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Alle schauen gebannt auf die Südukraine bei und um #Kherson, wo schon seit längerem eine ukrainische Offensive erwartet wird. Mit diesem Kurz-Update schaue ich gleich auch dahin.
Einleitend richtet sich allerdings der Blick auf die Region Izyum, was sehr überraschend ist. 🧵
Bei #Izyum gewinnt nämlich ein ukr. Angriff seit ca. 48 Std. zunehmend das Momentum. In diesen 2 Tagen haben die Ukrainer größere Geländegewinne realisiert als die Russen vor der südlich gelegenen Stadt Bakhmut in den vergangenen zwei Monaten. Ihr Vorstoß ist zum Stehen gekommen.
Der Blick auf die Karte zeigt den ukrainischen Vorstoß (eingekreist) auf Izyum. Unbestätigten Meldungen nach, sollen sich russische Verbände zurückziehen, da einige Einheiten zur Stärkung der Abwehr nach Kherson verlegt wurden.
Karte via @War_Mapper. Unbedingte Folgeempfehlung!
Es ist noch früh, aber diese erfreuliche Entwicklung sollte dazu anhalten, auch diese Region in den Blick zu nehmen. Sie zeigt: Erstens, dass die Ukrainer genügend Kräfte haben, um (begrenzt) Druck auf die Russen auszuüben. Zweitens, dass die Russen offenbar sehr geschwächt sind.
So geschwächt, dass sie Gebiete aufgeben und zurückweichen müssen. Und drittens, dass die von ukr. Seite angekündigte Offensive im Süden vielleicht nur eine Finte ist. Izyum ist das logistische Rückgrat der Russen in der Region u. die Rückeroberung würde Druck von Charkiw nehmen.
Eine Finte wäre deshalb so interessant, weil die russischen Streitkräfte die 49. russische Armee bei Kherson, aufgrund der Handlungen und Äußerungen der Ukrainer, in den letzten Monaten verstärkt haben. Man erwartet schließlich einen ukrainischen Angriff.
Für die Russen ist das nun ein dreifaches Problem. Andere Abschnitte wurden durch die Herausnahme von Einheiten aus der Front (wie bei Izyum) geschwächt. Zudem wurde dadurch der Nachschubbedarf erhöht. Durch den Beschuss von Brücken mit HIMARS kann dieser nicht gedeckt werden.
Letztens: Der Ausfall der Brücken über den Dnieper bedeutet, dass der Rückzugsweg der russischen Verbände eingeschränkt ist. Mehr noch, die Russen müssten bei einem Zurückweichen schweres Gerät aufgeben. Kürzlich herangeführte Einheiten sitzen nun sprichwörtlich in der Falle.
Die Ukrainer können also davon ausgehen, dass die ihnen gegenüberstehenden russischen Einheiten "geparkt" sind. Sie stellen weder eine Offensivbedrohung dar (z. B. Probleme beim Nachschub), noch könnten sie bei Angriffen an anderer Stelle effektiv zu den Brennpunkten verlegen.
Trotz allem ist es am wahrscheinlichsten, dass das Operationsziel einer ukr. Offensive, das wichtige Kherson bzw. eine vollständige Rückeroberung des westlich des Dnieper gelegenen Gebiets ist. Denn die oben genannten Faktoren können sich ändern. Die Chancen lieber jetzt nutzen.
Denn Kherson war die erste wichtige Stadt, die die Russen zu Beginn ihrer Invasion besetzten. Anfang März brachten sie die Stadt unter ihrer Kontrolle. Wer sich zurückerinnert, der weiß vielleicht noch, welcher große Stein der Führung in Moskau von den Schultern gefallen ist.
Endlich gab es einen nennenswerten Erfolg für die russischen Streitkräfte, die an allen Frontabschnitten deutlich hinter ihren Planungen zurückblieben. Der enttäuschende Kriegsverlauf nagte damals am Selbstverständnis der russischen Militärs. So wie heute eigentlich auch.
Denn der Durchbruch gelang nicht, weil die Ukrainer den Vorstoß auf #Mykolajiw stoppten. Dadurch verhinderten sie eine Anlandung bei Odesa. Nur deshalb können sie nun zum Gegenschlag ausholen. Es wäre ein großer moralischer Sieg für die Ukraine, wenn sie #Kherson zurückerobern.
Und danach sieht es immer mehr aus. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass die Russen Kherson in der mittleren Frist werden halten können. Ihre Artillerie-Stellung im Osten der Stadt ist nicht gut positioniert, um die Verteidiger im Westen zu unterstützen. Zudem ist sie ungenau.
