Oliver Conradi und @SchullerKonrad haben ein aufschlussreiches Interview mit #Wagenknecht über #Putin, Ukraine, NATO geführt - aber angesichts des Lügen-Tsunamis stellt sich mir die Frage, wie sinnvoll Gespräche sind. Sie kommt mit zu vielen Aussagen durch; die bleiben hängen: 1/
Problematisch sind v.a. die klassischen Fake News, die Wagenknecht verbreitet und denen nicht widersprochen wird. Dann nehmen Leser an, es seien Fakten. Hier: in der UA stationiertes US-Militär und CIA-Basen. Die waren nicht nur keine Ursache des Krieges - es gab sie nicht! 2/
Nebenbei erklärt Wagenknecht dann auch den Krieg in Afghanistan und in Libyen zu völkerrechtswidrigen Kriegen - obwohl beide Interventionen mit Mandaten des UN-Sicherheitsrates durchgeführt wurden. In Libyen waren es zudem FR und GB, die vorgeprescht sind, nicht die USA. 3/
An anderer Stelle suggeriert Wagenknecht, die bloße *Aussicht* auf die Stationierung von US-Truppen habe Putin zum Angriff bewegt. Das ist nicht "umstritten", sondern ignoriert die NATO-Russland-Grundakte, die nennenswerte Stationierungen östlich der Elbe ausschließt.
Bis 2014 4/
stand die NATO-Mitgliedschaft der Staaten Ostmitteleuropas de facto nur auf dem Papier, und selbst bis 2022 waren dort *insgesamt* nur 4000 Soldaten aus anderen Staaten stationiert.
5/
Und so wundert mich, warum man Wagenknecht nie bei Aussagen wie dieser hier festnagelt: Wenn die Welt 2013 so toll war, warum hat Putin ab dem 20.2.14 (also vor dem Sturz von Janukowitsch) nach der Krim gegriffen? Damals stand FR davor, 2 Hubschrauberträger an RU auszuliefern. 6/
Stattdessen kann Wagenknecht die Aggression Russlands ein weiteres Mal als eine Art Präventivkriegshandlung darstellen, indem es die Invasion als Reaktion auf eine zumindest "gefühlte" Bedrohungslage darstellt. 7/
Richtig stellt Wagenknecht fest, dass man sich in die Gegenseite hineinversetzen muss, um dessen Handeln zu verstehen: Wenn NATO-Staaten vor 2014 RU aufrüsten, nach 2015 der UA Waffen verweigerten und NS2 bauten, muss sich Putin ermuntert gefühlt haben, sich die UA zu nehmen. 8/
Mit Wagenknecht über Einschätzungen zu sprechen, bringt jedoch nichts - da hat sie schon gewonnen, weil sie strukturell im Vorteil ist: Sie kann immer entgegen "die einen sehen es so, die anderen so".
Wenn man aber Einschätzungen thematisiert, sollte man sie auf die 9/
Widersprüche ihrer Argumentation ansprechen. Wenn Wagenknecht erkennt, dass der BND 2022 falsch gelegen hat, warum hält sie es nicht für möglich, dass sich auch Putin verkalkuliert hat? Er war ja nicht der Einzige, der glaubte, die ukr. Armee würde in drei Tage kapitulieren. 10/
Ein besonders krasser Widerspruch in Wagenknechts Argumentation ist der Vorschlag, die Türkei solle die Sicherheit der UA garantieren. Würde die Türkei von RU angegriffen, weil sie ihr bei einer weiteren Invasion militärisch beiseite steht, wäre das Art.5. 11/
Immer wieder ist Wagenknecht zudem kurz davor zu verstehen, dass man die Ukraine schon 2008 in die NATO hätte aufnehmen sollen: Wie bedroht sich Putin dann auch immer "gefühlt" hätte - wie Wagenknecht diesmal richtig erkennt: er hätte die NATO nicht angegriffen... 12/
Stattdessen ergeht sich Wagenknecht im Geraune, dass Länder gegen ihren Willen in die NATO gezwungen würden. Aus Versehen spricht sie auch hier eine Wahrheit aus: Die Ukrainer:innen wollten mehrheitlich nicht in die NATO - bis zur Großinvasion. Seitdem schon. 13/
Aber das interessiert Wagenknecht nicht, denn sie suggeriert, die Ukraine sei es ohnehin nicht wert, verteidigt zu werden - alles korrupt und chaotisch. 14/
Was Gespräche mit Wagenknecht & Co betrifft, bin ich also skeptisch. Konrad Schuller und Oliver Conradi widersprechen, stellen vieles gerade - aber angesichts der Ballung von Desinformation frage ich mich, ob dieses Format sinnvoll ist.
15/15.
