Kennt ihr das: Ihr seid bei Freunden oder Bekannten, die gerade offensichtliche Fehler bei der Erziehung ihrer Kinder machen und ihr habt das Bedürfnis, das zu kommentieren oder ihnen einen Tipp zu geben? Dann habe ich einen Thread für euch.
Vorweg eine Art Definition von "Erziehungsfehlern" in diesem Kontext: Damit meine ich Verhaltensweisen, die eurer Meinung nach kontraproduktiv für die Erziehung der Kinder sind. Ich meine damit nicht offensichtliche Verstöße gegen die Rechte, Würde oder Versehrtheit der Kinder.
Vorweg auch ein Disclaimer: das hier versteht sich natürlich als persönliche Einschätzung, die ich zwar meiner Erfahrung nach mit einigen Eltern teile, zu der es aber natürlich auch genügend andere Einschätzungen gibt.
Ein Beispiel: ein Freund möchte, dass sein Kind etwas Bestimmtes macht, z. B. aufräumen & kündigt an "Wenn du dein Zimmer aufräumst, darfst du heute Abend fernsehen." Das Kind räumt nicht auf, darf am Ende aber trotzdem fernsehen. Das Szenario wiederholt sich laufend.
Ihr findet das inkonsequent und denkt, dass es besser wäre, wenn man entweder konsequenterweise kein Fernsehen erlauben würde oder aber gar nicht erst zu solchen WENN...DANN Regeln greifen sollte. Wie teilt man das jetzt mit, ohne den Eltern dabei auf die Füße zu treten?
Meine Antwort lautet (in eigentlich allen Fällen): gar nicht! Es ist schlicht nicht eure Aufgabe und ihr überschätzt unter Umständen eure Kompetenz, die Lage zu bewerten.
Die Erziehung der Kinder ist für viele Eltern eine sehr persönliche und intime Angelegenheit. Das heißt nicht, dass eure Meinung allgemein nicht gefragt ist. Es ist so wie mit anderen intimen Angelegenheiten: sie ist dann gefragt, wenn ihr danach gefragt werdet. #simples
Egal wie gut gemeint oder auch inhaltlich richtig Kommentare zu Fehlern bei der Erziehung anderer erscheinen mögen: sie sind in der Regel übergriffig oder tendieren dazu.
Sie sind übergriffig, wenn sie bestimmte persönliche Überzeugungen und Prinzipien der Erziehung infrage stellen, die Außenstehenden vollkommen absurd erscheinen. Sie sind übergriffig, wenn sie an einen Idealismus appellieren, den sich Eltern unter Umständen nicht leisten können.
Ich beobachte bei mir & anderen Eltern eine gewisse Fragilität des Selbstbewusstseins, das sich aus dem Spannungsbogen zwischen Idealismus (Ansprüche an eigene Erziehungsmaßnahmen) & Pragmatismus (die laufende Erfordernis richtige Entscheidungen für andere zu treffen) speist.
Tatsächlich glaube ich, dass viele Eltern die größten Kritiker*innen ihrer selbst sind. Da sie aber zudem permanent in einer Situation stecken, die es erfordert Entscheidungen zu treffen, müssen sie gleichzeitig überzeugt von ihrem Handeln sein. Schizophrenie als Grundanforderung
Eltern wissen z. B. unter Umständen dass ein bestimmtes Verhalten langfristig kontraproduktiv ist, müssen aber kurzfristig reagieren und dabei auch andere Faktoren und Interessen als die Erziehungsideale berücksichtigen.
Auch wenn sich meiner Erfahrung nach die Kommentare von Menschen, die keine Kinder erziehen, häufig stärker zu Kommentaren von Menschen mit Kindern unterscheidet: unerwünscht sind sie ungefragterweise gleichermaßen. Häufiger kommen sie meiner Erfahrung nach von anderen Eltern.
Gerade in Elternkreisen habe ich häufig Gespräche über die Erziehung anderer Eltern mitbekommen. Die Motivation ist hier meiner Meinung die eigene Unsicherheit und das Bedürfnis nach Bestätigung. Kann man nachvollziehen, ist dadurch aber nicht minder übergriffig.
Ich persönlich habe mich zuweilen in Situationen befunden, in denen sich in mir alles zusammengezogen hat, aber am Ende sind es intime Situationen, die - weil es nun mal Kinder sind - unfreiwillig in meinem Beisein stattfinden - keine Aufforderung zum Kommentar.
Um einen Bogen zur Definition von "Erziehungsfehlern" zu schlagen: natürlich gibt es Fälle, bei denen die Abgrenzung nicht ganz so einfach ist. Hier würde ich als potenziell Betroffener empfehlen, im Zweifelsfall nicht zu kommentieren, sondern (wenn überhaupt) Fragen zu stellen.
