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Ich möchte Euch die Geschichte der Familie Ott erzählen, einer Familie, über die die @SZ berichtet, und die - da stimme ich zu - für die Geschichte des Wohnungsmarkts in München & in Deutschland exemplarisch steht.
Aber anders, als die @SZ meint.
sueddeutsche.de/projekte/artik…
Familie Ott wohnt in der Türkenstraße, also in der Maxvorstadt. Absolute Innenstadtlage, Museen (Pinakotheken etc.) in Spuckweite, Galerien, Cafés, Theater. Altbau, Stuck, über 100 m².
Familie Ott wohnt zu zweit. Sie sind 82 und 76 Jahre alt. Die Kinder sind längst aus dem Haus.
Zwei Akademiker, Alt-68er. Als solche haben sie natürlich kein Eigentum gekauft. Kapitalismus, Eigentum, Vermögensbildung - das war nichts für sie. Dabei hätten sie es durchaus gekommt. Beide Akademiker, sie sogar Beamtin (er auch?) Kunsthistoriker, Lehrer. Privilegiert.
Sie wohnen derzeit für weniger als 9 EUR den m². Denn die Miete wird "um ein Drittel" (vermutlich großzügig gerechnet) steigen, der Modernisierung wegen. Maximale Steigerung sind aber 3 EUR je m². Und ihre Wohnung wird nicht saniert, nur das Haus. Also vermutlich eher 6-7 EUR.
Klar, die Modernisierung ist des Teufels. Lärm, Dreck, Vertreibung, und dann der unnötige Neubau. Das alte Haus hätte man doch sanieren können. Man hat versucht, den Abriss zu torpedieren. Denkmalschutz, MIlieuschutz - nur zT erfolgreich (ihr Vorderhaus). Das böse Kapital siegte.
Das böse Kapital baut jetzt neue Wohnungen, insgesamt wird die Menge Wohnraums wegen des erweiterten Baurechts deutlich größer werden. Das schmeckt natürlich denen nicht, die schon Wohnungen haben. Zum Beispiel Familie Ott. Sie "hat Platz". Im wahrsten Sinne des Wortes.
Notiz am Rande: Der Sohn lebt übrigens inzwischen in Berlin, ist Referent für Stadtentwicklung und Wohnen. Bei der @dieLinkeBerlin, genauer @dieLinke in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Könnte es sein, dass er diesen Artikel initiiert hat? #Linke-PR in Sachen Wohnungspolitik? Image
Die Otts klagen ihr Leid. Die Preise sind gestiegen, vor allem die Grundstückspreise! Die Menschen wollen nur noch Geld verdienen mit den Wohnungen. Und Neubau ist so teuer.
(Natürlich war das früher ganz anders. Die Häuser mit Stuck an der Fassade, in den Wohnungen, die großen/
Zimmer, das war ja früher alles billig in der Herstellung und für die breiten Bevölkerungsschichten gemacht, keineswegs für die Bourgeoisie!).
Neubau. In der Maxvorstadt. Da stand früher, bevor dieses Haus gebaut wurde, sicherlich kein Gebäude. Nur grüne Wiese, 500 m vom Hbf.
Eine 2Zimmerwohnung im Neubau kostet zum Kauf jetzt 1,16 Mio EUR. Denn, das schreibt die SZ immerhin, das Grundstück hat 70 Mio gekostet & die Baukosten sind hoch.
Spätestens jetzt müsste doch mal jemand hellhörig werden. Spätestens jetzt müssten doch ein paar Fragen auftauchen.
Zum Beispiel diese: Wenn eine Zweizimmerwohnung mit 50m² über 1,1 Mio EUR kostet, wie kann es dann sein, dass Familie Ott weniger als 900 EUR für über 100m² zahlt? Mit dieser Miete bräuchte man - ohne Zinsen, Rücklagen etc. - mehr als 100 Jahre, um den Kaufpreis abzuzahlen.
