Nach einer Woche #Renaturierungsgesetz ist es mit etwas Abstand Zeit, die politische Doppelbödigkeit der ÖVP ausführlicher einzuordnen.
Ich fasse den unsäglichen politischen Diskurs der letzten Woche in Österreich zusammen 🧵 1/9
Die ÖVP betont die Bedeutung von Spielregeln und Vertrauen. Leider hat sie selbst 5 Jahre lang beides gebrochen weil sie im Regierungsprogramm selbst vereinbarte Vorhaben wie Klimaschutzgesetz, erneuerbares Wärmegesetz mit Substanz & NEKP bis heute verhindert hat 2/x
Die ÖVP wurde auch in Bezug auf die EU-Klimapolitik wortbrüchig, denn wer ein Vorreiter im Klimaschutz in Europa sein will (siehe Auszug aus dem Regierungsprogramm, S104), kann weder das Aus des Verbrennungsmotors verhindern, noch ein #Renaturierungsgesetz blockieren wollen 3/x
Die ÖVP hat durch das #Renaturierungsgesetz die Sorge um Lebensmittelsicherheit entdeckt, gefährdet diese aber selbst indem Sie sich gegen ein verbindliches Ziel bei Flächenversiegelung stellt und Landwirte für Straßenbau enteignen lässt (wie z.B. in Wiener Neustadt/NÖ) 4/x
Die ÖVP meint, die Grünen hätten eine ideologische Entscheidung getroffen. Dabei war es eine der wenigen klimapolitischen Entscheidungen der letzten 5 Jahre, bei der Wissenschaft z.B. @FranzEssl1 @RSchinegger gehört wurde. Eigene ideologische Scheuklappen machen dafür blind. 5/x
Wer meint, @lgewessler habe sich den Bundesländern widersetzt, negiert die Neupositionierung von Wien und/oder meint, ein informelles Gremium könne mit einer informellen Erklärung (noch dazu zu einem alten Gesetzesentwurf) eine Landesregierung knebeln. 6/x
Die ÖVP ist gegen Privatgutachten bei politischen Entscheidungen, dabei hat sie selbst mit der FPÖ die Indexierung der Familienbeihilfe mit einem juristischen Privatgutachten gegen EU-Recht durchgesetzt, wie @KappacherS recherchiert hat 7/x oe1.orf.at/player/2024062…
Die ÖVP verwehrt sich gegen Vorverurteilungen eigener Leute, tut selbst seit einer Woche aber nichts anderes, als @diegruenen Verfassungsbruch vorzuwerfen. Man könnte schon meinen, die Gewaltentrennung Exekutive-Gerichtsbarkeit sei bereits aufgehoben. 8/x
Fazit: Die ÖVP hat die Grünen 5J am klimapolitischen Gängelband gehalten & verträgt es nun nicht, diese Auseinandersetzung verloren zu haben. Ihre doppelbödige Argumentation bestätigt, dass sie eine postfaktische Partei ist, die Vereinbarungen & Fakten nicht so genau nimmt. 9/9
Wenn ich dieser Tage Medienanfragen zu Klimapolitik 😂😥 bekomme, dann beantworte ich die in etwa so (liebe Journalist*innen, bitte nicht persönlich nehmen): Danke für die Anfrage. Nach den jüngsten Wahlergebnissen... 🧵1/5
...möchte ich derzeit keine Interviews zu Klima-Tagespolitik mehr geben, ob national oder international. Die politische Realität ist nämlich auf allen Ebenen so absurd weit von physischen Notwendigkeiten entfernt und der Abstand wird mit jeder Wahl größer, sodass... 2/
...ich mich damit gar nicht mehr im Detail beschäftige. Ich mache nicht mehr mit beim Erbsenzählen, während die Hütte brennt. Da sich große Mehrheiten von verstörenden Fakten ab- & Fake News zuwenden, sehe ich auch keinen Sinn mehr in ehrlicher Wissenschaftskommunikation... 3/
Früher hat es immer geheißen: das "Worst-case-Szenario" RCP 8.5 sei unrealistisch.
Was damit nicht gemeint war: dass wir es fast ständig negativ übertreffen.
Die Konstante in der Klimawissenschaft war, ist und bleibt: es kommt meist schneller & schlimmer als gedacht...
