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Jul 20 • 19 tweets • 6 min read • Read on X
Kompromisse mit Putin 🧵

Wenige, die „Verhandlungen mit Putin“ fordern erklären, worüber verhandelt werden soll.
Oft ist dann die Rede von den „Interessen Russlands“, die man respektieren müsse.
Ein gefährlicher Irrtum.
Denn verfolgt Putin tatsächlich Russlands Interessen?
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Personalisierung, die Gleichsetzung von prominenten Personen mit Gruppen oder ganzen Staaten, ist ein typischer Denkfehler, der auch durch polarisierende Berichterstattung befeuert wird.
Da spielt Fussballtrainer Jürgen Klopp gegen Madrid oder Selenskyj kämpft im Donbas.
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Wir haben die Tendenz, Gruppen von Menschen durch ihre prominentesten oder einflussreichsten Mitglieder zu identifizieren.
Die Gruppe wird dann stark mit Eigenschaften oder Handlungen dieser einen Person in Verbindung gebracht.
Propaganda von Diktaturen nutzt das aus.
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Handelt Putin im Interesse der russischen Bevölkerungsmehrheit?

Schaut man sich die Entwicklung Russlands seit Beginn seiner Amtszeit 1999 an, kann man das verneinen.
Das BIP im Baltikum entwickelte sich deutlich besser als in Russland.
Die Westbindung zahlte sich dort aus.
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Auch andere Indikatoren wie
-Lebenserwartung
-Geburtenrate
-Korruptionsrate
-oder Faktoren, die persönlichen Freiheiten und Menschenrechte betreffen
zeigen, dass es der Menschen in Russland unter Putins Herrschaft schlechter geht als in anderen post-sowjetischen Staaten.
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Wenn Putin also seine Macht nicht dazu genutzt hat, die Lebensverhältnisse in Russland vergleichbar zu denen z.B. im Baltikum oder Polen zu verbessern
- kann man dann behaupten, Putin handele im Interesse der russischen Bevölkerung?
Und vertrete die "Interessen Russlands"?
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Gehen wir mit der Gleichsetzung Putin = Russland nicht der Propaganda solcher Diktaturen auf den Leim, die sich als Interessenvertretung ihrer Untertanen aufspielen?
Putins Interesse galt immer nur der Absicherung seiner persönlichen Macht und der dafür erforderlichen Clique
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Und sein Machtapparat hat einen Hauptgegner:
die freiheitlich demokratische Grundordnung westlicher Staaten, durch deren Wohlstand ein Maßstab zur Bewertung der miserablen Ergebnisse von Putins 26-jähriger Herrschaft gesetzt ist.

Was ist daher Putins Interesse?
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Putins Interesse: diese freiheitlich-demokratische Grundordnung westlicher Staaten zu zerstören.

Dabei hat er mächtige Verbündete im Westen:
- Milliardäre, die demokratische Strukturen als „bürokratische Hemmnisse“ abräumen wollen und
- antidemokratische Extremisten.
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So unterschiedlich ihre Motivation ist: Putin und seine Verbündeten eint der Wunsch, Demokratie und Rechtsstaat, die Grundrechte garantieren, zu zerstören.
Das trifft auf Bevölkerungen, die Demokratie überwiegend konsumieren und verlernt haben, in Demokratie zu investieren.
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Wer also jetzt von „Frieden“ durch „Verhandlungen“ in Kompromissen mit Putin unter Berücksichtigung von Putins Interessen spricht, sollte sich ehrlich machen.

