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Philosoph, Dr. phil. | @Uni_Wuppertal | Phil. Komparatistik, Phil.geschichte, Prinzipienforschung, Didaktik d. Philosophie | Aktuell: KI-Forschung | Hier privat
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Mar 5 11 tweets 2 min read
Ich glaube, es ist möglich, weil Butler hier drei Dinge zugleich versucht:

1. Sie versucht, das Framing „armed resistance“ aufrechtzuerhalten

2. Sie versucht, das Framing „terrorist attack“ als stellvertretend für eine falsche Darstellung des gesamten Konflikts abzuwehren /1 3. Sie versucht, den „terror“ in „terrorism“ als bloß emotionale, unklare Reaktion (die sie bei sich beschreibt) darzustellen, der aber eine klare, rationale Beurteilung gegenübergestellt werden soll (wenn nicht, wäre das „foolish“)

Das sind alles drei Reflexe aus dem … /2
Feb 14 6 tweets 1 min read
Viele – auch sehr gebildete – Menschen haben Formen rhetorischer Manipulation so sehr verinnerlicht, dass sie ihnen zur selbstverständlichen Praxis geworden sind. Gerade der Wettbewerb unter ‚Gebildeten‘ artet zuweilen in eine rhetorische Schlammschlacht aus. /1 Das liegt auch daran, dass echte argumentative Auseinandersetzungen schon im Studium vermieden werden. Es gibt also keinen Übungseffekt. Die Leute sollen Qualifikationsarbeiten schreiben, lernen aber nie, sich argumentativ angemessen zu verteidigen. /2
Feb 10 16 tweets 2 min read
In Deutschland wird es immer schwieriger, ein ordentliches Philosophiestudium zu absolvieren. Dazu trägt nicht nur die Hochschule bei, die Studierende wie Auszubildende nach Regelplan durch die Seminare jagt. Eine zunehmende inhaltliche Monokultur macht das Studium einseitig. /1 An großen Universitäten, früher Zentren diverser philosophischer Forschung, wurden Lehrstühle nach theoriepolitischen Maßgaben besetzt. In Berlin, Tübingen, Heidelberg studiert man nicht mehr Philosophie, sondern die Schule der Analytischen Philosophie. /2
Feb 2 19 tweets 3 min read
‚Würde‘ ist, seit Pico della Mirandola, die Freiheit zur Selbstbestimmung. Mit Kant ausgedrückt: der Mensch ist Zweck an sich selbst. Mensch ist man nicht für dies oder das, sondern um seiner selbst Willen.

Das Würde-Postulat gilt, als vernunftlogisches Postulat, notwendig: /1 Wer überhaupt irgendeine Art der Selbstbestimmung in Anspruch nimmt, bestätigt es – auch und gerade die, die sich selbstbestimmt davon mit einem ‚Nein!‘ abgrenzen. Jede Sprechposition bestimmt sich im Gesagten selbst. Jede Äußerung, Selbstdarstellung ist Ausdruck von Würde. /2
Jan 27 21 tweets 4 min read
Vielleicht sollte ich diesen Standardsatz von mir einmal erläutern:

Dieser Satz erfüllt zwei Funktionen.

1. Die erste Funktion ist, persönliche Unterstellungen zu provozieren. Offen geäußerte Überlegenheitsansprüche, die nicht-polemisch formuliert sind, wirken auf Leute, … /1 … die hier vor allem polemisch unterwegs sind, meistens herausfordernd. Da vielen die Unterstellung von ‚Arroganz‘, ‚Hybris‘, ‚Eitelkeit‘ usw. nahe liegt, sobald sie etwas selbst nicht mehr verstehen, rechne ich einfach damit, zur Unsachlichkeit zu reizen. /2
Jan 19 15 tweets 2 min read
Während hier Rechte, Linke und Liberale blind die repräsentativsten Gefechte der ideologischen Moderne wiederholen und mit der Gegenwart verwechseln, macht Pierre Charbonnier einen interessanten begrifflichen Vorschlag: /1 Er stellt im ökologischen Diskurs zwei Antworten auf das Risiko-Paradigma (z. B. Beck: „Risikogesellschaft“) vor: Giddens‘ wissenschaftliche Verbrämung neoliberaler Gesellschaftsentwürfe als Soziologie – und Latours Idee, Wissenschaften an politischen und sozialen … /2
Nov 21, 2023 14 tweets 2 min read
‚Bewusstsein‘ mag, als Phänomen betrachtet, unterschiedliche Grade und Modi aufweisen – unmittelbar / rein, gesund / wahnhaft, rein subjektiv oder an Zwecken oder Objekten orientiert. Aber keine Explikation desselben kann sich der Reflexivität entziehen, die sie selbst … /1 … – sobald sie nur expliziert – voraussetzt. Das heißt: Sie wird immer nur abstrakt darüber sprechen können. Ihr wird es geltungslogisch nie gelingen, einen Grad oder Modus zur Grundlage zu machen, der nicht explizit reflexiv ist. – DAS, nicht irgendwelche „Qualia“, ist das …/2
Nov 18, 2023 14 tweets 3 min read
Ein paar verstreute Bemerkungen:

Wer ‚Normative Orders‘ erforscht, wird dadurch nicht zu einer Instanz normativer Ordnung – auch dann nicht, wenn man Jürgen Habermas heißt.

