Anke DomscheitBerg @ankedb@linke.social Profile picture
Publizistin, Netzaktivistin u Bundestagsabgeordnete (MP) für DIE LINKE. Weil digitale Revolution eine soziale Revolution braucht ❤️✊❤️

Jul 16, 2022, 34 tweets

meinen Thread zu Tag 2 der Delegationsreise des Ausschusses für Entwicklungszusammenarbeit nach Malawi u Südafrika gibts hier am Stück: threadreaderapp.com/thread/1547574…

Der Thread zu Tag 3 beginnt mit diesem Tweet. Um Verwirrung zu verhindern, nummeriere ich mit 3/1.
#btAWZMalawiSA

Tag 3 begann früh, 7:45 Uhr brechen wir auf, Richtung Monkey Bay, wo uns der Präsident von Malawi Audienz gewährte. Im Garten seiner Sommerresidenz wurden wir erstmal alle getestet (pic 1). Dann gab es 1 Stunde Gespräch. Pic 2: Vorraum + MalawiFahne 🇲🇼
/3-2 #btAWZMalawiSA

Im Gespräch mit dem malaw. Präsidenten ging es um die Situation des Landes (mehrere Krisen gleichzeitig, Klima, Covid, Ukrainekrieg, Inflation...) u die Kooperation mit DE seit 1964. Sein Lebenslauf ist sehr religiös, siehe Pic.
/3-3 #btAWZMalawiSA

Vom Präsidenten gings zu einem 20MW (peak 28MW) Solarkraftwerk in Golomoti. Es entstand mit Finanzgarantien aus DE. Über 50.000 bifaziale Solarpanele liefern dringend benötigten Strom, Malawi hat weltweit mit die geringste pro/Kopf Elektrizität.
/3-4 #btAWZMalawiSA

Es ist das 3. Solarkraftwerk in Malawi, seine Besonderheit: Lithium-basierte Stromspeicher mit 10MWh Kapazität. Sie ergänzen vor allem während der Nachfrage-Peaks morgens u abends (18-20Uhr), denn um 18:00 ist es schon dunkel - da liefern die Panels nichts.
/3-5 #btAWZMalawiSA

das Solarkraftwerk ist ein sog. IPP = Independent Power Producer, d.h. private Investoren bauen Kraftwerke u schließen langfristige (zB 20J) Lieferverträge zu festen Mengen u Preisen mit dem Staat ab. DE übernimmt d Zahlungsausfallschutz für d Investor.
/3-6 #btAWZMalawiSA

Anders können in Malawi gar keine Kraftwerke entstehen, das Land ist einfach viel zu arm, der Gesamthaushalt des Staates beträgt 2 Mrd Dollar. Da hat manche Großstadt in DE mehr. 20 weitere IPPs sind in Planung: Wind, Wasser u Solar. Das Land braucht Energie!
/3-7 #btAWZMalawiSA

Übrigens hat man beim Bau des Solarkraftwerkes um die #Baobab Bäume herum gebaut, Ihr erinnert Euch: einen Baobab zu fällen, bringt Unglück! Auch sonst engagiert man sich, baut Grundschulen u pflegt equal Opportunities (50% weibl Angestellte!)
/3-8 #btAWZMalawiSA

Nächste Station nach wieder längerer Fahrt über Land ist in der malawischen Provinz Salima ein kleines Dorf, in dem die CARE Organisation sich für Ernährungssicherheit engagiert, zB mit "high productive Gardens".
/3-9 #btAWZMalawiSA

So ein Garten ist recht klein u gegen die überall freilaufenden Hühner u Ziegen mit einer Strohmauer geschützt. Er kombiniert Gartenbau mit Kaninchenzucht. Die Karnickel futtern Teile des Grünzeugs u machen daraus Dünger für das Beet.
/3-10 #btAWZMalawiSA

Linda erzählt von vitaminreichen Gemüsen, die die einseitige Nahrung ergänzen u wie hilfreich das ist. Außer Bohnen (Eiweiss!), Tomaten u Zitronengras erkenne ich wenig. Angebaut wird ganzjährig, zu and. Zeiten auch Süßkartoffeln u Okra.
/3-11 #btAWZMalawiSA

