Internist und Hämato-Onkologe, Palliativmediziner.
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Dec 20 • 5 tweets • 1 min read
Ein toller Fall kurz vor Weihnachten.
Habe 2020 einen Patienten mit einem sehr seltenen Tumor (medulläres Schilddrüsenkarzinom) und einer sehr seltenen genetischen Veränderung (RET-Translokation) überredet, ein ganz neues Medikament zu versuchen.
Dem Patienten ging es sehr schlecht, mehrere Organe waren durchsetzt von Metastasen.
Vor allem die Lunge. Er hatte in den letzten Monaten massiv Gewicht verloren und war nur noch Haut und Knochen. Eigentlich wollte er nicht mehr.
Dec 19 • 6 tweets • 1 min read
Heute hat mich eine ehemalige Patientin nach fast zwei Jahren angerufen.
Manchmal werden uns Menschen mit unklaren Symptomen zugeschickt. Häufig zur Ausschlussdiagnostik einer hämatoonkologischen Ursache.
Die Patientin klagte über Halsschmerzen und wiederkehrende Infekte
der oberen Atemwege. Diese belasteten sie stark, weil sie ständig krank war und oft auf der Arbeit ausfiel und bei Freizeitaktivitäten absagen musste.
Die ausführliche Diagnostik bei uns brachte überhaupt keine Auffälligkeiten.
Oct 23 • 16 tweets • 4 min read
In der Hämato-Onkologie kommt es mehrfach im Jahr vor, dass eine Studie veröffentlicht wird, deren Ergebnisse "practice changing" sind, also mit großer Wahrscheinlichkeit das Vorgehen im ärztlichen Alltag verändern.
Hier ein Beispiel mit 🧵: nejm.org/doi/full/10.10…
Das Hodgkin-Lymphom zählt zu den Krebserkrankung mit der höchsten Heilungsrate überhaupt.
Die bisherigen Therapien sind schon sehr gut, aber mit beträchtlichen Nebenwirkungen verbunden, auch auf lange Sicht, z. B. Zweittumore oder Herzerkrankungen.
Ein damals 67-jähriger Mann hat zunehmend unregelmäßigen Stuhlgang. Als schließlich auch Blut kommt, geht er zum Hausarzt.
Dieser überweist den Patienten zu einer Darmspiegelung. Hier zeigt sich im Enddarm bei 10-15 cm ein kreisförmig wachsender Tumor.
Eine Gewebeprobe sichert die Diagnose. Es handelt sich um ein Adenokarzinom. Der Patient hat Darmkrebs, genauer gesagt ein Rektumkarzinom.
In weiteren Untersuchungen können Organmetastasen ausgeschlossen werden.
Sep 13 • 18 tweets • 3 min read
Lust auf einen 🧵zu Krebs, Demenz und Kommunikation?
Es ist schon einige Jahre her, als ich einen ca. 75-jährigen mit metastasiertem Lungenkrebs behandelt habe.
Er hatte Jahrzehnte geraucht, war mittlerweile Rentner und lebte mit seiner Frau zusammen, die ihn stets begleitete.
Zusätzlich war zu wichtigen Terminen immer seine Tochter dabei.
Er wirkte manchmal "etwas tüddelig" im Kopf, war aber so noch recht fit.
Nach Erstdiagnose seiner Erkrankung erhielt er eine palliative Chemotherapie mit Carboplatin und Pemetrexed, dem damaligen Standard.
Sep 6 • 13 tweets • 2 min read
Ein 96-Jähriger betagter Herr leidet unter zunehmendem Husten. Der Patient kommt selbst ganz gut damit zurecht, nicht aber die Ehefrau, die in der Nacht immer vom Husten geweckt wird und nicht mehr gut schläft.
Also schickt sie ihn zum Hausarzt.
Beim Abhören fällt eine Stelle an der Lunge auf, wo das Atemgeräusch sehr abgeschwächt klingt. Der Hausarzt vermutet Flüssigkeit zwischen Lungen- und Rippenfell (einen Pleuraerguss) und meldet ein Röntgenbild an, das diesen Verdacht bestätigt.
Jul 18 • 7 tweets • 1 min read
"Ich gehe nicht ins Krankenhaus!"
Der Patient am Telefon klingt müde, aber entschlossen. Den ganzen Tag hat er schon hohes Fieber. Vor einer Woche bekam er eine Chemotherapie bei uns. Jetzt rief seine Frau ganz besorgt an, weil er zu schwach geworden ist, um aufzustehen.
"Ich muss jetzt einfach schlafen, morgen geht es mir besser!"
Normalerweise respektiere ich die Wünsche meiner Patienten. Hier aber nicht.
"Sie gehen jetzt sofort ins Krankenhaus. Sie haben einen schweren Infekt und ihr Immunsystem funktioniert durch die Chemotherapie nicht."
