Geschichten aus #10JahreFDS, Teil 1: Als Politiker ist der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zwar gescheitert, aber einen Verdienst kann man ihm nicht mehr nehmen. Dank ihm gibt es mehr Transparenz im Bundestag (nicht ganz freiwillig). Wie kam's? 1/12
Im Jahr 2004 gab der noch junge Bundestagsabgeordnete zu Guttenberg beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags Gutachten in Auftrag. Thema u.a.: "Die Frage nach einem Gottesbezug in der US-Verfassung". Das Ergebnis interessierte den Abgeordneten vor allem persönlich. 2/12
Zu Guttenberg arbeitete nämlich an seiner Doktorarbeit, in der es auch um die US-Verfassung ging. Acht Jahre später flogen die Plagiate in zu Guttenbergs Doktorarbeit auf - und @manuelbewarder wollte 2011 wissen: Hatte der Minister auch beim Bundestag plagiiert? 3/12
@manuelbewarder Er stellte IFG-Anfragen nach Gutachten des Bundestags und kassierte Absagen. Bewarder klagte, gewann in 1. Instanz, verlor in 2., gewann in 3. - das Verfahren wurde zusammengelegt mit der Klage von "Exopolitikern", die das Ufo-Gutachten des Bundestags haben wollten. 4/12
@manuelbewarder Ja, das Gutachten gibt's wirklich. Und auch ein Gutachten zu Nacktbaden. Aber egal. Das Bundesverwaltungsgericht klärte 2015 den Grundsatz: Gutachten des Bundestags müssen auf IFG-Anfrage herausgegeben werden. 5/12
Das machte uns hoffnungsvoll. Wir schrieben eine E-Mail an den Bundestag, in dem wir dem Wissenschaftlichen Dienst einen Deal vorschlugen: Der Bundestag veröffentlicht alle Gutachten und wir helfen dabei gratis, um das Wissen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. 6/12
Die Antwort des Bundestags kam per Brief (der bei uns noch immer im Büro hängt): Nein, das bisherige Verfahren (nichts zu veröffentlichen) habe sich bewährt. Sollte sich etwas ändern, gäbe es eine Ausschreibung, auf die wir uns bewerben könnten. 7/12
Das gefiel uns nicht so gut. @a_watch besorgte per IFG-Anfrage also eine Liste von tausenden Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, wir bauten mit Hilfe von Ehrenamtlichen über ein Wochenende eine durchsuchbare Datenbank und gaben sie darauf frei zum Anklicken. 8/12
@a_watch Jede*r konnte die Datenbunk durchsuchen und Gutachten anfragen. Nach wenigen Tagen "FragDenBundestag" landeten so tausende IFG-Anfragen beim Bundestag. 3 Wochen nach Beginn der Kampagne entschied der Ältestenrat des Bundestags schnell, sämtliche Gutachten zu veröffentlichen. 9/12
Hätte der Bundestag auch einfacher haben können. Weil der Bundestag die Veröffentlichung aber eher dilettantisch durchführte, sammelten wir unter sehrgutachten.de alle Gutachten, komplett durchsuchbar. Die Website funktioniert nach über fünf Jahren immer noch gut. 10/12
Die fast 10.000 Gutachten sind jetzt ein selbstverständlich offener, wichtiger Wissensschatz. Und der Bundestag hat evtl. gelernt, dass es eine gute Idee ist, mit der Zivilgesellschaft freiwillig zu sprechen, weil man sonst vielleicht gezwungen wird, auf sie zu reagieren. 11/12
Danach fragten wir sämtliche Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste in den Landtagen an, die dann auch veröffentlicht wurden - bis auf Rheinland-Pfalz, wo wir den Landtag ebenfalls durch zwei Instanzen verklagen mussten, bis das geschah. fragdenstaat.de/kampagnen/frag… 12/12
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Man sollte sich noch einmal vor Augen führen, wie der Bundesrechnungshof das Masken-Desaster von Jens Spahn bewertet.
5 Ausschnitte aus dem Prüfbericht:
1) Das Ministerium hat Milliarden Covid-Masken bestellt, aber führt dazu bis heute keine richtigen Akten.
2) Die Akten sind nicht wie vorgeschrieben paginiert und damit austauschbar. Wer für die einzelnen Milliarden-Einkäufe verantwortlich ist, ist unklar. Das Ministerium dokumentierte es nicht.
Die Beamten fälschten Dokumente nachträglich.
3) Um einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu entgehen, stufte das Ministerium einfach *alle* Akten zu den Masken als Geheimsache ein. Das ist natürlich rechtswidrig.
Das Bildungsministerium antwortete auf unsere IFG-Anfrage zur Fördermittelaffäre zu spät. Grund: Es konnte uns das 33 MB große PDF nicht per Mail zuschicken.
