungen, dazu empfehle ich diese Sipri-Studie:
Wichtigste Erkenntnisse: zu optimistische Planungen. Russland kalkuliert mit relativ niedriger Inflation, die es bisher nicht erreicht, einem höher als bisher erzielten Öl-Preis und relativ

sipri.org/media/press-re…
hohen anderen Staatseinnahmen, die nicht begründet sind.
Wichtig ist zu bedenken, dass Anfang 2022 westliche Wirtschaftswissenschaftler RUS einen ökonom. Kollaps vorhergesagt haben, doch Putins Regime gelingt es bisher, die Probleme zu meistern.
2) Bevölkerung: Die Stimmung ist
Read 7 tweets
Sep 27, 2023
Nach der Reise in die Ukraine (Lwiw und Kyjiw), Gesprächen mit ehem. Soldaten, einem freiwilligen georgischen Kämpfer, Ärzten, Unternehmern, AktivistInnen und „normalen“ Leuten, ein nicht repräsentatives Stimmungsbild: Das Land hat sich entschlossen,


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sich gegen die russische Aggression zu wehren und es wird es weiterhin tun.

Die Menschen leben ein Doppelleben: Sie versuchen so gut wie möglich einen „normalen“ Alltag zu leben, wachen aber mindestens jede zweite Nacht von Luftsirenen auf. Doch sie rennen nicht mehr oft Image
in die Schutzbunker.
„Ich habe mich dran gewöhnt“, sagte einer. Ein anderer: „Ich wache gar nicht mehr auf.“ Sie verlassen sich auf die Luftverteidigung. Nicht immer geht es gut aus, es gibt zivile Opfer nach russischen Raketen- und Drohnenangriffen. Ein ehemaliger Soldat, Image
Read 9 tweets
Jul 7, 2023
Ich habe vor kurzem mit Ekaterina Schulman, einer extrem guten Kennerin des politischen Innenlebens Russland gesprochen und sie gefragt, ob sie es für sinnvoll hält, mit Putin zu verhandeln. Nein, sagte sie. „Putin ist Krieg“, waren ihre Worte.
Auf die Debatte zur Streumunition
angewendet heißt es: Die Streumunition wird ihn nicht beeindrucken, er wird weiter Soldaten in den Tod schicken, um so viel Gelände wie möglich bis Herbst zu halten, weil dann wieder die Schlammzeit beginnt und nichts mehr geht. Umgekehrt heißt es aber auch, dass die 🇺🇦 so viel
Gelände wie möglich zurückerobern muss, bis es wieder zum Stillstand kommt.
Russland hat es geschafft, trotz der Sanktionen, die Drohnenproduktion und -nachschub zu steigern und wird die Ukraine weiter terrorisieren.
Solange Putins System an der Macht ist, ist keine Besserung
Read 4 tweets
Jun 11, 2023
In Russland müssen alle militärischen „Freiwilligenorganisationen“ Verträge mit dem Verteidigungsministerium abschließen - bis 1.07.. Das müsste auch Wagner betreffen. Das hieße, das Prigoschin im Machtkampf mit Verteidigungsm. Schoigu verloren hat. (function.mil.ru/news_page/pers…) Das
hieße aber auch, dass solche Organisationen legalisiert werden würden. Bisher dürfen sie in Russland eigentlich nicht existieren.
Prigoschin hat sehr schnell reagiert und will „keine Verträge“ mit Schoigu abschießen, beschuldigt ihn zudem, unfähig zu sein, die Armee zu führen.

Anmerkung: Wenn Schoigu so ein Gesetz, das letztlich noch von Putin unterzeichnet werden muss, auf den Weg bringt, dann müsste es
Read 4 tweets
May 12, 2023
Putin hat ein Gesetz unterzeichnet, das die Emigration stoppen soll. Als Grund für die massive Auswanderung 2022 werden im Gesetz genannt: "sich geänderte sozial-ökonomische Gründe".
Um die Abwanderung zu stoppen, soll

rbc.ru/politics/12/05…
die Regierung attraktive finanzielle, soziale und andere "Mechanismen" erarbeiten, um das Humankapital in Russland zu halten.

Zwischen Jan. und Sept. 2022 verließen 419.000 Menschen Russland (mehr als doppelt so viele wie 2021 im gleichen Zeitraum); nach der Ankündigung
der Mobilmachung wanderten innerhalb von zwei Wochen ca 700.000 aus.
Die genaue Gesamtzahl für 2022 zu ermittelt, wird kaum möglich sind.
Hintergrund: Demografie gehört zu den Themen, die Putin seit Machtantritt Kopfschmerzen bereiten. Er ließ ein Familienförderprogramm auflegen
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