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+++TRIGGERWARNUNG SEXUELLER CONTENT +++
Am Montag hat eine antifaschistische Gruppe aus #Chemnitz zwei Texte veröffentlicht. In Ihnen melden sich Betroffene von sexualisierten Übergriffen und Belästigungen zu Wort. [1/33]
Mit diesen Texten wollen die beiden Frauen ihre Erlebnisse aufarbeiten und auch anderen Betroffenen das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind. Den Betroffenen soll eine Plattform gegeben werden, wo jede*r individuell seine Geschichte erzählen kann.
Ein Thread. [2/33]
Es ist unfassbar, dass ich mich nicht traue, diesen Text zu schreiben. Es ist unfassbar, dass ich das Gefühl habe, „dass es doch nicht so schlimm sei“ was da passiert ist. Ich habe das Gefühl, dass vielen Frauen viel schlimmere Dinge passiert sind. [3/33]
Es ist unfassbar, dass ich mich nicht traue, diesen Text zu schreiben. Es ist unfassbar, dass ich das Gefühl habe, „dass es doch nicht so schlimm sei“ was da passiert ist. Ich habe das Gefühl, dass vielen Frauen viel schlimmere Dinge passiert sind. [4/33]
Es ist mir unbegreiflich, dass ich immernoch von mir verlange, „dass ich mich nicht so haben muss“. Und ich habe das Gefühl, dass es vielen Frauen so geht. Ein bisschen den Arm streicheln, obwohl man den Arm wegzieht. Die Hand nehmen, obwohl man sie dir nie gegeben habe. [5/33]
Immer näher an einen heranrücken, bis man an der letzten Ecke des Bettes sitzt. Es ist unangenehm, es ist beängstigend und vor allem ist es schrecklich, weil man mit dieser Person eigentlich gut befreundet ist. Doch häufig wird genau das uns so vermittelt, [6/33]
als wäre das nichts. Als wäre das, das normalste der Welt. Woher nimmst du dir das Recht raus, meinen Körper anzufassen, wenn ich das nicht möchte? Viel zu viel Zeit habe ich damit verschwendet mir Vorwürfe zu machen, dass ich daran die Schuld trage. [7/33]
Doch damit ist jetzt Schluss. Hier und jetzt ziehe ich meinen Schlussstrich. Ich habe mich von dir bedrängt gefühlt. Ich habe dir auch oft versucht zu zeigen, dass ich das nicht möchte.
Wir waren Freunde. Du warst für mich da und ich dachte, dass es wohl so ist. [8/33]
Du unterstützt mich, also sollte ich mich nicht so anstellen wenn du mich in den Arm nimmst, wenn du mich festhältst und zurück ins Bett ziehst, obwohl ich am liebsten nach Hause gegangen wäre. Wenn du draußen auf der Straße in meine Jackentasche greifst [9/33]
um meine Hand zu nehmen. Ich wollte das alles nicht. Ich habe es nicht geschafft, dir das ins Gesicht zu sagen.
Ich wollte nicht, dass du meine Hand nimmst. Ich wollte nicht, dass du mich auf die Art und Weise anschaust. [10/33]
Ich wollte nicht, dass du versuchst, mit mir mehr anzufangen obwohl ich dir gesagt habe, dass ich das nicht kann! Deine ständigen Versuche, Körperkontakt mit mir zu haben, haben mich verängstigt. Es macht mich fertig, wenn ich heute noch darüber nachdenke. [11/33]
Das alles ist jetzt schon über ein Jahr her. Ein Jahr, indem ich dich noch häufig gesehen habe und getan habe, als wäre nichts gewesen. Ich habe es geschafft, mit FreundInnen darüber zu reden doch ich habe das Gefühl, dass es nicht bei dir angekommen ist. [12/33]
Ich habe erfahren, dass du hinter unserem Rücken erzählst, dass wir lügen, dass das alles so nicht stattgefunden hat. Deine Freunde glauben Dir natürlich. Niemand hat sich dafür interessiert, wie ich mich dabei gefühlt habe. [13/33]
Vor ein paar Wochen habe ich davon geträumt, dass du versuchst, dich wieder an mich heranzumachen. Und das alles noch ein Jahr danach. Ich habe mir selbst immer die Schuld gegeben. Aber diese Schuld nehme ich nicht mehr auf mich. [14/33]
Ich bin das Opfer, du warst der Täter. ch dafür interessiert, wie ich mich dabei gefühlt habe.
Vor ein paar Wochen habe ich davon geträumt, dass du versuchst, dich wieder an mich heranzumachen. Und das alles noch ein Jahr danach. [15/33]
Ich habe mir selbst immer die Schuld gegeben. Aber diese Schuld nehme ich nicht mehr auf mich.

