🇦🇷 Ich hab schon lange nichts mehr zu Argentinien geschrieben. Aber der Wahnsinn dort geht weiter.
Was tut sich dort eigentlich nach 4 Monaten Javier Milei?
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Immer mehr Menschen hungern, die Grundlagenforschung ist de facto eingestellt, die öffentliche Presseagentur geschlossen.
Die Filmagentur, die jährlich Preise gewinnt, ist fast pleite.
Die öffentlichen Unis können kein Budget mehr erstellen, das auch nur die Gehälter abdeckt. Dort wird inzwischen der Strom rationiert.
Mit dem Lift fahren darf dort nur noch, wer ein ärztliches Attest hat. Manche Fakultäten haben 15 oder sogar 18 Stockwerke.
Öffentliche Spitäler können den Betrieb nicht mehr vollständig aufrecht erhalten. Zuerst abgewisen, werden auslädnische Patienten. Das kommt bei der Bevölkerung gut an und kostet keine Zustimmung. Aber Menschenleben.
Dafür hat Milei sich selbst und seinem Kabinett inzwischen das Gehalt verdoppelt. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Milei rühmt sich mit einem ausgeglichenen Budget. Das basiert freilich auf dem Wegfall sämtlicher Zukunftsinvestitionen: Klimaschutz, Bildung, Forschung, Infrastruktur, you name it. Der Staat investiert nichts.
2024 wird das erste Jahr seit 30 Jahren, in dem in Buenos Aires keinen Meter neuer U-Bahn baut. Gleichzeitg wird aber auch nichts in den Ausbau von Straßen oder Brücken investiert.
Öffentliche Bauvorhaben sind gänzlich eingestellt, geplante und bereits begonnene werden so weit wie möglich rückabgewickelt oder gestoppt.
Dafür wird munter die Privatisierung und der Ausverkauf von Bodenschätzen vorangetrieben. Elon Musk ist sehr glücklich, Lithium-haltige Länder im Norden kaufen zu können. Die Einnahmen werden langfristig fehlen.
Milei nutzt diese Zahlen, die einen Aufschwung suggerieren, der aber nicht stattfindet, um seinen Narrativ einer Sanierung zu bestätigen. Tatsächlich werden einfach die Grundlagen für die Wirtschaft von morgen verscherbelt.
Milei ist nach wie vor populär. 46% der Argentinier vertrauen ihm (noch). Viele, weil sie sich einfach nicht informieren. Andere, weil sie es gut finden, dass anderen noch mehr weggenommen wird. Dass etwa Bolivianer im Spital nicht mehr behandelt werden.
Die Demokratie wird weiter abgebaut. Demonstrationen sind weiterhin verboten, finden aber fast täglich statt. Die Polizei sammelt fleißig Personaldaten von Regierungskritikern. Es gibt eine Hotline, wo man Menschen denunizieren kann, die Demos organisieren.
Soweit in aller Kürze, der Stand der Dinge im Land der Gauchos.
Die Menschen in Argentinien, mit denen ich in Kontakt bin, sind einfach nur ncoh verzweifelt. Ein Ende ist derzeit nicht in Sicht.
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Warum ich finde, dass eigentlich bei fast jedem Wahlmotiv dasselbe herauskommen müsste.
Für manche ist Migration das wichtigste Thema.
Für andere soziale Gerechtigkeit.
Für wieder andere die Wirtschaft.
Und für manche Klimapolitik.
Aber Klimapolitik bedingt die ersten drei.
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Wer Angst vor Massenmigration hat, sollte mal nachlesen, was alle renommierten Experten als den größten Migrationstreiber der kommenden Jahrzehnte sehen.
Richtig, es sind Klimaflüchtlinge.
Wenn wir so weiter machen, wie bisher, werden in den kommenden Jahrzehnten, große Teile...
...von Indien und Westafrika, spricht der Lebensraum von mindestens 1,5 Milliarden Menschen unbewohnbar. Inselstaaten werden verschwinden. Das wird zu nie dagewesenen Migrationsströmen führen.
Wer also Angst vor Massenmigration hat, sollte ambitionierte Klimapolitik wählen.
Überall dort, wo es so etwas ähnliches wie einen Konsens aller Parteien gibt, setzt die FPÖ auf die gegenteilige Position. Auch wenn die völliger Schwachsinn ist.
Damit sichert sie sich das Alleinstellungsmerkmal.
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Im EU-Wahlkampft setzt sie also auf die Themen:
- Asyl
- Krieg in der Ukraine
- Klimakrise
- Corona
Sehen wir uns das also mal an.
Beim Asylthema herrscht noch am wenigsten Konsens. Die FPÖ war aber die erste Partei, die die Menschenrechte explizit hinterfragt hat und das Grundrecht auf Asyl für Verfolgte und Vertriebene nicht anerkennt.
Hier kopiert die ÖVP die FPÖ zunehmend. Ohne Erfolg wohlgemerkt.
Weil hier manche Liberale wieder die USA und den dortigen Reichtum bejubeln, und Liberalismus als "Wohlstandsgarant" für alle darstellen.
Ein kleiner Erfahrungsbericht.
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Ich habe etwas mehr als ein Jahr in den USA gelebt. Ich war bei einer internationalen Organisation angestellt, hab pervers viel Geld verdient und hatte diplomatischen Status. Es ging mir aber wirklich gut.
Trotzdem habe ich eben gesehen und auch erlebt, was Liberalismus heißt.
Am Tag bevor wir in die USA umgezogen sind, sind wir draufgekommen, dass meine Frau schwanger war. Wir haben also die gesamte Schwangerschaft, die Geburt und die ersten Lebensmonate unseres Sohnes in Washington DC gelebt.
🇦🇷 Seit Wochen grassiert in Argentinien die schwerste Dengue-Epidemie der Geschichte mit bisher 230.000 Fällen und bisher 161 Toten.
Präsident Milei tut nicht nur nichts dagegen, er verschlimmert die Situation auch noch.
Vor Dengue schützen einerseits eine Impfung (aber nicht sehr verlässlich), andererseits Mosquito-Schutz. Beides ist aufgrund der radikalen Marktliberalisierung in Argentinien kaum verfügbar.
Wie das?
Nachdem Milei sämtliche Einschränkungen und Auflagen (etwa Gesetze gegen Wucher) abgeschafft hat und gleichzeitig aufgrund seiner Politik die Armut extrem rasch steigt (seit seinem Amtsantritt laut der konservativen Universidad Católica von 40% auf 60%)...
Was ist "Kultur" überhaupt? Gar nicht so leicht zu definieren. Alleine in der Sozial- und Kulturanthropologie ("Ethnologie"), deren Forschungsgegenstand Kultur ist, gibt es über 300 verschiedene Begriffsdefinitionen.
Eine recht gängige lautet etwa: "Kultur ist die Summe an Werten und Grundannahmen, sowie Mustern im Verhalten, Wahrnehmen und Bewerten, die eine Gruppe von Menschen teilt, sowie alles Manifeste ("Gegenständliche"), das daraus hervorgeht."