Wenn „Grundsätze“ der Art und Weise einer Kriegsführung „bei all den widerstreitenden Sichtweisen,… /1 … die geäußert werden“, solche sind, „die nicht bestritten werden sollten“, sind jene Diskussionsbeiträge ausgeschlossen, die den Krieg selbst in Frage stellen. Dass Israel einen „prinzipiell gerechtfertigte[n] Gegenschlag“ führt, ist ein Beitrag in dieser Diskussion über … /2
Nov 14, 2023 13 tweets 2 min read
Der moderne philosophische Diskurs wird oft auf ein bloßes Gegeneinander von Positionen reduziert, die auf derselben Ebene um die Wahrheit streiten. – Doch er ist ebenso ein Ineinander von Positionen. Eine Achse verläuft beispielsweise zwischen Reduktionen und ihren Kritikern. /1 Reflexionslogiker wie ich kritisieren die psychologistische Reduktion von Logik auf psychische Zustände. Sprachphilosophen wie Sellars argumentieren gegen die Reduktion von Bedeutung auf psychische Zustände und beharren auf dem Eigenrecht der Sprache. /2
Oct 23, 2023 7 tweets 2 min read
Dass #Zizek eine sehr einfache Angriffsfläche bietet, um ihn als leeren Signifikanten der Provokation und linken Relativierung auszuweisen, hindert den deutschen Kulturdiskurs von DLF bis Humboldt-Uni nicht daran, genau das auszureizen. Er übersieht dabei seine eigene Sucht …/1 … nach dem eindeutigen, dem überlegenen Urteil – denn was die Texte von Omri Boehm, Carolin Emcke, Per Leo und Slavoj Zizek gemeinsam haben, ist der Aufruf zur Verzögerung des Urteils, zu einer ethischen Epoché – nicht, was die Tat angeht, sondern was die Folgerungen daraus …/2
Oct 12, 2023 7 tweets 2 min read
Was die meisten kurzatmigen Kommentare zur ‚Verschiebung von Diskursrahmen‘, die vor allem 2017 so populär waren, vergessen: das ist ein langfristiges Geschäft. Da reichen nicht eine Buchmesse, ein heißer Feuilleton-Sommer oder ein paar Sachbücher aus, um das zu verhindern. /1 Der neurechte Diskurs hat geduldig und über Jahre hinweg – Sarrazins Buch ist 13 Jahre her, die AfD-Gründung 10 Jahre – die immer gleichen Narrative in den Diskurs eingespeist. Das Vorgehen ist diskursiv parasitär: man wartet ab und irgendwann passt es dann. /2
Aug 27, 2023 5 tweets 1 min read
Formulierungen wie „Vergnügungsviertel Auschwitz“ sind natürlich antisemitisch. Es gibt aber in dem Flugblatt einen Nebenton, der mir aus Bayern sehr geläufig ist – auch und gerade auf Gymnasium und Realschule.

Für mich ist dieser Nebenton auf schwer zu beschreibende Weise /1 noch menschenverachtender als der Antisemitismus solcher Aussagen über Auschwitz. Denn ihm geht es nicht um die Juden selbst. Die Juden, das sind die, die von den Nazis erschossen, vergast, verbrannt wurden. Sie tauchen in diesem Nebenton, der mir aus meiner bayerischen … /2
Jul 13, 2023 44 tweets 6 min read
In der akademischen Philosophie tobt ein lautloser Kulturkampf. Phänomenologie, Hermeneutik, Pragmatismus, Transzendentalphilosophie, vernunftlogische Ethik, Philosophiegeschichte allgemein – all diese Paradigmen werden seit etwa 15 Jahren immer weiter ins Abseits gedrängt. /1 An den Universitäten werden Lehrstühle umgewidmet, neue Nachwuchsförderungen aufgebaut, Drittmittel- und Publikationsfabriken errichtet, rundumlaufende Netzwerke geknüpft. All das ist offen einsehbar, nicht geheim – man muss nur Daten und Personen verbinden. /2
Jun 13, 2023 19 tweets 14 min read
@OliverBWeber @NRPollatschek Kürzer gesagt: ‚Determinismus‘ impliziert einen All-Quantor, der auch noch für ihn selbst gelten muss, damit er selber gelten kann. Dieser Umstand erzeugt die Aporien:

(1) Alles ist determiniert –> also auch die Aussage „der Determinismus ist wahr“ –> … @OliverBWeber @NRPollatschek … der Determinismus ist wahr, weil der Determinismus wahr ist –> Zirkelschluss (hysteron proteron)

(2) Nicht alles ist determiniert –> Widerspruch zu der These des Determinismus, dass alles determiniert ist –> Selbstwiderspruch

(3) Alles ist determiniert, aber unter …
Jun 7, 2023 7 tweets 2 min read
Ein Wort zu diesem ebenso populären wie metaphysischen Modell, das Menschen wie Radioempfänger behandelt: Das Modell ist inkonsistenter Unsinn. Es projiziert eine von nirgendwo her eindeutig bestimmbare ‚Information‘ als angebliche Absicht des Senders, die dann vom Empfänger /1 aus dem Gesendeten ‚entschlüsselt‘ werden muss. Ist das Beabsichtigte nicht ‚entschlüsselbar‘, ist der Sender verantwortlich.