Im Bundestag behauptete Ministerin Stark-Watzinger gestern, das läge an unserem Server. Das ist falsch! 3 Digital-Tipps:
1) Bevor man uns an der Techie-Ehre packt, bitte Server-Logs studieren. In der Fehlermeldung des Ministeriums (die es uns selbst zugeschickt hat) steht, dass die E-Mail mit den Dokumenten nie die Ministeriums-Server verlassen hat. Das Problem liegt auf Seiten der Behörde.
2) Das 132-Seiten-PDF ist deswegen so groß, weil das Ministerium vor dem Verschicken Dokumente schwärzt, ausdruckt und wieder einscannt. Wenn man sie einfach digital schwärzt, ist das PDF <1MB groß. Dafür gibt es viele Tools.
Wir haben einen ganzen Umzugskarton voll Akten aus dem Finanzministerium veröffentlicht.
Sie zeigen wie Christian Lindner Milliarden Euro riskierte, um den Tankrabatt durchzusetzen.
Hier gibt es noch einige absurde Details, die sich in den mehr als 2500 Seiten versteckt haben.
Die Dokumente geben einen tiefen Einblick in die politischen Prozesse während des Krisenjahres 2022. Und sie zeigen wie innerhalb der Bundesregierung um den richtigen Umgang mit Inflation und Energiekrise gerungen wurde.
Während der Abstimmungen in der Ampel-Regierung kam es zu offenen Konflikten zwischen mehreren Ministerien.
Zeitweise blockierte das Wirtschaftsministerium den Tankrabatt, um abzusichern, dass zeitgleich das 9€-Ticket kommt.
Gemeinsam mit @zdfmagazin haben wir zahlreiche Ermittlungsakten und andere Dokumente ausgewertet und gleich mehreren Behörden mit Klagen drohen müssen, weil sie unsere Anfragen nicht beantworten wollten.
Dabei kam heraus: Der NSU 2.0 war nicht allein...
#Einzeltätergruppe
Die Staatsanwaltschaft ermittelt aktuell wegen Bedrohung gegen einen Frankfurter Polizisten. Es geht um ein Drohfax vom 2. August 2018 an Rechtsanwältin @SedaBasay. Das Schreiben gilt als Beginn der NSU 2.0-Serie. #Einzeltätergruppe fragdenstaat.de/blog/2023/10/0…
Polizist Johannes S. arbeitete auf dem Polizeirevier, auf dem gesperrte Daten der Anwältin abgerufen wurden, die sich in dem Drohschreiben finden. Auf S. Telefon fanden Ermittler Hinweise, dass er nach der Anwältin gesucht und sich mit mehreren ihrer Mandanten beschäftigt hatte.
Was genau steht eigentlich in rechtsextremen Polizei-Chats? Welche Nachrichten schicken sich Polizist:innen?
Das haben wir uns gemeinsam mit @zdfmagazin und @janboehm angesehen. Und wir finden: Ihr solltet das auch alle mal sehen können. #Humorpolizei itiotentreff.chat
Ingesamt 1670 Nachrichten sendeten sich die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe "Itiotentreff" innerhalb eines Jahres. 7 der 8 Personen waren Polizeibeamt:innen aus Frankfurt. Das LKA Hessen sah bei 211 Nachrichten einen möglichen Strafrechtsverstoß. /2
In ihren Nachrichten relativieren die Polizist:innen den Holocaust und verherrlichen die NS-Herrschaft, feiern Hitler und Massenmörder Anders Breivik, sie teilen etliche rassistische Inhalte und machen sich über Vergewaltigungsopfer ebenso lustig wie über ein totes Kleinkind. /3
Wie das Bundesverwaltungsamt eine Anfrage zu parteinahen Stiftungen seit zwei Jahren *bald*, wirklich *bald* bearbeiten wird:
3.9.2021: Anfrage.
4.10.2021: Eigentliches Ende der Bearbeitungsfrist. BVA schickt Eingangsbestätigung. Man werde sich melden.
10.3.2022: Es ist Untätigkeitsklage möglich.
14.3.2022: BVA sagt, man arbeite noch an der Antwort. Die Mitarbeiterin werde sich "kurzfristig" melden.
3.5.2022: Wir schicken Entwurf für Untätigkeitsklage.
5.5.2022: BVA bittet um Begründung der Anfrage. Man müsse Dritte beteiligen
15.8.2022: Wir haben keine Lust mehr und fragen, ob wir jetzt klagen sollen.
16.8.2022: BVA sagt, es brauche noch Zeit, die Dritten hätten nicht geantwortet.
10.11.2022: Wir setzen erneut Frist.
17.11.2022: BVA kündigt Gebühren an.