Allerdings würden schon die Zinsen für dieses Kapital mit rund 40.000 EUR zu Buche schlagen (bei ca. 3,5%). Und wir reden von der 2Zimmerwohnung mit 50m², nicht von den mehr als 100m² der Familie Ott. Genauer, der Eheleute Ott. Deren Miete zahlt nicht einmal die Zinsen für 3 Mon.
Wenn jemand eine Antwort auf die Frage sucht, warum die Mieten für Neubauten in München und anderswo so hoch sind - sie sind in Berlin zB gut dreimal so hoch wie Bestandsmieten -, der findet sie bei Familie Ott.
Denn der Gesetzgeber hat entschieden, dass Mieter zu schützen sind.
Wobei "Schutz" es nicht so richtig trifft. Sie sollen
SUBVENTIONIERT werden.
Auf Kosten der Vermieter, die mit Ihnen nicht das Geld verdienen dürfen, was die Wohnung eigentlich wert ist.
Und auf Kosten der Wohnungssuchenden und Neubaumieter, die in München zT 30 EUR/m² zahlen.
MIt anderen Worten, der Gesetzgeber schafft einen Mieteradel. Menschen wie Familie Ott, die zu zweit in bester Lage königlich wohnen, und die jetzt einen Aufzug eingebaut bekommen, den sie gerne nehmen.
Ausziehen wollen sie nicht. Es ist ja "ihre Wohnung".
Diese Menschen werden von Vermietern und Neubaumietern zwangsweise subventioniert. Sie erzielen einen maximalen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber anderen Menschen, der schlicht ungerecht ist. Ja, liebe @dieLinke, DAS ist ungerecht.
Denn jeden Monat sackt Familie Ott 2000 EUR netto und steuerfrei ein in Form eines vermögenswerten Vorteils, der in der Überlassung einer Wohnung von mehr als 100m² in bester Lage zum subventionierten Preis besteht.
Wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Auto, Fahrrad oder Wohnung vergünstigt zur Verfügung gestellt bekommt, ist dies ein geldwerter Vorteil, der zu versteuern ist. Jeder Inhaber eines Dienstwagens weiß das. Aber das gilt nicht nur für Autos, sondern auch für Wohnungen.
"Eine Werkswohnung, die vom Arbeitgeber verbilligt überlassen wird, stellt einen geldwerten Vorteil dar, der sowohl lohnsteuerpflichtig als auch sozialversicherungspflichtig ist. Der Arbeitnehmer muss diesen geldwerten Vorteil versteuern."
Warum eigentlich nur der Arbeitnehmer?
In Wahrheit lebt Familie Ott auf Kosten der Allgemeinheit. Sie erzielen einen - vom Vermieter zwangsweise bereitgestellten - vermögenswerten Vorteil im Wert von 2000 EUR netto jeden Monat!
Sie leben verschwenderisch auf 100m², die sie nicht brauchen.
Junge Familien, die #Wohnraum benötigen, stehen im Regen, zahlen absurd hohe Neubaumieten.
Ja, absurd hoch. Denn wären die #Bestandsmieten halbwegs markt- und kostengerechnet, könnten sie die #Neubauten mit finanzieren, wie es auch früher war. Vor der #Mietpreisbremse.
Nein, es ist nicht der böse Markt, der f. Wohnungsknappheit & hohe Mieten sorgt. Es ist das Gegenteil von Markt.
Es ist eine Politik, die Mieter behandelt, als seien sie Eigentümer. Als gewähre langjähriges Mietezahlen einen Anspruch auf billiges Wohnen im Alter. Warum sollte es?
Finanzieller Druck, der Mieter dazu zwingt auszuziehen, weil sie für ihre Wohnung auf einmal einen angemessenen Preis zahlen müssen, ist keine "Vertreibung". Dieses absurde Framing muss endlich einmal als das bezeichnet werden, was es ist, eine Verarschung der Allgemeinheit.
