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Aug 3, 2021, 12 tweets

Geschichten aus #10JahreFDS, Teil 1: Als Politiker ist der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zwar gescheitert, aber einen Verdienst kann man ihm nicht mehr nehmen. Dank ihm gibt es mehr Transparenz im Bundestag (nicht ganz freiwillig). Wie kam's? 1/12

Im Jahr 2004 gab der noch junge Bundestagsabgeordnete zu Guttenberg beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags Gutachten in Auftrag. Thema u.a.: "Die Frage nach einem Gottesbezug in der US-Verfassung". Das Ergebnis interessierte den Abgeordneten vor allem persönlich. 2/12

Zu Guttenberg arbeitete nämlich an seiner Doktorarbeit, in der es auch um die US-Verfassung ging. Acht Jahre später flogen die Plagiate in zu Guttenbergs Doktorarbeit auf - und @manuelbewarder wollte 2011 wissen: Hatte der Minister auch beim Bundestag plagiiert? 3/12

@manuelbewarder Er stellte IFG-Anfragen nach Gutachten des Bundestags und kassierte Absagen. Bewarder klagte, gewann in 1. Instanz, verlor in 2., gewann in 3. - das Verfahren wurde zusammengelegt mit der Klage von "Exopolitikern", die das Ufo-Gutachten des Bundestags haben wollten. 4/12

@manuelbewarder Ja, das Gutachten gibt's wirklich. Und auch ein Gutachten zu Nacktbaden. Aber egal. Das Bundesverwaltungsgericht klärte 2015 den Grundsatz: Gutachten des Bundestags müssen auf IFG-Anfrage herausgegeben werden. 5/12

Das machte uns hoffnungsvoll. Wir schrieben eine E-Mail an den Bundestag, in dem wir dem Wissenschaftlichen Dienst einen Deal vorschlugen: Der Bundestag veröffentlicht alle Gutachten und wir helfen dabei gratis, um das Wissen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. 6/12

Die Antwort des Bundestags kam per Brief (der bei uns noch immer im Büro hängt): Nein, das bisherige Verfahren (nichts zu veröffentlichen) habe sich bewährt. Sollte sich etwas ändern, gäbe es eine Ausschreibung, auf die wir uns bewerben könnten. 7/12

Das gefiel uns nicht so gut. @a_watch besorgte per IFG-Anfrage also eine Liste von tausenden Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, wir bauten mit Hilfe von Ehrenamtlichen über ein Wochenende eine durchsuchbare Datenbank und gaben sie darauf frei zum Anklicken. 8/12

@a_watch Jede*r konnte die Datenbunk durchsuchen und Gutachten anfragen. Nach wenigen Tagen "FragDenBundestag" landeten so tausende IFG-Anfragen beim Bundestag. 3 Wochen nach Beginn der Kampagne entschied der Ältestenrat des Bundestags schnell, sämtliche Gutachten zu veröffentlichen. 9/12

Hätte der Bundestag auch einfacher haben können. Weil der Bundestag die Veröffentlichung aber eher dilettantisch durchführte, sammelten wir unter sehrgutachten.de alle Gutachten, komplett durchsuchbar. Die Website funktioniert nach über fünf Jahren immer noch gut. 10/12

Die fast 10.000 Gutachten sind jetzt ein selbstverständlich offener, wichtiger Wissensschatz. Und der Bundestag hat evtl. gelernt, dass es eine gute Idee ist, mit der Zivilgesellschaft freiwillig zu sprechen, weil man sonst vielleicht gezwungen wird, auf sie zu reagieren. 11/12

Danach fragten wir sämtliche Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste in den Landtagen an, die dann auch veröffentlicht wurden - bis auf Rheinland-Pfalz, wo wir den Landtag ebenfalls durch zwei Instanzen verklagen mussten, bis das geschah. fragdenstaat.de/kampagnen/frag… 12/12

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