Dasselbe gilt für Deutschland... (wenn auch - so wie in AT innerhalb der oberen Schwankungsbreite -, nur: wenn man ständig am oberen Ende unterwegs ist, dann wird der "Mainstream-worst-Case" eben überboten), via @peakaustria
... und global ...
Ein Grund dafür könnte sein, dass Klima-Feedbacks (wie z.B. die massiven Waldbrände in Kanada...) in den Szenarien unterschätzt wurden.
Die #USAElections2024 bestätigt einmal mehr den Trend, dass sich Mehrheitsgesellschaften von der Realität multipler Krisen abwenden und jenen nachlaufen, die versprechen, alles werde wieder so wie es war. Im Fall der USA hätte ich das kaum für möglich gehalten... 1/5
...weil die Realitätsverweigerung dort so brachial ist. Das Land stand vor der Wahl: a) größte zivilisatorische Errungenschaft (vernünftige farbige Frau) oder b) größtmöglicher zivilisatorischer Abgrund (offener Faschist & Verleugner von Fakten) und hat sich für b) entschieden 2/
Somit ist einmal mehr klargestellt: Vernunft & Fakten sind in Zeiten multipler Krisen nicht mehr mehrheitsfähig. Die Mehrheit will Märchen, Mythen, Unvernunft, Fake News & Verleugnung. Die Mehrheit will mit bequemer Realitätsverweigerung zurück in die Zukunft, auch in AT, DE.. 3/
Die große Mehrheit im reichen Norden stellt also kurzfristigen Komfort bzw. Profit über alles was langfristig existenziell ist & schafft es, diese Barbarei vor sich selbst zu rechtfertigen oder zu verstecken. Unsere Normalität ist an unsichtbarer Grausamkeit kaum zu überbieten 🧵
Der größte Fehler der Klima-Kommunikation war & ist, die Klimakrise kaum als moralische Krise thematisiert zu haben, das Argument der "Moralkeule" nicht mit der eigenen Unmoral erschlagen zu haben. Kein Wunder, dass Reden über Moral ("moralisieren") längst zum Schimpfwort wurde.
So gelingt es uns, die fossile Komfortzone noch ein paar Jahre zu schützen und die unsichtbar gemachte Unmoral täglich zu vertiefen. Der Teufelskreis wäre nur mit einem öffentlichen Diskurs zu Moral und Unmoral zu durchbrechen - aber genau den führen wir aus guten Gründen nicht.
Alle sagen: die Flughafen-Proteste sind scheiße, niemand versteht sie. Ja, die Proteste sind scheiße, aber beim Verstehen ist es so: niemand will sie verstehen. Man könnte sie verstehen, wenn man wollte & sich mal eingehend damit beschäftigt. Das geht aber nicht, weil...🧵
Würde man die Proteste verstehen (wollen), müsste man rasch viel ändern, z.B. deutlich weniger fliegen. Das will die Mehrheit aber nicht. Eine Mehrheit will Klimaschutz den man nicht merkt. Das ist meist Scheinklimaschutz der zu wenig wirkt.
Diese große Unmoral unserer Zeit prangern die Proteste @AufstandLastGen @letztegenAT an. Die Aktivist*innen versuchen das üble Spiel zu verderben. Natürlich sind Spielverderber im Widerstand gegen die Mehrheit nie beliebt, nicht früher & nicht heute.
Hier habe ich erläutert, warum wir exponierte Alpentäler mit fortschreitender Klimakrise teilweise aufgeben werden: die Infrastruktur wird öfter zerstört als sie aufgebaut werden kann. Je größer die Berge desto größer die Probleme. Ein🧵zu Klima & Alpen 1/ vorarlberg.orf.at/stories/326133…
Kurz darauf kam die Bestätigung aus den Westalpen. Ein Ort in Frankreich wurde so arg zerstört, dass man ihn nur teilweise wieder aufbauen wird. Passiert das öfter, wird man ihn ganz aufgeben. Die Klimakatastrophe zerstört Lebensräume, auch bei uns. 2/x
Zermatt wurde innerhalb einer Woche zweimal von einer Art Jahrhunderthochwasser heimgesucht. Solche wichtigen Orte wird man mit viel Geld (Retention, Renaturierung, Schutzbauten...) halten, für kleinere Orte wird sich der Aufwand nicht lohnen... 3/x