Bissiges Mäuschen 🐭 Profile picture
Labormäuserich (Biologe), nur echt mit Mix aus Argumenten und Sarkasmus 😉 🌿🧫🔬🧬 Science, Rumgealber und Musikrätsel Crossposte nach BMauschen@troet.cafe

Jun 3, 2021, 15 tweets

Es gibt wenig, was mehr Leben gerettet hat, als Impfungen. Was sicher dazu gehört, sind die Sicherung von Ernährung, die Versorgung mit sauberem Wasser und die Entsorgung von Abwässern. Tatsächlich waren antike Baumeister da schon erstaunlich weit - Rom konnte sicher (1/14)

um die Zeitenwende auch deshalb zur Millionenstadt werden, weil es über 11 Aquädukte mit Frischwasser versorgt und über das Kanalsystem der Cloaca Maxima wieder entwässert wurde!
Viele Städte im europäischen Mittelalter, aber auch bis weit in die Neuzeit hatten eine viel (2/14)

primitivere Wasserversorgung - und die Entsorgung von dreckigem Wasser geschah zusammen mit Abfällen über die Strassen - inklusive zurücksickern von Erregern in die Brunnen . Krankheiten waren so häufig, dass das Bevölkerungswachstum vieler Städte bis ins 19. Jahrhundert (3/14)

negativ war und sie nur durch ständigen Zuzug der Landbevölkerung wachsen konnten.
Mit dem wissenschaftlichen Fortschritt begannen aber immer mehr Menschen, Krankheiten nicht einfach hinzunehmen, sondern ihre Ursachen zu hinterfragen - die Ideen von Miasmen (schlechten, (4/14)

Gerüchen und Gasen) und übertragbaren Infektionen als Ursachen von Krankheiten bekamen immer mehr Zulauf.
Eine Keimtheorie des Krankheitsursprungs - und die Bedeutung sauberen Wassers - steht dabei übrigens auch schon 37 v.Chr. bei dem römischen Autor Varro in seinem Buch (5/14)

"De agri cultura" (12.2): "Advertendum etiam, siqua erunt loca palustria, et propter easdem causas, et quod crescunt animalia quaedam minuta, quae non possunt oculi consequi, et per aera intus in corpus per os ac nares perveniunt atque efficiunt difficilis morbos." (6/14)

Ungefähr: "Es ist nicht ratsam nahe Sümpfen zu bauen, da hier winzige, mit dem Auge nicht sichtbare Tierchen leben, die durch Mund oder Nase in den Körper eindringen und so schwere Krankheiten hervorrufen" (7/14)

1849 konnte der englische Arzt John Snow einen Ausbruch von Cholera in London mit 14.000 Toten auf einen verunreinigten Brunnen zurückführen und die Epidemie durch dessen Sperrung beenden (Allgemein Toller Kanal übrigens!) (8/14)

Dieser Fall war einer der Anlässe für die Gründung von Hygienegesellschaften, die politischen Druck ausübten und Geld sammelten, um in England, aber auch bald in anderen Ländern unter vielen Städten Kanalistaionen bauen zu lassen. (9/14)

Aber eine Stadt hatte da ein Problem: Chicago!
Das war nämlich so nah und tief am Lake Michigan gebaut, dass Kanäle unter der Stadt geflutet worden wären und Abwasser nicht hätten abführen können.
Was also tun? Ganz einfach! (10/14)

Man hat die Innenstadt angehoben! Backstein und stahlarmierte Gebäude und sogar ganze Straßenzüge wurden mit handbetriebenen Hubspindeln oder auch Hydraulik bis zu 2,5 Meter angehoben - während darin weiter gewohnt und gearbeitet wurde! (11/14)

youtube.com/results?search…

Andere Gebäude wurden ins höher gelegene Hinterland transportiert. Das ganze Unterfangen dauerte 20 Jahre und kostete damals wohl etwa 10 Millionen Dollar, aber nach verheerenden Diphterie- und Choleraausbrüchen, war es das den menschen wert! (12/14)

Für uns ist sicheres Wasser heute Alltag, leider für 2,1 Milliarden Menschen nicht und das kostet auch heute noch geschätzte 1,2 Millionen Leben im Jahr.
Wir sollten also ab und zu den Wert dieser so unscheinbaren Rohre in unseren Häusern schätzen (13/14)
ourworldindata.org/water-access

und auch wie spannend die Geschichte darum ist. (Hollywood - da wären tolle Filme drin!)
Mäuschen Out 🐭
(14/14)
P.S. Und zum Abschluss was passendes von @ralphruthe 😉

P.P.S. Hier noch der funktionierende Link zum "Raising of Chicago"-Video

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