Aussagende sind aber keine ‚Sender‘. Aussagen sind keine ‚Nachrichten‘, die auf eine ‚Aussageabsicht‘ zurückverweisen. Hermeneutisch ist ‚Absicht‘ /2
Apr 24, 2023 26 tweets 4 min read
Zu einem Irrtum, die Vermittlung von Philosophie und Wissenschaft betreffend – ein 🧵

In Diskussionen begegnet mir immer wieder das Argument, dass man Wissenschaft und Philosophie an das Publikum anpassen müsse, um sie zu vermitteln. Diese didaktische Vereinfachung soll /1 dabei helfen, die Adressaten sozusagen an Wissenschaft oder Philosophie zu gewöhnen oder sie in diese einzuführen, ohne schon im Vorhinein allzu viel von ihnen zu verlangen. – Später könne man, so geht das Argument manchmal weiter, immer noch tiefer einsteigen. /2
Apr 21, 2023 13 tweets 2 min read
Sidonie Kellerer, deren unfehlbare Hermeneutik schon Heidegger als Vordenker des NS bewiesen hat, nimmt nun Koselleck ins Visier – mit der gleichen Mischung aus Geraune, Schlagworten, Autosuggestion, schlechter Ideologiekritik.

Solche Leute bekommen VW-Freigeist-Stipendien. „Zweifellos ist Koselleck der philosophischste Historiker des vergangenen Jahrhunderts.“

„Lange wurde von Heideggers philosophischer Tiefe gesprochen…“

Schritt 1: Zielobjekt auf ein Monument heben.
Apr 15, 2023 24 tweets 14 min read
@Wendy_Trakl @GuidoHeidmann Ihr Eindruck basiert also: 1) auf einer persönlichen Unterstellung („frustgeboren“) und einer Unterstellung von Absicht („Versuch der Verächtlichmachung“) und 2) durchgängig positiven Vorurteilen über die akademische Philosophie. Schon mal darüber nachgedacht, dass letztere /1 @Wendy_Trakl @GuidoHeidmann und der Kontrast zu meinem negativen Urteil den Ausgangspunkt für erstere abgeben können, vor allem, wenn man die eigene Sichtweise a priori als gültig setzt? Denn wenn es so ist, dass „die Qualitätsansprüche an Publikationen in den letzten Jahrzehnten… /2
Mar 28, 2023 7 tweets 3 min read
@jj_hh Keineswegs. Das wäre der falsche Umkehrschluss: Wenn sich Philosophie nicht bis über die Grenze ihrer selbst hinaus verständlich macht, ist sie selbstgenügsam in sich abgeschlossen und adressiert nur sich selbst.

Philosophie problematisiert Voraussetzungen, die die … @jj_hh „nichtphilosophische Gesellschaft“ teils machen muss, um eine solche Gesellschaft sein zu können, teils in ihren sehr verschiedenen Kommunikationsformen allseitig voraussetzt. Das bedeutet, dass ihre Verständlichkeit von der Bereitschaft abhängt, zu verstehen wie sie fragt. …
Mar 26, 2023 4 tweets 1 min read
Hanno Sauer, Autor des provokativen Troll-Stücks ‚The end of history‘ (und des entsprechenden Folgeartikels) im sich dafür hergehenden Journal @inquiry_ijp, beruft sich in seinem Buch von 2018 auf Jonathan Haidt, den Lieblingspsychologen der ‚Alt Right‘ und ‚Neuen Rechten‘. Haidt wie Sauer, dessen Buch über 5 Millionen Jahre (!) moralischer Entwicklung am 30.3. erscheint, bedienen sich eines evolutionspsychologischen Ansatzes, mit dem sie teleologisch gegenwärtige Konflikte erklären wollen. Bei Sauer nimmt das Formen einer Generaltheorie an:
Mar 17, 2023 8 tweets 2 min read
Ein Beispiel für prinzipienphilosophische Dialektik:

Weil in der Philosophie am Ende des 18. Jh. Prinzipienfiguren der Tradition regionalisiert und für die Begründung konkreter Probleme herangezogen wurden – Kant: Wie ist objektive Erkenntnis aus Prinzipien möglich? –, /1 rückte die ‚alte‘ Prinzipienfrage der Philosophie ins Implizite. Schelling beerbt sie noch, während gleichzeitig Hegel sie immanenzphilosophisch wendet und de facto dekonstruiert. – Als im 20. Jh. die Begrenzungen der empirischen Immanenz philosophisch bewusst werden, die /2