Andreas Babler ist dabei, den Diskurs in Österreich zu verändern. Seit Jörg Haider wurde immer wieder Politikern der Jubel der Massen zuteil - nach Haider waren es va Grasser, Strache und Kurz. Und alle Genannten hatten destruktive Erzählungen und zogen ihre Popularität aus
Kampagnen GEGEN Menschen - va gegen Fremde, Ausländer, Flüchtlinge, aber auch gegen Arbeitslose, gegen Bezieher von Sozialleistungen, zuletzt auch pauschal gegen die Hauptstadt Wien.
Das verheerende Resultat: es setzte sich die Meinung durch, man könne in Österreich nur mit
Hetze und Spaltung, nur mit Agitation gegen Migration politisch erfolgreich sein. Wie in anderen Ländern war eine Mitursache der Entwicklung der Niedergang der traditionellen Großparteien. Die SPÖ war bis vor einem Jahr ausgelaugt und kaputt (Ausnahme Wien); in der ÖVP wurde
derselbe Zustand zuerst von Kurz überdeckt, dann ging man dazu über, die FPÖ zu imitieren. Für die Demokratie eine Katastrophe, die Entwicklung zu einem autoritären System a la Orban-Ungarn wurde immer wahrscheinlicher. Bei den Diskussionen um die SPÖ in den letzten Tagen wurde
übersehen, dass für die politischen Haltungen eines Othmar Karas, Franz Fischler oder Reinhold Mitterlehner zuletzt kein Platz mehr war in der ÖVP - ebenfalls ein Alarmzeichen für die Demokratie.
Dazu kam in den letzten Jahren, dass sich Kurz und sein Team zu Vollstreckern der
Wünsche weniger Industrieller und Medienhäuser machten. Die Fotos der Regierungspolitiker mit Orban und Vucic belegen den autoritären Trend, die Partyfotos von führenden Medienleuten mit Kurz&Co belegen die für die Demokratie unheilvolle Verbindung einer Politik, die sich selbst
in Chats schon einmal als Hure der Reichen versteht, mit Medien und da wiederum nicht nur mit dem Boulevard.
Babler zeigte heute mit einer bemerkenswerten Rede in Linz neuerlich, dass man in Österreich die Massen doch noch immer mit positiven Erzählungen begeistern kann. Ähnlich
wie mit der Harris-Nominierung in den USA sind damit die Karten neu gemischt. Es gibt Jubel für einen Politiker, der eine Stunde lang über Forderungen nach Kinderrechten, Menschenrechten, Gleichheit spricht, über Kipppunkte beim Klima und über Migration; aber bei Migrations- und
Asylfragen immer voranschickt "Wir sprechen hier über Menschen". Endlich würdigt jemand die Leistungen der Gastarbeitergeneration und der nachfolgenden Migrant:innen. Bablers Überthema ist gleichsam die Würde des Menschen: die Würde der Lehrer:innen, Kinder und Eltern im
im Schulsystem, der Geflüchteten, der Pflegepersonen und der pflegebedürftigen Menschen.
Babler stellt damit den österreichischen Diskurs auf den Kopf - auf einmal sucht einer den politischen Erfolg nicht über Spaltung und Hetze, sondern über das Zeichnen neuer Ideen und
Visionen. Für die SPÖ ist Babler die letzte Chance, damit verbunden und noch wichtiger ist sein Beitrag zur Stärkung der Demokratie. Man muss Bablers Inhalte und Ansätze nicht teilen, aber die permanente Hetze und Polarisierung, das Schlechtmachen einer Menschengruppe nach der
anderen haben Österreich in den letzten Jahren geschwächt und den Boden für autoritäre Gruppen erst aufbereitet. Jene führenden Medienleute, die im Sog von Kurz aufgestiegen sind, hat dieser positive Politikansatz zum natürlichen Gegner, wir erleben also ein Spiel auf einer
Ebene. Aber es war allerhöchste Zeit, dass wir in diesem Land wieder positive Erzählungen hören und die Hetze eine kraftvolle Gegenerzählung erhält - diese beachtliche Leistung hat Babler erbracht.
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Die Verwaltung ist in der Krise: was ist passiert? Ein Thread:
Noch vor etwa 30 Jahren war die Verwaltung des Bundes geprägt von einem etwas altmodischen Beamtenethos, das gelegentlich Reformen allzu sehr bremste, aber insgesamt für eine hohe Qualität der Verwaltungsarbeit und
für Stabilität im Staat sorgte. Die Beamt:innen aller Ebenen fühlten sich dem Wohl der Republik verpflichtet. Die höchsten Beamten, die Sektionschefs und Sektionschefinnen, waren unbefristet bestellt. Dies gab ihnen Unabhängigkeit und Selbstwert. Hatten sie gegen Pläne eines
Ministers/einer Ministerin rechtliche oder sonstige Bedenken, so sprachen sie diese aus. Sie nahmen oft eine wichtige Warn- und Mahnfunktion ein, mahnten das Staatswohl ein und konnten oft Nachdenkphasen vor unüberlegten politischen Plänen erwirken.