Zum Nachmachen in DE eignet sich die simple Tropfbewässerungsanlage, die ü Schwerkraft funktioniert. Tägl. Wasserschleppen entfällt, Frauen haben mehr Zeit u es wird weniger Wasser benötigt. In immer längeren Trockenzeiten ist das sehr hilfreich!
/3-12 #btAWZMalawiSA

Fleisch ist sehr teuer, höchstens Hühnchen steht ab u an auf dem Speiseplan, die Kaninchen sind daher eine wertvolle Ergänzung. Eier werden kaum gegessen, das liegt an Geld (kaufen ist teuer u lieber will man Küken), Geschlechterrollen u kulturellen Normen.
/3-13 #btAWZMalawiSA

So glaubt man in Malawi, dass Eier für Schwangere u Kinder schlecht sind, deshalb haben Frauen u Kinder den geringsten Eierkonsum u leiden häufiger unter Mangelernährung. CARE klärt auf, denn besser ist mehrere Eier/Wo. als 1 Huhn/Monat. (Pics = 🐓-Stall)
/3-14 #btAWZMalawiSA

CARE teilt auch Wissen zur optimalen Hühnerfütterung. Getrocknete Fischabfälle, Samen, Maisreste, Asche u.a. werden zu einer optimalen Futtermischung gemixt, dazu gibts frische Keimlinge (Ziel: größere u gesündere Eier). Die "Hühnerfrau" ist stolz.
/3-15 #btAWZMalawiSA

Damit die Hühner nicht einfach verkauft, sondern Eier gegessen (nicht gebrütet) u Hühner verzehrt werden, kommt CARE (die die Hühner bereitstellten) regelmäßig vorbei u zählt leere Eierschalen u Hühnerfüße. Kultureller Wandel ist nicht einfach.
/3-16 #btAWZMalawiSA

Kenntnisse ü gesunde Ernährung sind wenig verbreitet, Dorfbewohner:innen erzählen uns, dass sie von CARE erfuhren, dass es verschied. Lebensmittelgruppen gibt u warum Ernährungsvielfalt wichtig ist. Armut setzt Grenzen, aber manches geht, wenn man weiss, wie. /3-17 #btAWZMalawiSA

Mangelernährung bei Frauen hat auch viel mit Genderrollen zu tun. Frauen tragen zwar zum Haushaltseinkommen bei zB durch Verkauf landw. Produkte, aber Entscheidungen treffen traditionell Männer: was wird angebaut u gekauft, wer bekommt welches Essen.
/3-18 #btAWZMalawiSA

Deshalb gibt es zusätzl. das Projekt Gender-Dialoge. Eine Moderatorin dieser Dialoge zw Ehemann u -frau erklärt: am Bild eines Baumes diskutiert das Paar ihre Einnahmen (Wurzeln) u Ausgaben (Äste), Gender-Imbalancen werden sichtbar u Änderungen ausgehandelt.
/3-19 #btAWZMalawiSA

Diskutiert wird aber auch die Arbeitsverteilung in der Familie u die Frage, warum Frauen die Haus- u Feldarbeit allein machen sollen, während Männer im Tearoom sitzen u Geld ausgeben. Ehefrauen berichten, dass die Dialoge die Verhältnisse verändert hätten.
/3-20 #btAWZMalawiSA

Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Die Frauen erzählen, ihre Männer würden nun helfen, sie könnten jetzt unbesorgt mal weg sein, weil die Männer gelernt hätten, wie man zB ein Baby versorgt. Seit Väter sich auch kümmerten, bekämen Kinder mehr zu essen.
/3-21 #btAWZMalawiSA

Dann erzählen 2 Männer von einem weiteren Projekt im Dorf, den Vater-zu-Vater Dialogen. Etliche Männer, die sich als Rolemodell für modernere Geschlechterrollen begreifen, treffen sich 2 mal monatl. zum Austausch u versuchen, weitere Männer zu überzeugen.
/3-22 #btAWZMalawiSA

