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Zahlen & Worte für @zeitonline

Jan 21, 2022, 17 tweets

Seit etwa drei Wochen läuft die #Omikron-Welle durch Deutschland. Lange sah es so aus, als würden die Krankenhäuser weitgehend verschont bleiben. Doch seit ein paar Tagen sehen wir steigende Klinikaufnahmen. Hier zum Beispiel in Bremen. Daher ein Thread 🧵 @zeitonline

Deutschlandweit messen wir einen Höchststand an Infektionen. Unter Berücksichtigung der Dunkelziffer muss man davon ausgehen, dass derzeit mehr als 2% der Deutschen gleichzeitig infiziert sind. In jedem U-Bahn-Waggon, jedem Restaurant sitzt statistisch gesehen ein Infizierte:r.

Die Klinikaufnahmen sind bundesweit bislang kaum angestiegen. Aber die Omikron-Welle ist auch noch gar nicht überall richtig losgerollt. Wir müssen uns daher die einzelnen Regionen ansehen.

Nochmal zurück nach Bremen: Dort stieg die Inzidenz seit Ende Dezember steil an. Die Krankenhausaufnahmen nahmen ebenfalls zu – aber viel, viel langsamer. Seit Mitte Januar gingen dann beide Indikatoren zurück. Nun sehen wir in den Kliniken plötzlich einen steilen Anstieg.

Dafür kann es viele Gründe geben. Die Hospitalisierungsinzidenz des RKI funktioniert nicht besonders gut, hat einen großen Meldeverzug. Wir verwenden daher hochgerechnete Daten der Uni München – die aber womöglich nicht alles ausgleichen kann. Hintergrund: blog.zeit.de/fragen/2021/11…

Außerdem zeigt die Erfahrung: Zu Beginn einer Infektionswelle stecken sich stets vor allem Jüngere an, die selten schwer erkranken. Im weiteren Verlauf nehmen dann die Infektionen unter Älteren und somit die ernsthaften Erkrankungen zu. Dann füllen sich die Kliniken.

Aus Bremen ist außerdem zu hören, dass ein großer Anteil der Hospitalisierten nicht wegen Corona im Krankenhaus liegt, sondern das Virus nur zufällig entdeckt wurde. Das verzerrt die Statistik (bedeutet aber ebenfalls großen Aufwand für die Kliniken).

In Berlin und Hamburg sehen wir ebenfalls sehr hohe Inzidenzen >1000 – aber bislang keinen Anstieg der Krankenhausfälle. Ob das so bleibt, möchte ich nicht prognostizieren.

In Berlin veröffentlicht die @senwgpg inzwischen eigene Daten, die auf digitalen, tagesaktuellen Meldungen direkt aus den Krankenhäusern basieren. Hier ist ein deutlicher Anstieg zu erkennen. data.lageso.de/lageso/corona/…

In Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz sehen wir einen starken Anstieg von Neuinfektionen und Krankenhausaufnahmen. In den beiden Letztgenannte kommen schon jetzt mehr Corona-Patient:innen in die Klinik als je zuvor, und die Zahl steigt weiter.

Eine gute Nachricht: Nirgendwo sehen wir bisher eine steigende Belegung der Intensivstationen. Das war ja bislang immer der Engpass im Gesundheitssystem. Omikron geht weniger auf die Lunge, darum müssen weniger Patient:innen beatmet werden, das entlastet die Intensivstationen.

Die Daten passen zur Studienlage. Demnach verläuft eine Omikron-Infektion per se milder als Delta, zudem schützen die Impfstoffe weiterhin vor schweren Verläufen. Vgl @mlipsitch et al: medrxiv.org/content/10.110…

In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt steht die Omikron-Welle noch ganz am Anfang. Das sind, neben Brandenburg, die Länder mit der niedrigsten Impfquote. Hier könnten mit hohen Infektionen deutlich mehr Krankenhausfälle einher gehen als anderswo.

Die USA haben etwa gleich viele doppelt Geimpfte wie Sachsen – und dort steigen gerade die Krankenhaus- und Intensivstationszahlen deutlich an.

Fazit: Omikron führt zu sehr vielen Infektionen, die meisten davon mild. Eine erneute Überlastung der Intensivstationen zeichnet sich nicht ab. Ob die Patient:innen auf den Normalstationen eine kritische Zahl erreichen, müssen wir in den kommenden Wochen beobachten.

Die ausführliche Analyse bei @zeitonline (Z+): zeit.de/wissen/2022-01…

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