Setzt voraus, dass die Frage tatsächlich auf Interesse fußt & man sich bewusst ist, dass hier möglicherweise eine Grenze überschritten wird. Ich finde, dass man sich über fast alles unterhalten kann - aber nicht grundsätzlich. Die Entscheidung liegt letztlich bei den Betroffenen.
Und ja: heute war mal wieder so ein Tag, an dem mir das passiert ist. Ich finde es schade, wenn Leute nicht verstehen, wenn sie etwas nichts angeht.
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. Ich lese gerade dt Curricula des GU, die ja einen guten Blick darauf geben, was es da so für Zielvorstellungen gibt. Hierzu mein Thread.
Vorweg einen kurzen Verweis auf einen Text von Andreas Körber, der mich überhaupt dazu gebracht hat mir die Curricula anzuschauen: pedocs.de/volltexte/2012…. Hier schaut er sich die Curricula von Hamburg und Niedersachsen an.
Ein kleiner Thread zu E-Mail Signaturen als Tool des #changemanagement s👇TL;DR: Wenn eine Einrichtung es nicht schafft eine E-Mail-Signatur zu entwickeln, die für alle funktioniert & auch von allen verwendet wird, kann sie auch ihr Leitbild in Ablage P legen.
E-Mail Signaturen sind auf dem ersten Blick furchtbar langweilig. Die wenigsten werden sagen, dass sie unwichtig sind, aber wenn man anfängt mit Leuten darüber zu reden, spricht man auch schnell über die ganzen anderen & wichtigeren Sachen, die noch erledigt werden müssen.
Die Entwicklung von E-Mail Signaturen eignet sich gut im Kontext allgemeiner Veränderungsprozessen - nicht als Visitenkarte, sondern als Metapher für die Ordnung, in der wir gemeinsam arbeiten (wollen) und als Reizthema in Umgebungen, in denen keine klaren Strukturen herrschen.
Nun ist ja bald/bereits Schulanfang & ich lese Texte, die aufrechnen wie viele Monate die Kinder lerntechnisch bereits hinterherhinken. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir aufhören über "die Kinder" zu sprechen und mal die Diversität der Betroffenen in den Blick nehmen. 1/x
Von der aktuellen Lage sind nicht "die Kinder" betroffen, sondern bestimmte Kinder, die unter aktuellen Bedingungen ERHEBLICH schlechter lernen können als andere: Kinder aus Familien, bei denen die Eltern lerntechnisch nicht unterstützen können und Kinder ohne Hardware für HS 2/x
Das sind in der Regel diejenigen, die ohnehin schon erhöhten Förderbedarf haben. Wenn die jetzt nicht gesondert behandelt werden, wird die Leistungsschere noch größer, also sie ohnehin bereits ist. 3/x
Der Artikel ist von Elisabeth Heinemann und @janinefunke und wirft einen sehr optimistischen Blick auf die Erfahrungen mit Corona, denn im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die Unis die Digiralisierung der Lehre gewuppt haben.
Der Artikel attestiert der klassischen Hochschullehre bereits vor #COVID19 ein Auslaufmodell gewesen zu sein, wobei sich das im Artikel mE vor allem auf rein oder vornehmlich einseitige Formate bezieht.
Habe in den letzten Wochen mit Lehrenden und Personen aus dem Wissenschaftsmanagement unterschiedlicher Unis über ein weiteres #Onlinesemester gesprochen. Kein repräsentative Umfrage, aber ein paar sehr einhellige Meinungen. Thread 👇
Erstmal die schlechten Nachrichten: das #Onlinesemester hat Kapazitäten gefressen - bei Lehrenden, Studierenden und im Management. Ist für mich schwer zu sagen, wer krasser betroffen war - wir wurden unterschiedlich getroffen. Meine Tendenz ist: die Studis traf es am Heftigsten.
Das liegt vor allem an der wirtschaftlichen Lage. Für viele Studierende die jobben ist von einem Tag auf den anderen ohne Aussicht auf Perspektive die Finanzierung weggefallen. Hinzu kommt, dass Kurse teilweise stark unterschiedlich aufgebaut wurden. Flexibilität an allen Enden.
Nochmal als Überlegung aus meinem gestrigen Thread: was wäre, wenn die Produktion von Frontalkursen massiv ausgebaut würde. Gäbe es Bestrebungen weniger Dozent*innen zu beschäftigen? Bestimmt. Aber es wäre grundfalsch. Was sich ändert, ist das Tätigkeitsprofil nicht die workload.
Folgendes Szenario: Das Land Niedersachsen entschließt sich an allen Universitäten Online-BWL-Kurse anzubieten. Der Kurs "Mikroökonomik I" wird 15x produziert. Nun kommt das Bildungsministerium auf die Idee, dass hier vieles doppelt ist und 5 Produktionen auch genügen.
Wenn man die Umsetzung mal außen vor lässt, stellt sich die Frage, wie man sinnvoll mit der Frage der Redundanz umgeht - denn auch wenn sich die Kurse in Duktus und Inhalt unterscheiden gibt es natürlich Redundanz.