Der geforderte Kompromiss ist:
StĂĽck fĂĽr StĂĽck Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa aufzugeben.
11/19
Das demokratische und friedliche Land Ukraine
-so problematisch manche Strukturen dort sein mögen-
soll gezwungen werden, Gebiete an einen Aggressor abzutreten und damit in eine existenzielle Krise zu geraten,
ohne dass es dafür irgendeine völkerrechtliche Grundlage gibt.
12/19
Wir wissen warum es fĂĽr Putins Regime so wichtig, die Krim und eine LandbrĂĽcke dorthin zu beherrschen.
Wirtschaftlich spielt dieses Gebiet kaum eine Rolle, und vor 2014 waren russische Urlauber dort sehr willkommen.
Hier ging es immer um eine aggressive Strategie.
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Russland hat die Krim durch Aufbau hunderter Militäranlagen zu einem unsinkbaren Flugzeugträger ausgebaut, der den Zugang der Ukraine zum Schwarzen Meer unterbinden soll.
Noch kann die Ukraine einen Seekorridor freikämpfen. Aber dieser Zugang bleibt in Gefahr.
14/19
Ohne sicheren Zugang zum Schwarzen Meer wird die Ukraine zum Binnenstaat.
Bei wichtigen landwirtschaftlichen ExportgĂĽtern ist nur der Transport per Schiff wirtschaftlich.
2022 hat gezeigt, welche Auswirkungen die Blockade der Häfen für große Teile der UA Bevölkerung hatten.
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Wer glaubt mit der Formel „Land gegen Frieden“ und falschen historischen Parallelen den „Ukrainekonflikt“ abräumen zu können, hat den tatsächlichen Konflikt nicht verstanden.
Putin würde weiter Krisen in der Ukraine auslösen, um dort demokratischen Strukturen zu zerschlagen
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Putin hätte dann strategisch "gewonnen", da sein Angriffskrieg erfolgreich war.
Er hätte gezeigt, dass in Europa nicht das Recht herrscht, sondern die Gewalt.

Putin als DIE Identifikationsfigur vieler Antidemokraten würde deren Bewegungen und Einfluss weiter stärken.
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Putin hat gezeigt, dass er bereit ist jegliche Verträge zu brechen - auch wenn das Konsequenzen zum Nachteil Russlands hat.
Mit einem solchen Akteur Vereinbarungen zu schließen wäre fahrlässig.
Wie sollen Ergebnisse durchgesetzt werden, wenn er Vereinbarungen erneut bricht?
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Wir haben hier ein klares Benchmark:
Wer im Rahmen von Verhandlungen Zugeständnisse gegenüber Putins Interessen fordert,
- will bewusst einen Abbau von Demokratie, Menschenrechten und Grundfreiheiten
- oder nimmt diese fahrlässig in Kauf.

Ich frage mich, was schlimmer ist.
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Sep 6
Braucht TV-Experte Varwick Unterstützung?🧵

Politik-Wissenschaftler Johannes Varwick wirft heute eine unbelegte Behauptung und eine Suggestiv- Frage in den Informationsraum von X.

Anlass, seine fachlichen Standards zu durchleuchten und nach besseren Alternativen zu suchen:
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Varwick zeigt hier ĂĽberraschender Weise Interesse an ukrainischer Innenpolitik:
- Die lange geplante und angekündigte UA Regierungsumbildung wertet Varwick als “offenkundige Friktion”.
- Seine Frage kann als Vorwurf gewertet werden, darĂĽber werde in Medien nicht berichtet.
2/15
Varwicks Schlussfolgerung, es gebe “offensichtlich Friktion", lässt sich ukrainischen Medienberichten, die Politikwissenschaftler Varwick evtl. nicht auswertet, nicht entnehmen.
Hier eine Einordnung der Causa durch einen ukrainischen Journalisten:
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Sep 5
Wohin mit der Wut? Sack Scholz?

Tägliche brutale Angriffe Russlands auf ukrainische Zivilisten treffen uns emotional ins Herz.
Das ist auch Teil der RU Strategie: Emotionen sollen den Westen polarisieren und uns davon ablenken, wer unser Feind ist.
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In Kommentaren über herzzerreißende Bilder von Zerstörungen ukrainischen Städten lesen wir oft empörte Vorwürfe gegen Biden, Scholz, ja sogar die “EU-Bürokratie”:
Man helfe der Ukraine nicht ausreichend und man verhindere ukrainische Gegenschläge gegen RU Flughäfen, etc.
2/15
Aber nicht Scholz, Biden oder “EU-Bürokraten” bombardieren die Ukraine, sondern Russland.

Westlichen Politikern die Verantwortung fĂĽr das Leid der Ukrainer zuzuschieben, ist eine geniale Verdrehung aus dem Kreml-Playbook.
Und sie funktioniert offensichtlich.
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Read 15 tweets
Sep 4
Restriktive Asylpolitik: Scheitern vorprogrammiert 🧵

Warum der aktuelle Aktivismus den Parteien der Mitte kaum Wählerstimmen einbringen könnte

aber am Ende dem Kreml beim Angriff auf unsere Demokratie in die Hand spielt.