Die ORF-Sendung ECO (tvthek.orf.at/profile/Eco/11…) hat zuletzt auf ein Phänomen hingewiesen, das jede Menge Rechtsfragen aufwirft und mehr Beachtung verdient.
Hintergrund: im Umweltsektor ist zuletzt die Gründung von Fake-NGOs zu beobachten. Diese NGOs
geben vor, sich einem bestimmten Umweltanliegen zu widmen, hintertreiben es tatsächlich aber durch die Verbreitung von Fake News, Konfrontation mit traditionellen, integren NGOs und die Präsentation von Scheinlösungen.
Solche NGOs schaffen Desinformation; rechtlich ist ihnen
kaum beizukommen. Anders dürfte die Situation gelagert sein, wenn sich öffentliche Stellen oder Körperschaften solcher Strategien bedienen. Das vom ORF dargestellte Beispiel, auf das auch Greenpeace schon hingewiesen hat, ist der Verein Oecolution. Der Verein verschreibt sich
Kontrolle der Polizei:
Seit Jahren fehlt in Österreich eine unabhängige Stelle, die Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei überprüfen soll. Internationale Vereinbarungen sehen eine solche Stelle vor.
Nun liegt ein Gesetzesentwurf vor. parlament.gv.at/gegenstand/XXV…
Der Entwurf wird dem wichtigen Anliegen in keiner Weise gerecht. Der Kardinalfehler liegt in der Ansiedlung der Stelle im Innenressort. Weder ist die Unabhängigkeit ausreichend garantiert, noch ein effizientes Verfahren durch entsprechende Regelungen gesichert.
Das Thema wird in Österreich seit mehr als zwei Jahrzehnten diskutiert, ohne gutes Ergebnis.
Das ist schade, denn die vielen guten und integren Polizeibeamt*innen verdienen es, dass ihre Glaubwürdigkeit und ihr Ansehen durch die Existenz einer besseren Kontrolle gestärkt wird.
Das Interessante und auch Problematische ist ja, dass in Regierungskreisen nicht einmal ein Hauch von Verständnis für die Problematik von Hinterzimmerabsprachen u Jobverteilung in sensiblen Bereichen wie ORF oder Justiz besteht. Nicht einmal ein "wir sollten darüber nachdenken".
Hier existiert eine Parallelwelt ohne jede demokratiepolitische Sensibilität, ohne Kritikfähigkeit, die auf diese Weise auch keinerlei Reformen in Richtung Transparenz und Versachlichung zustande bringen kann.
Das, worauf Reinhold Mitterlehner im Standard-Interview hingewiesen hat, ist schon richtig: dort wo die Regierung gesetzlich vorgesehene Nominierungsrechte hat, ist es plausibel, die Vorgangsweise vorab, auch im Rahmen der Koalitionsgespräche, festzulegen. Das ist insbesondere
Worum geht es bei der Kronzeugenregelung?
Korruptions- und Wirtschaftsverbrechen sind schwer aufzudecken. Geschädigte sind oft die Allgemeinheit oder ein großes Unternehmen, der Schaden ist oft nicht sichtbar. Bei einem manipulierten Ausschreibungsverfahren oder einem
klassischen Korruptionsdelikt ist die Begehung einer Straftat nicht so offensichtlich wie bei einer eingeschlagenen Auslagenscheibe oder einer Körperverletzung. Die Opfer, etwa die Republik, die Steuerzahler*innen, erkennen oft gar nicht, dass Delikte begangen werden.
Korruption spielt sich im Dunkeln ab. Vom Korruptionsdelikt wissen vor allem einmal die Beteiligtem, und die steigen aus Angst vor Bestrafung selten aus.
Kronzeugenregelungen sind deshalb ein zentrales Tool für die Aufklärung von Korruptionsdelikten. Sie bieten einem Beteiligten
In Österreich ist der Prozess der Orbanisierung unterbrochen, noch nicht endgültig gestoppt. Offenbar geworden ist ein System, in dem missliebige Medien, Wissenschaftsinstitute, Einrichtungen und Personen mit den miesesten Mitteln unter Druck gesetzt wurden - inwieweit die
strafrechtlichen Grenzen überschritten wurden, werden die Gerichte entscheiden.
Zu spät oder gar nicht haben Beamt*innen, Journalist*innen, Bürger*innen Widerstand geleistet. Es ist vor allem Zufällen zu verdanken, dass wir nicht dort stehen, wo Ungarn u Polen schon sind - wäre
das Ibiza-Video nicht gedreht worden, hätten Süddeutsche Zeitung und Spiegel das Video nicht veröffentlicht, hätten sich hohe Justizbeamte mit ihrem Wunsch durchgesetzt, gar keine Ermittlungen einzuleiten - dann wäre die nun bekannt gewordene Verrohung und Verrottung der