Jetzt ist es allerdings zu spät, um neue Stellungen im Westen der Stadt zu beziehen. Die Ukrainer sind schon zu dicht dran, so dass eine Verlegung für die treffsichere ukrainische Artillerie wie Tontauben schießen wäre. Denn das Gelände ist sehr flach u. daher leicht aufzuklären.
Schlimmer noch für die Russen: HIMARS sind an dieser Stelle zum absoluten Game Changer geworden. Der westlich gelegene Flughafen Tschornobajewka war bereits häufiges Ziel erfolgreicher ukr. Angriffe. Die Lösung der Russen: Es wurden S-400 Luftverteidigungssysteme bereitgestellt.
Anders als vom Hersteller versprochen, erwiesen sich die S-400 bei einem Angriff mit HIMARS-Raketen als unbrauchbar. Die anfliegenden Raketen wurden nicht abgefangen und zerstörten ein Munitionslager, das sich in der Nähe eines Kommandoposten auf dem Flughafengelände befand.
Bei dem verheerenden Angriff verloren d. Russen 3 höherrangige sowie 9 nachrangige Kommandeure. Putin soll außer sich vor Wut gewesen sein. Neben mehreren Militärs soll auch Yan Novikov, der Generaldirektor des Rüstungsunternehmens, das die S-400 herstellt, entlassen worden sein.
Im Westen der Stadt sind die Russen also "pinned". Und sonst? Dann gibt es die Brücken! Jede ist unpassierbar. Also muss Nachschub entweder eingeflogen werden oder über Wasser erfolgen. Bilder zeigen, dass die Russen versuchen, Pontonkähne zu verstecken.
dailymail.co.uk/news/article-1…
Aber vor allem wegen der Anwohner, ist dieses Vorhaben aussichtslos. Beobachtungen werden sofort weitergegeben. Jede Überfahrt wird zum Risiko für die Russen. Und die Lasten sind zu gering, als dass sie den Bedarf decken könnten. Und dann gibt es da noch ein weiteres Problem:
Kherson hat DIE tödlichste und pausenloseste Partisanenaktivität seit dem Widerstand von Irakern ab 2003 gegen d. US-Truppen. Sie sind sehr mutig, extrem aktiv u. es gibt verdammt viele von ihnen. Sie haben zwei, von Russland eingesetzte Bürgermeister, mit Autobomben angegriffen.
Sie haben am helllichten Tag einen ganzen Zug russischer Soldaten vor einem Café getötet, sie verjagten die Rosvgardia aus der Stadt und jetzt gerade greifen sie die von Russland installierte Polizei an und verwickeln die Russen in dutzende verwirrende Feuergefechte.
Das alles passiert genau in diesem Moment. Parallel suchen die Ukrainer die Stadt nach Munitions-, Treibstoff- und anderen Logistikdepots ab, um sie mit GMLRS zu zerstören. Die bisherige Woche war eine außerordentlich schlechte Woche für die Russen in Kherson.
Auf mich wirken daher die Bestrebungen, schnell ein fingiertes Referendum über die Gründung einer "Volksrepublik" durchzuführen, völlig hilflos. Ihre Herrschaft über die Stadt ist begrenzt. Daran ändert der Terror auch nichts, der von den Russen an der Bevölkerung verübt wird.
Trotz allem gibt es auch Risiken für die ukr. Angreifer. Jeder Vorstoß in die Stadt beinhaltet das Überqueren von VIEL Gelände, welches überwiegend flach ist. Auf der Krim wurden in der Zwischenzeit vermutlich viele MLRS stationiert, die eine Gefahr für den Vormarsch darstellen.
RUS-MLRS sind die schlechtesten der Welt, weil sie völlig ungenau sind. Die Russen werden trotzdem die Stadt bombardieren, sobald die Ukrainer beginnen, Straßenblöcke zurückzuerobern. Es wird ihnen vielleicht nicht einmal wichtig sein, ob sie dabei eigene Soldaten töten.
Das haben wir bei der rücksichtslosen Bombardierung von Sewerodonezk gesehen. Kein Stein steht mehr auf dem anderen. Es ist den Russen schlicht egal. Darauf muss sich die UA einstellen u. eine Gegenmaßnahme finden. Am besten in Form v. reichweitengesteigerter Artillerie-Munition.
Ich hoffe auf das Beste. Die Chancen stehen gut. Vor allem, wenn wir im Westen, diese so tapfer kämpfenden Ukrainer weiter unterstützen. ✊#SlavaUkraine
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