/1 Der VG Osnabrück hat jetzt die vollständigen Entscheidungsgründe seiner Entscheidung (Beschl. v.
04.02.2022 - 3 B 4/22 -) veröffentlicht, in der er die Verkürzung des #Genesenstatus auf drei Monate durch das RKI für verfassungswidrig hielt.
Volltext:
rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal…
/2 Es verweist zu nächst auf die erhebliche Grundrechtsrelevanz des Genesenstatus (Rn. 11).
/3 Es führt dann die Gründe dazu aus, aus denen es die Verkürzung für verfassungswidrig hält. Es beruft sich dabei auf die Ausarbeitung der WD des Bundestags und führt unter anderem aus, das zumindest die Bundesregierung hätte dies regeln müssen (Rn. 15 bis 17).
/4 Es führt weiter aus, dass es eine unzulässige Subdelegation ans RKI war, zu der die Bundesregierung keiner verfassungsrechtliche Ermächtigung hat (Rn. 19). Außerdem verstößt ein Dynamischer Verweis der sich jeder Zeit ändern kann, gegen das Verkündungsgebot (Rn. 18).
/5 Auch bemängelt es die Bestimmtheit der Regelung. Dazu zur besseren Verständlichkeit ein kleiner Exkurs. Das BVerfG leitet im allgemeinen aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) Bestimmtheitsanforderungen ab, welche gesetzliche Vorschriften erfüllen müssen.
/6 Das sind im Wesentlichen drei Anforderungen (vgl. BVerfGE 114, 1 (53 f.), servat.unibe.ch/tools/DfrInfo?…):
a) Der Betroffene muss erkennen, wie genau seine Recht beschränkt werden,
b) Verwaltungshandeln soll begrenzt werden, und
c) den Gerichten eine Prüfung zu ermöglichen.
/7 Das Gericht bemängelt alle diese Punkte (Rn. 20). Zum einen handelt es sich um einen dynamischen flüchtigen Verweis, der sich sekündlich ändern kann, sodass die Betroffen ständig den Status auf der Seite des RKI prüfen müssten, was ihnen nicht zumutbar ist.
/8 Dann kann das Gericht auch nicht prüfen, wann eine Änderung vor genommen wird. Das ist den Betroffen auch nicht zuzumuten, wenn es nachher um Bußgelder geht.
/9 Zum Schluss würde ein Ausfall der Seite des RKI bedeuten, dass es nicht klar ist ob die Betroffen ihre Grundrechte weiterhin ausüben könnten, was auch ihnen nicht zugemutet werden kann.
/10 Auch die wissenschaftliche Begründung des RKI, als wenig überzeugend bemängelt das Gericht (Rn. 21).
/11 Denn eine Vielzahl von Stimmen aus der Wissenschaft traten dieser Begründung entgegen (Rn. 28). Auch führen die Verweise des RKIs ins Leere (Rn. 29).
/12 Das Gericht verweist auch darauf, dass sich die Länder nicht mit der ihnen von Gerichten zugebilligten Einschätzungsprärogative herausreden können, sondern die wissenschaftlichen Grundlagen prüfen müssen (Rn. 30).
/13 Schlussendlich ist das Gericht auch darüber verwundert, dass Deutschland sich für 6 Monate beim Status in der EU eingesetzt hatte und jetzt eine Alleingang startet (Rn. 31).
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