Alex Beisenherz Profile picture
Arzt Psychiater & Psychotherapeut Lieber glaube ich Wissenschaftlern, die sich auch mal irren, als Irren, die glauben, sie seien Wissenschaftler F.Eisenring

Apr 1, 2021, 11 tweets

(1) Das heute erscheinende epidemiologische Bulletin des @rki_de zeichnet unter Berücksichtigung der Impfprognose ein recht düsteres Bild des zeitlichen Verlaufs der Möglichkeiten einer Rückkehr zum normalen Leben.
THREAD 🧵mit den Kernaussagen
rki.de/DE/Content/Inf…

(2)Bei einer sofortigen lockdownartigen Kontaktreduktion von 50 % zum 05.04.2021 werden laut der Modellschätzung die regulären ITS-Kapazitäten nur knapp überschritten, eine Lockerung nach vier Wochen führt aber zu erneuter Überlastung inkl. Notfallreserve

(3) Ähnlich zum Verlauf der ITS-Betten führt eine Kontaktreduktion um 20 % zu keinem starken Rückgang der Todesfälle. Bei einer Kontaktreduktion von 50 % lässt sich durch eine frühe Kontaktreduktion die Anzahl der Todesfälle am stärksten reduzieren.

(4)Für den Weg aus dem LD wurde die mittelfristige Entwicklung modelliert (Öffnungen im Sommer). Eine Rückkehr von 100 % würde dabei dem normalen Leben vor Pandemiebeginn entsprechen. Erst ab dem 01.06. führt eine Rückkehr um (nur) 20 % nicht mehr zu ITS-Überlastung.

(5)Eine Normalisierung um 40 bzw. 60 % zum 01.06. oder 01.07. überschreitet jedoch auch weiterhin die Notfallreserve.
Ähnlich b.d.Sterbefällen: Eine Rückkehr zu 60 % Normalität führt zu allen drei Zeitpunkten zu einer Überschreitung von mehr als 1.000 Sterbefällen/d

(6) Fazit/Empfehlung: Nur durch frühzeitige und umfassende Kontaktreduktion von mind. 50% kann ITS-Überlastung abgewendet werden. Lockerungen können erst ab Sommer kleinschrittig bis in den Spätsommer durchgeführt werden

(7) Mein persönliches Fazit: Wie jede Modellierung hat natürlich auch diese Limitationen, die nur teilweise in der Diskussion adressiert werden.
Psychologisch ungünstig finde ich, dass das RKI ein starres und sehr düsteres Bild zeichnet. Im letzten Satz heißt es (s. Screenshot)

(8) Die Möglichkeit u.a. mittels Ausbau der Testkapazitäten durch #Schnelltests die Inzidenz zu senken wird hier also nicht betrachtet und soll offensichtlich nachgereicht werden. Das RKI wird seinem Auftrag als Public-Health-Institut damit in keinster Weise gerecht.

(9) Dass ein Lockdown unabwendbar ist, ist wenig strittig. Anstatt aber sofort anzufangen, die Bevölkerung zu motivieren die Testmöglichkeiten proaktiv und regelmäßig zu nutzen, um die Inzidenz zu senken und die Einschränkungen gering zu halten, bleibt das RKI reaktiv/restriktiv.

(10) Ich finde das enttäuschend. Die wenigsten in der Gesellschaft haben verstanden, dass wir ohne ein selbstverantwortliches regelmäßiges Testen nicht weiter kommen und unsere größte Public-Health-Institution tut nichts in Richtung Motivierung/Infobereitstellung. @RapidtestsDE

(11) Das @rki_de hat es damit verpasst der gesellschaftlichen Pandemiemüdigkeit und dem Restriktionsverdruss hoffnungsvoll entgegenzuwirken. Was bleibt, ist eine unklare und düstere Perspektive und die Möglichkeit sich abzuducken, vor dem, was da komme.
@BMG_Bund @jensspahn

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