Familie Ott ist ein Paradebeispiel dafür, wie man meint, man stehe im Stau statt zu begreifen, dass man der Stau IST. Familie Ott beklagt steigende Preise und den Bau teurer Neubauten, sorgt aber selbst - ungewollt - für eben diesen Markt und dessen Auswüchse. Und wählt weiter /
SPD und Linke, weil sie ihnen, die warm und wohlig in ihrem Stuckaltbau auf mehr als 100m² wohnen, subventioniert von der Allgemeinheit und ihrem Vermieter, "Schutz" versprechen.
Wer braucht hier eigentlich Schutz? Familien mit Kindern? Oder saturierte Alt-68er, die seit /
Jahrzehnten über ihre Verhältnisse leben, gepampert von der Mietenpolitik der SPD & auf Kosten des Steuerzahlers, indem sie jeden Monat 2000 EUR geldwerten Vorteil als steuerfreie Leistung kassieren.
Während woanders Menschen für ihr Eigentum hart arbeiten, um im Alter niemandem
auf der Tasche zu liegen.
Es wird Zeit, die Wohnungs- und Mietenpolitik vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen.
Und es wird Zeit - auch für den Gesetzgeber, endlich diejenigen zu besteuern, die sich TATSÄCHLICH leistungslos und steuerfrei bereichern.
Menschen wie Familie Ott.

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Apr 3
Ein paar Lehren aus meinem Inserat für eine Zweizimmerwohnung in Köln - für #Mieter und für #Vermieter:
Thread 1: Für Mieter
1. Ihr habt ein MieterPlus-Profil bei Immoscout?
OK. Kein großer Vorteil, aber notwendig. Ohne das Profil werdet Ihr kaum jemals attraktive Wohnungen finden, weil alle Anzeigen deaktiviert werden, bevor sie - nach 72 oder 96 Stunden - für die Normalnutzer freigeschaltet werden.
2. MieterPlus ist das neue Normal. 250 Anfragen von MieterPlus-Nutzern in 30 min. Wer es schaffen will, sich vor der Deaktivierung der Anzeige zu bewerben, muss seine Unterlagen schon vorher hinterlegt haben und zumindest ein Standardgerüst für ein Schreiben vorbereitet haben.
Read 22 tweets
Mar 25
Liebes @zdf, liebe Journalisten, ich weiß, diese Zahl von 100 Mrd. EUR Schaden p.a. durch #Steuerhinterziehung, die ist so griffig, so wunderbar saftig, dass man unbedingt möchte, dass sie stimmt. Jenseits aller Quellen- & Faktenchecks: Sie ist nicht einmal entfernt plausibel.🧵 Image
Schauen wir auf die Statistik:
Zunächst die Einkommen:
1. Arbeitnehmerentgelt: 2.158,8 Mrd. EUR
2. Unternehmens- und Vermögenseinkommen: 921 Mrd. EUR.
= Volkseinkommen
Quelle: statistikportal.de/sites/default/…Image
Beim #Arbeitnehmer wird die #Lohnsteuer direkt einbehalten und abgeführt. Was bleibt?
- #Schwarzarbeit?
- Bisschen drehen bei #Werbungskosten, Pendlerpauschale?
- Abschreibung für vermietete Wohnung?
-> also Peanuts.
Das Aufkommen der Lohnsteuer im Jahr 2024:
248 Mrd. EUR. Image
Read 14 tweets
Nov 29, 2024
Vermögenssteuer: Was bedeutet das? Eine kleine Nachhilfe für das @ZDF und seinen "Faktencheck" bzw. "#Hintergrundcheck".
Susanne Klatten hat heute mal frei. Denn um die geht es in erster Linie mal nicht. Es geht um alle, die "Vermögen" haben. Zum Beispiel Landwirte.