Apr 4 • 15 tweets • 3 min read
Nochmal ein paar Fakten zu der elendigen #Turbokrebs-Diskussion (als längerer 🧵):
Üblicherweise dauert es Jahre, bis sich aus einer normalen Körperzelle eine Tumorzelle entwickelt. Eine Reihe genetischer Veränderungen müssen auftreten, damit Zellen unkontrolliert wachsen.
Es bedarf noch weiterer Mutationen, bis Zellen sich aus ihrem Ursprungsgewebe lösen und in anderen Geweben ansiedeln, also Metastasen bilden können.
Gut untersucht ist dies bei Darmkrebs. Hier liegt die Zeitdauer der Krebsentstehung bei etwa 10 Jahren.
Es gehört zu den faszinierenden Seiten der Onkologie mitzuerleben, wie dramatisch sich manchmal die Behandlungsmöglichkeiten einzelner Krebserkrankungen verbessern können.
Eine Studie ist "practice changing", heisst es dann immer.
Ein Beispiel gefällig?
Vor zwei Wochen erschien im New England Journal of Medicine folgende Arbeit: nejm.org/action/showFul…
Feb 24 • 9 tweets • 3 min read
Wird eine Krebserkrankung festgestellt, lautet eine der ersten Fragen stets:
"Wie behandelt man das?"
Es mag auf den ersten Blick widersinnig erscheinen, aber manchmal ist eine gute Antwort:
"Wir warten erstmal ab!"
Einige Beispiele:
Der Klassiker ist die CLL (chronische lymphatische Leukämie). Häufig haben Betroffene bei Erstdiagnose keinerlei Symptome. Dieser Zustand kann Jahre, manchmal Jahrzehnte anhalten. Außerdem ist durch eine Behandlung keine Heilung möglich.
Hier die Empfehlung der DGHO-Leitlinie:
Jan 19 • 11 tweets • 2 min read
Der 64-jährige hatte seit Monaten Rückenschmerzen. Schließlich ging er zum Hausarzt und dann zum Orthopäden, der ihn ins MRT schickte.
Dort zeigte sich eine Vielzahl von Metastasen in den Wirbelkörpern. Der zweite Lendenwirbelkörper war sogar gebrochen.
Mit diesem Ergebnis kam der Patient zusammen mit seiner Tochter in die Sprechstunde. Vor Schmerzen konnte er kaum sitzen. Nach einem kurzen Telefonat mit dem Chefarzt eines Krankenhauses in der Umgebung wurde der Patient zur Diagnostik und Schmerzbehandlung eingewiesen.
Jan 10 • 4 tweets • 1 min read
In einem Kurs haben wir einmal Folgendes gemacht: auf dem Boden des Raums wurden die Umrisse Deutschlands mit Kreide skizziert. Dann sollte sich jeder an seinen Geburtsort stellen. Wer außerhalb Deutschlands geboren war, stellte sich an den Rand. 1/4
Das Ganze wiederholte sich mit der Elterngeneration. Wessen Eltern außerhalb der jetzigen Grenzen geboren waren, der sollte sich ebenfalls an den Rand stellen.
Nach ein, zwei Runden war das Deutschland im Raum ziemlich leer. 2/4
Jan 6 • 4 tweets • 1 min read
Voilà: #OnkoABC "Y" - wie Yttrium-90.
Radioaktive Substanzen wie Yttrium-90 werden tatsächlich in der Onkologie verwendet. Die selektive interne Radioembolisation (SIRT) ist ein Lokalverfahren zur Behandlung von Lebermetastasen.
Über die Leistenarterie wird ein Katheter bis zur Leberarterie vorgeschoben. Hier werden winzig kleine Kügelchen, sogenannte Mikrosphären, die mit Yttrium-90 beladen sind, direkt in die Leberarterie abgegeben. Lebermetastasen sind häufig stark mit arteriellen Gefäßen versorgt.
Jan 6 • 12 tweets • 2 min read
Und weiter geht es:
#OnkoABC - "A" wie Allgemeines:
Fragt man Krebspatienten nach ihren medikamtösen Therapien, lautet die Antwort fast immer:
"Chemo"
Damit sind klassische Zytostatika gemeint, die ihren Ursprung in den 1960er-Jahren hatten.
Erstmals wurde damals die Behandlung von Lymphdrüsenkrebs, akuten Leukämien oder auch fortgeschrittenen Hodenkrebs überhaupt erst möglich.
Heute sind die Therapiemöglichkeiten deutlich vielfältiger. Wir operieren oder bestrahlen bei Krebserkrankungen immer noch.