Thread-Serie mit @spartyflyboy
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In der aktuellen Debatte um eine Änderung der deutschen Asylpolitik gilt die vermeintlich strenge Asyl-Politik der dänischen Sozialdemokratin Frederiksen als Vorbild.
Friedrich Merz bezieht sich ausdrĂĽcklich darauf.

Aber taugt diese Politik dazu?
2/21
augsburger-allgemeine.de/politik/hinter…
Dänemark setzte auf Rhetorik der Abschreckung durch Ankündigung von Symbol-Maßnahmen:
-Auslagerung des Asylprozesses in Asylzentren in Ruanda
-Abschiebungen nach Syrien
-Abschiebung von Straftätern in Gefängnisse in den Kosovo.

Aber nichts davon wurde tatsächlich umgesetzt.
3/21
Read 21 tweets
Sep 3
AfD-Zukunftsvision: ein deutscher Alptraum🧵

Wozu fĂĽhren Remigration, Zuwanderungsstopp und Deutschland den Deutschen?
Welche Zukunft droht Deutschland Ă  la AfD?

Diese Katastrophe hat die Bertelsmann-Stiftung 2002 untersucht.
Ergebnis: 2050 gibt es nur noch 59 Mio Deutsche
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2002 entwickelten anerkannte Experten Zukunftsszenarien für NRW-Städte.
Sie prognostizierten sogar bei einem niedrigen Zuwanderungssaldo von etwa 100.000 Einwanderern pro Jahr einen demographischen Niedergang Deutschlands in allen Bereichen.
2/21
bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/file…
Denn auch dann würde die Bevölkerung auf 65 Mio. fallen.
So oder so bedeutet es den Wegfall von ¼ bis ⅕ der Bevölkerung!

Denkt Euch jeden 4. Familienangehörigen, Nachbarn, Kollegen, Arzt, Postboten, etc. weg,
um zu verstehen, in welche Probleme Deutschland geraten wĂĽrde.
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Read 21 tweets
Sep 2
Wem dient das Bündnis Wagenknecht?🧵

Auffällige Widersprüche gestern Abend:
Nur für 1/6 der BSW-Wähler war das Thema “Ukrainekrieg” wahlentscheidend.

-“Enttäuschung von Politik” und
-Faszination fĂĽr die Person Wagenknecht waren 4-fach wichtiger.
Debunk einer Manipulation:
1/12
Das Thema Ukrainekrieg war laut Erhebung nur fĂĽr 5% der ThĂĽringer wahlentscheidend.
BSW “Spitzenkandidatin” Wolf behauptet jedoch, es bewege ⅔ der Wähler "unglaublich".
Ihre FĂĽhrerin Wagenknecht macht es sogar zum wichtigsten Ausschlusskriterium bei Koalitionsverhandlungen.
2/12
Wenn nur ⅙ von Wagenknechts Wählern das Thema Ukrainekrieg für wahlentscheidend halten, warum setzt Wagenknecht für das Thema einen so hohen Stellenwert durch?

Ein Thema, das ĂĽberhaupt keine landespolitische Relevanz fĂĽr ThĂĽringen und Sachsen hat, dort kaum interessiert.
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Read 12 tweets
Aug 28
Doomen am Mittwoch
- der Untergang der Ukraine in 4 Karten 🧵

Ich versuche mich bei der Beurteilung der mil. Lage zurĂĽckzuhalten, als armchair general bin ich kaum geeignet.
Beim Lesen der Lage-Beurteilung einiger OSINT-Kommentatoren sind mir aber ein paar Fragen gekommen:
1/14 [Kartenbasis: UA Control Map von @projectowlosint]
So lesen wir gerade wieder vom “immer schnelleren Vordringen der russischen Truppen in Richtung Pokrowsk” im Donbas.
“Schnell” ist hierbei relativ, weil die RU Truppen in dieser Richtung seit Februar diesen Jahres in einem schmalen Bereich “nur” etwa 35 km vorgedrungen sind.
2/14
Vergleicht man die Fläche der UA Inkursion in Kursk (gleicher Maßstab) sieht man, dass dort in wenigen Wochen deutlich mehr Gebiet gewonnen wurde.
NatĂĽrlich sind beides Momentaufnahmen im Nebel des Krieges
-mir geht es um das Narrativ der “Geschwindigkeit des Vormarsches”.
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