Ackerland wird durch eine steigende Nachfrage nach landwirtsch. Flächen jedes Jahr teurer. Nehmen wir an, es seien die vom @ZDF behaupteten 5 bis 10 Prozent. Ganz klar, der Bauer wird jedes Jahr immer reicher. Nehmen wir ihm also 2% davon weg. Dann wird er ja immer noch reicher.
Der Bauer hat das Geld aber nicht in der Schatulle. Im Gegenteil, seine Einnahmen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb sind ziemlich mager. Wenn er 2% Steuern auf sein Vermögen zahlen muss, also Hof und Land, muss er Land verkaufen. Jedes Jahr 2%.
Read 12 tweets
Nov 25, 2024
Oliver Klein, "Faktenchecker" beim @ZDF (ist das nicht Kernaufgabe v. Journalisten?), bereitet polit. das Feld für höhere Steuern (natürlich für "Reiche"). Seit Monaten blasen alle Sendungen im #oeRR ins selbe Horn. Mit den immer selben falschen Daten.🧵
zdf.de/nachrichten/po…
Dabei werden mal wieder - wie in allen Sendungen (und mit den immer selben Kronzeugen - Hoefgen, Jirmann -, die die immer selben unbelegten Zahlen herunterbeten) Äpfel und Kürbiskompott gegenübergestellt. So wechselt ständig thematisch zwischen Steuern auf Einkommen und Vermögen.
Dann ein weiterer Trick:
Einzelne Millionäre/Milliardäre erklären, dass sie sich ihr Vermögen selbst erarbeitet haben. Aus dem Off: "Die Wahrheit sieht anders aus."
Herr Hoefgen unterstellt, dass mittlerweile "die Hälfte des Vermögens in Deutschland vererbtes Vermögen ist."
Read 19 tweets
May 10, 2024
Liebe Politiker, liebe @Ricarda_Lang, lieber Kevin Kühnert, aus der gut informierten Position eines langjährigen Vermieters mit sehr langjährigen Mietern ein paar Worte an die, denen zur Lage am Wohnungsmarkt zuerst mal einfällt, die #Mietpreisbremse zu verschärfen.
Zunächst eine Klarstellung: Es stimmt nicht, dass die #Mietpreisbremse "nicht wirkt". Sie wirkt sogar sehr einschneidend. Gerichte wenden sie konsequent an. ABER man kann Mieter nicht zwingen, ihre Rechte geltend zu machen. Manche wollen z.B. keinen Streit mit ihrem Vermieter.
Manche - nicht so wenige, wie ihr meint - sind auch der Ansicht, dass die (vermeintlich überhöhte) #Miete durchaus angemessen ist, u.U. auch, weil sie selbst vermieten oder schon einmal im Ausland waren, oder weil sie der Ansicht sind, dass man geschlossene Verträge auch einhält.
Read 16 tweets
Feb 16, 2024
Klar kann man sich über den Stop für die #Lieferkettenrichtlinie ereifern. Die meisten Gesetze haben einen Nutzen. Aber: Wie hoch ist der Preis für den Nutzen?
#Thread:
Z.B.: #Datenschutz & #DSGVO haben in bester Absicht einen juristischen & wirtschaftlichen Albtraum geschaffen.
Strafverfolgung, Behörden und Schulen sind mangels zigtausend Euro teurer Beratung verloren in Unsicherheit und Verbotswahn, KMUs geben irrsinnige Summen für Anwälte aus, und Facebook & Co. machen weiter wie bisher, unterstützt von Anwälten mit Budgets von zig Millionen Euro.
Was haben wir gewonnen? Fast nichts.
Ähnlich verhält des sich mit der #Lieferkettenrichtlinie. Sie ist ja überhaupt erst ins Gespräch gekommen, weil nach div. Vorfällen genauer auf Vorlieferanten geschaut wird und Unternehmen auf öfftl. Druck selbst Mindeststandards fordern.
Read 9 tweets

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