Ich frage die Männer, wie mit dem Thema Gewalt gg Frauen umgegangen wird. Sie antworten: erst reden wir (das Väternetzwerk) direkt mit dem Gewalttäter, hilft das nicht, gehen wir zum Chief u dann zur Polizei u zu entsprechenden Initiativen/ Initiativen.
/3-23 #btAWZMalawiSA

Die Zeit verfliegt, wir müssen Abschied nehmen, denn früh wirds dunkel u dann sind die unbeleuchteten Straßen gefährlich, weil immer wieder ebenfalls unbeleuchtete LKW einfach auf der Straße stehen, wo sie wg Schaden liegen blieben (das bestätigt sich).
/3-24 #btAWZMalawiSA

Weil er perfekt zu ihrem roten Kleid passt, schenke ich Linda, der Gärtnerin, meinen selbstgestrickten Schal. Sie freut sich: "lets be friends!" u fragt nach meiner Whatsapp nr. Bin gespannt, ob ich irgendwann von ihr höre, wenn sie Zugang zu 1 Handy hat.
/3-25 #btAWZMalawiSA

Beim Abschied wollen Kinder fotografiert werden u ihr Bild im Handy ansehen, jg Mütter wollen, dass ich Fotos ihrer Babys mache, es wird wieder gesungen u getanzt. Die Herzlichkeit in diesem abgelegenen Ort, wo die Community zusammenhält, ist überwältigend.
/3-27 #btAWZMalawiSA

Überhaupt nennt sich Malawi völlig zurecht "the warm Heart ❤️ of Africa". Die Gesellschaft ist freundlich, offen u friedlich. Während in anderen Ländern immer wieder Konflikte toben, pflegt man in Malawi friedliche Koexistenz, im Kleinen wie im Großen.
/3-28 #btAWZMalawiSA

Kriminalität gibts kaum, auch als Frau kann man sich überall sicher bewegen, wie uns Mitarbeiter d Botschaft, u dt. Frauen, die für Entwicklungsprojekte arbeiten, bestätigen. Ich lerne einige am Abend kennen, beim Empfang von Botschafter Ralf Timmermann.
/3-29 #btAWZMalawiSA

Da war zB eine Vertreterin von @Wingcopter, einem Drohnenunternehmen aus DE, dass in Malawi Krankenhäuser dabei unterstützt, per Drohne dringend benötigte Medikamente, Impfstoffe o. Testkits in entlegene Gesundheitsstationen zu fliegen.
/3-30 #btAWZMalawiSA ⬇️

Auch ihren einheimischen Drohnenpiloten lerne ich kennen. Eine Drohnenakademie soll mehr ausbilden, denn auch in Land- u Forstwirtschaft könnten Drohnen hilfreich sein, v.a. zum Monitoring: Zustand d Wälder u Felder, zB Brände, Schädlingsbefall, Dürrefolgen.
/3-31 #btAWZMalawiSA

Lange rede ich mit d Gründern von Kibebe-Malawi (kibebe.com) Florisa + Innocent Magambi. Innocent stammt aus einem großen Flüchtlingscamp in Malawi, wo v.a. Geflüchtete aus d Kongo, Ruanda u Burundi Zuflucht fanden, zT in 2. Generation (wie er).
/3-32 #btAWZMalawiSA

Die Sozialunternehmer:innen gründeten Kibebe, um wunderschöne, hochwertige, handwerkliche Erzeugnisse von Geflüchteten zu verkaufen, um Einkommenschancen zu schaffen.
Kibebe sucht übrigens Vertriebspartner in DE, falls ihr da wen kennt, sagt Bescheid!
/3-33 #btAWZMalawiSA

Damit endet mein Bericht zum 3. Tag der Delegationsreise, der lang u ereignisreich war u uns viele neue, spannende Einblicke verschaffte. So eine Ausschussreise ist geballte Weiterbildung u Erfahrungssammlung, an der ich versuche, Euch teilhaben zu lassen!
/3-34 #btAWZMalawiSA

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