Ich bin das Opfer, du warst der Täter.
[16/33]
Text 2:

Ich weiß nicht, wie ich diesen Text beginnen soll, nur das ich ihn schreiben muss. Er hätte schon viel eher geschrieben werden sollen. Du scheinst zu glauben, dass wir weiterhin schweigen werden, [17/33]
dass wir uns alles gefallen lassen, was du und deine Genossen uns zu dem Thema sagen. Ich würde dir gern alles, was jetzt kommt, ins Gesicht schreien, aber das kann ich einfach nicht und dafür hasse ich mich. Auch der Tag wird kommen, keine Sorge. [18/33]
Ich lasse dich nicht vergessen, was du uns getan hast. Ich werde meine Geschichte erzählen. Ich weiß aber auch, dass ich nicht die Einzige bin, die solche Erfahrungen mit dir gemacht hat.

Das Schlimmste ist, dass ich dachte, du wärst ein guter Freund. [19/33]
Aus irgendeinem Grund mochte ich dich echt und wollte, dass du mich auch magst. Genau deshalb fiel es mir lange so schwer, die Worte für das zu finden, was du bist und was du getan hast. Ich habe lange gedacht, dass ich dir wehgetan habe, [20/33]
dass ich die Täterin bin und du mein Opfer. Das hast du mich glauben lassen. Ich weiß jetzt, wie manipulativ du bist, wie gut du darin bist, dich selbst als armes, bemittleidenswertes Opfer darzustellen. Das bist du nicht. Was du getan hast, ist falsch.[21/33]
Das machen Freunde nicht. Freunde küssen eine betrunkene Freundin nicht, weil sie genau wissen, dass sie genug getrunken hat, um sich nicht mehr wehren zu können, oder?
Freunde machen nicht einfach weiter, auch wenn die Freundin sagt, [22/33]
dass es keine gute Idee ist und sie das nicht möchte, oder? Freunde fassen einer Freundin nicht unters Shirt, obwohl sie deine Hand schon fünf mal davor weggeschoben hat, oder? [23/33]
Freunde reiben nicht ihren errigierten Penis an einer Freundin, obwohl sie dich mit der Hand wegdrückt, oder? Du hast es immer wieder versucht, obwohl klar erkennbar war, dass es gegen meinen Willen war. Ich habe gedacht, du wärst ein Freund. [24/33]
Das hast du ausgenutzt. Du hast nicht das Recht, mich so zu behandeln. Ich habe nur langsam den Mut gefunden, mit meinen Freunden darüber zu reden. Einige von ihnen haben dich aus Wut und Fassungslosigkeit deswegen fertig gemacht. [25/33]
Du bist dann noch einmal bei mir aufgetaucht, um dich als demütiges Opfer zu präsentieren. Damals habe ich mich weggeduckt, irgendwas gesagt, dass du mich in Ruhe lässt. Ich habe lange vorgespielt, dass alles okay sei. Nichts ist okay. [26/33]
Ich war noch nicht bereit, dich mit dem Thema zu konfrontieren. Ich habe die Sache lange klein gemacht, weil ich nicht bereit war, mich dem Ganzen zu stellen, einzusehen, dass ich das Opfer bin, das mir Unrecht getan wurde. [27/33]
Ich weiß, dass ich Freunde habe, die mich jetzt nicht allein lassen, die hinter mir stehen und mich verteidigen, was ein Privileg ist, das mir Kraft gibt. Das alles zu verstehen hat Zeit gebraucht. [28/33]
Du hast diese Zeit genutzt, um deinen Genossen zu erzählen, wir würden uns Lügengeschichten ausdenken und das man uns nicht glauben soll. Genau deswegen ist dieser Text entstanden. Das haben wir natürlich mitbekommen. [29/33]
Du stellst uns als Lügnerinnen dar, als würden wir uns diese Geschichte nur ausdenken, um dir eins auszuwischen. Selbsternannte Feministen heißen dich immernoch in ihrer Mitte willkommen und entschuldigen deine Tat, [30/33]
verteidigen dich, weil du ihnen erzählst, dass alles geklärt wäre. Sie sind auch Teil des Problems. Nichts ist geklärt. Ihr müsst uns nicht glauben. Das ändert aber nichts an der Realität.

Du hast dich nie entschuldigt, nicht das das irgendetwas besser machen würde. [31/33]
Ich glaube manchmal, du erkennst nicht mal, was für Schmerz du verursacht hast. Du denkst, wir werden nach allem, was wir uns von dir gefallen lassen müssen, weiter schweigen? Wir werden umso lauter sein. [32/33]
Ich hatte immer das Gefühl, dass ich jetzt nicht mehr das Recht habe, etwas zu sagen. Jetzt weiß ich, dass ich genau das tun muss, damit es endlich aufhört. Du hast mich sexuell belästigt, aber ich bin nicht länger dein Opfer. [33/33]
Ich möchte den Betroffenen an dieser Stelle den größten Respekt ausdrücken. So etwas zu schreiben erfordert größte Mühe und Kraft.
Bleibt alle wachsam und vorsichtig im Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt. So etwas darf nie unbeantwortet bleiben.
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