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Am Leben von Maria Gruzdova, die in meinem Buch über #Kyiv in den 1930/40er Jahren eine wichtige Rolle spielen wird, lässt sich ablesen, wie Menschen im #Stalinismus gebrochen und Opfer zu Tätern gemacht wurden. Werfen wir einen Blick in die Personalakte dieser NKVD-Agentin: 1/
Darin hat sich ein Dokument erhalten, das am Beginn des Prozesses ihrer Anwerbung steht. Es handelt sich um den Bericht eines Geheimdienstmitarbeiters vom Sept. 1937, der sein erstes Treffen mit ihr an diesem Tag schildert. Gruzdova war für den NKVD interessant, weil sie über
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ihren Lebensgefährten, den 1910 geborenen Literaturredakteur Nikanor Jaruta mit vielen ukrainischen Schrifsteller:innen bekannt war. Jaruta war Ende 1936 verhaftet worden. Der NKVD-Mitarbeiter beschreibt, wie zurückgezogen Gruzdova lebte und wie misstrauisch sie war: Auf
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In der @welt lesen wir, dass die "nationalsozialistische Herrschaft keine Diktatur" gewesen sei. Vielmehr sei es "ernst zu nehmen, dass der #Nationalsozialismus sich als demokratische Herrschaft begriff". Ach, so? @ulfposh hat seinen Hofnarr Magnus Klaus
1 welt.de/kultur/plus253…
vorgeschickt, um die #AfD gegen den Vorwurf der "Machtergreifung" zu verteidigen. Klaue will der CDU eine Nachhilfestunde in Geschichte erteilen und behauptet, die "NSDAP keine von den demokratischen Fraktionen verabscheute Außenseiterpartei war" (wie jetzt die AfD), "sondern
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der böse Bube, auf den sich die Guten geeinigt haben". Magnus, Magnus... lies doch noch mal gründlicher ein. Die "Guten" waren die rechtsradikalen Republikfeinde der DNVP und des Stahlhelms, das Kabinett Hitler wurde nur von Hindenburg, nicht vom RT "abgesegnet", wo es keine
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Die Schrifstellerin #JuliZeh ist das Musterbeispiel einer AfD-Versteherin. Das SPD-Mitglied zeigt sich auch geübt (wenngleich nicht sonderlich originell) in der Trendsportart des Grünen-Bashens. So verharmlost sie sowohl Nazis und praktiziert, was sie den Grünen vorwirft: 1/
Die gute Frau Zeh argumentiert wie einst Franz von Papen. Ja, herrje, die Partei ist zwar rassistisch und will Millionen aus D vertreiben - aber wenn‘s die Leute halt so haben wollen! Als *Verfassungsrichterin* ist sie hier auffällig entspannt… 2/
Man braucht nur Zehs ersten Corona-Roman zu lesen und mit ihren Interviewaussagen vergleichen: Ihre Protagonistin, die dem Dorfnazi von nebenan mit so viel Mitgefühl begegnet, ist ein Selbstporträt. In Roman wie Interview lässt sie kein Klischee aus. 3/
In der @welt wiederholt Baberowski mit Blick auf den #Angriffskrieg gegen die #Ukraine, was er schon vor 10 Jahren gesagt hat - als sei in der Zwischenzeit nichts geschehen. Für einen Historiker denkt er erstaunlich schematisch.
Einige Anmerkungen: 1/ welt.de/kultur/plus253…
Erstaunlich ist schon, wie apodiktisch Baberowski einen Angriff Russlands auf NATO-Staaten ausschließt. Er kann sich darunter offensichtlich nur einen Frontalangriff vorstellen. Schon die Besetzung der Krim und die hilflosen Reaktionen darauf haben aber gezeigt, dass es auch 2/
andere Formen der Kriegsführung gibt, gegen die sich Angegriffene viel schwerer wehren können - u.a., weil man überhaupt erst mal feststellen muss, dass da gerade ein Angriff stattfindet. Und ob er so dramatisch ist, dass man gleich "eskalieren" muss. Heute würde es
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Immer wenn man denkt, Günter Verheugen könne sich nicht mehr blamieren, beweist er das Gegenteil. Von der @welt wird er mit seiner Mitherausgeberin Petra Erler zu ihrem Buch interviewt. Fast jede Antwort ein ideologischer Offenbarungseid.
Einige Auszüge 1/ welt.de/politik/auslan…
Ziemlich irre ist schon, dass beide die internationalen Beziehungen mit dem Beispiel eines Nachbarschaftsstreits erklären wollen. Mir fällt auch kaum ein Krieg aus der jüngeren Geschichte ein, bei dem Schuld und Unschuld so klar sind. Außer man ist ideologisch völlig verbohrt. 2/
Verheugen/Erler denken in Kategorien einer Sandkasten-Keilerei und wärmen die Mär vom "Betrug" an Russland auf (das damals zwar noch die SU war und nicht betrogen wurde - aber Fakten sind ihnen egal, lieber unterstellen sie einer Historikerin, keine Archive besucht zu haben. 3/
Dieses Interview von @moritzkuepper mit dem russischen Botschafter ist kein journalistisches Versagen mehr, sondern eine Selbstaufgabe und sollte von der Redaktion des @DLF … nun, ernsthaft besprochen werden. Schon dass Küpper zur Audienz in die Botschaft geht und ein Foto 1/
davon publiziert (nach dem Motto: schaut mal, wo ich war!), ist ein Zeichen der Unterwerfung. Entsprechend devot lässt sich Küpper vom Botschafter in den Stiefel stellen: 2/
Kein Wunder: Küppers scheint im russischen Chefpropagandisten in Deutschland eine Art Elder Statesman zu sehen, dem er zugesteht, „BEDRÜCKT“ auf den Zustand der deutsch-russ Beziehungen zu schauen. Das Wort „Angriffskrieg“ fällt im Interview übrigens nicht ein einziges Mal. 3/