Nov 12, 2023 • 5 tweets • 1 min read
Viren und Krebs:
In und auf jedem Menschen leben ca. 3 Billionen Viren. Wahrscheinlich bewohnen über 1500 verschiedene Virus-Genotypen unseren Körper. Das ist relativ artenarm. Meerwasser enthält zum Beispiel ein Vielfaches an unterschiedlichen Viren.
Normalerweise kommen Viren und Menschen gut miteinander aus. Nur sieben verschiedene Arten von Viren wurden bislang mit Krebserkrankungen in Zusammenhang gebracht. Weltweit gesehen sind Viren allerdings für ca. 10-20% aller Krebserkrankungen verantwortlich:
Nov 11, 2023 • 7 tweets • 1 min read
Wachsen alle Krebserkrankungen gleich schnell? Die Frage ist natürlich rhetorisch.
Das Wachstumsverhalten hängt von vielen Faktoren ab:
➡️ Dem Ursprungsgewebe: Bauchspeicheldrüsenkrebs wächst z. B. meist aggressiver als Dickdarmkrebs.
➡️ Dem Grading: wie sehr erinnert das Tumorgewebe noch an das ursprüngliche umgebende Gewebe? Normalerweise eingeteilt in G1-3 (hoch, mittel oder niedrig differenziert).
➡️ Der Anteil der Krebszellen, die sich gerade in Zellteilung befinden (Proliferationsindex).
Sep 2, 2023 • 8 tweets • 2 min read
Das ist ein Thema bei fast jedem onkologischen Gespräch: Nahrungsergänzungsmittel, Homöopathie, Akupunktur, Misteltherapie, Besuche beim Heilpraktiker usw. stehen ziemlich hoch im Kurs.
Auf der einen Seite ist es nur verständlich. Jeder möchte das Möglichste gegen Krebs tun.
Jeder bekommt "wohlmeinende" Tipps von Familie, Freunden und Bekannten.
Warum es dann nicht mit "sanfter" oder "alternativer" Therapie begleitend zur "Chemotherapie" versuchen (die häufig gar keine klassische Chemotherapie mehr ist)?
Aug 16, 2023 • 12 tweets • 2 min read
Notfälle in der Onkologie: Hyponatriämie.
Ein 62-Jähriger hat immer stark geraucht. Zuletzt fällt seiner Frau auf, dass er zunehmend müde erscheint. Spricht man ihn an, wirkt er mürrisch und abweisend.
Außerdem hat er 10 kg an Gewicht abgenommen und verspürt wenig Appetit.
Endlich schafft es seine Frau, dass er zum Hausarzt geht. Dieser hat ein schlechtes Gefühl und würde ihn am Liebsten sofort ins Krankenhaus schicken, was der Patient zunächst ablehnt. Es wird aber Blut abgenommen.
Am Nachmittag ruft das Labor den Hausarzt an.
Jul 18, 2023 • 10 tweets • 2 min read
Am späten Nachmittag gehe ich Laborbefunde durch.
Bei einem Patienten sind die Blutwerte alarmierend schlecht. Die Leukozytenwerte liegen bei 0,5/nl (viel zu niedrig). Der Entzündungswert CRP ist mit 220 mg/l viel zu hoch.
Er steht unter Chemotherapie bei einer Krebserkrankung.
Wie üblich greife ich zum Telefonhörer und rufe den Patienten an. Es dauert recht lange bis er abhebt. Er hört sich müde, unwirsch und etwas fahrig an.
Ich erkläre ihm die Blutwerte und dass er einen sehr schweren Infekt hat. Er muss dringend ins Krankenhaus.
Jun 3, 2023 • 8 tweets • 2 min read
Weil #Turbokrebs nach Impfung mal wieder durch die siffigeren Orte von Twitter rauscht, hier eine kurze Betrachtung aus Sicht des Onkologen.
Der Begriff Turbokrebs existiert in der Medizin nicht. Gemeint ist wohl ein besonders aggressiver Verlauf einer Krebserkrankung.
Tatsächlich wachsen in Realität Tumore unterschiedliche rasch. Die sogenannten Proliferationsrate lässt sich sogar immunhistochemisch angefärbt unter dem Mikroskop auszählen. Ein gängiger Marker ist das ki-67.
Jun 1, 2023 • 5 tweets • 1 min read
Entgegen vieler lauter Stimmen bin ich aktuell sowohl mit meiner Arbeit, meiner Work-Life-Balance und meinem Verdienst recht zufrieden. Und dem großen Teil meines ärztlichen Umfelds geht es ebenso.
Das hat allerdings auch eine Weile gedauert und die Welt der 24-Stundendienste,
der ewigen Überstunden, der schlechten Organisation und der Wochenendvisiten wünsche ich mir nicht zurück.
Ich bin gerne Arzt und würde auch sofort wieder Medizin studieren. Zu meinem Vorteil bin ich ab dem zweiten Assistenzarztjahr Vater geworden.
