My Authors
Read all threads
YouTuber Simon Ruane aka. „OPEN MIND“ sagt, er hätte die rechte „Charta 2017“ auch "ohne weiteres unterzeichnet"

Er bezeichnet Kritiker*innen als “Twitter-Gestapo”, sieht bei Ken Jebsen keinen Antisemitismus und versucht sich an einer Entlastung des rechten Autors Maaz. [1]
Bezugnehmend auf die Diskussionen um die Youtuber*innen Luna Darko und Ardy, die über ihre Kanäle rechte und verschwörungsideolog. Inhalte verbreitet hatten, stellt sich Ruane hinter die Verbreitung dieser Hinhalte und sieht sie nicht problematisch. Eine Analyse seines Videos:
Jebsens antisemitisches Video „Zionistischer Rassismus“ erwähnt Ruane in seinem Video erst gar nicht. Stattdessen erklärt er, bei Jebsen keinen Antisemitismus zu erkennen. Er halte ihn zwar wegen einiger Ansichten für problematisch, schaue sich aber auch Videos von ihm [2]
In einem Twitch-Stream stellt Ruane die Echtheit der antisemitischen von Jebsen an Broder gesandten E-Mail (2011) infrage, obwohl Jebsen seine Urheberschaft an der E-Mail nie bestritt und dem Senderchef von Fritz nicht widersprach, als dieser die E-Mail als echt bestätigte. [3]
Die von der Pegida-nahen, überzeugten AfD-Anhängerin Susanne Dagen [4] initiierte „Charta2017“ hätte Simon Ruane nach eigenen Angaben „ohne weiteres Unterschrieben“, weil nach seiner Auffassung auch Rechte ihre „Meinung“ frei äußern können sollten (5:15).
Die „Charta2017“ richtete sich gegen die Proteste von Linken, die gegen den Auftritt des Rechtsextremen Antaios-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse protestierten.
de.wikipedia.org/wiki/Verlag_An…
Die Bücherverbrennungen der Nazis 1933 bezeichnet Ruane in seinem Video als „Sachbeschädigungen von Büchern“ und stellt diese „Sachbeschädigungen von linker Seite“ auf der Buchmesse gegenüber und meint, in dieser Gegenüberstellung eine Ironie zu erkennen.
Das von Maaz genutzte rassistische Narrativ, Geflüchtete würden Terror und Kriminalität nach Deutschland bringen, entlastet Simon Ruane mit folgender Strategie: Er betrachtet die Aussage ohne jeden politischen Kontext und ohne Einordnung in rechte Kommunikationsstrategien.
Demnach sei es laut Ruane ja zutreffend, dass mehr Zuwanderung auch mehr Kriminalität nach Deutschland brächte, weil mehr Menschen ja auch mehr Kriminalität bedeuteten. Eine Unterscheidung zwischen relativen und absoluten Zahlen macht Ruane dabei nicht.
Doch er geht noch weiter. Denn die Kriminalität, die durch rechte Übergriffe in Deutschland steige nach seiner Auffassung auch durch die Zuwanderung. Daher ist es für ihn auch richtig zu sagen, dass mit Geflüchteten Kriminalität und Terror nach Deutschland „eingelassen“ würden.
Diese Auffassung vertrat er auch schon in Diskussionen auf Twitter. Damit folgt er der Strategie der AfD, rechten Terror mittels Schuldumkehr nicht als rassistische Verbrechen zu bezeichnen, sondern diese als direkte und logische Folge der Migrationspolitik zu verharmlosen.
Ruane sieht Maaz Aussagen über Geflüchtete als trivial richtig. AfD-Politiker*innen, die Berichte von Straftaten ausschließlich von Geflüchteten oder BPoC verbreiten, sind nach dieser Auffassung auch nicht rassistisch, sofern es sich um wahre Tatsachenbehauptungen handelt.
Die Funktionen von Doppelstandards, Auslassungen und Mimikry in den Kommunikationsstrategien der sog. Neuen Rechten spielen in Ruanes „Analyse“ überhaupt keine Rolle. Weil er sie nicht kennt, oder weil er sie mit wenig Erfolg überspielen möchte.

schmetterlingssammlung.net/2013/04/16/kom…
Eine sachgerechte Analyse, die politischen Kontext und rhetorische Technik berücksichtigt, hätte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass Maaz dort von „einlassen“ spricht. Denn etwas das man einlässt, ist dem Sinn des Wortes nach noch nicht drinnen.
Auch hier bedient Maaz das rechtsradikale Narrativ von der gesunden Nation, die durch eine Gefahr (Geflüchtete) bedroht ist, die von außen in die Nation eindringen könnte. Die gleiche Kommunikationsstrategie verwenden Nazis bspw. auch bzgl. Antisemitismus.
Die Strategien der sog. Neuen Rechten sind bereits seit den 60er-Jahren bekannt und werden von diesen öffentlich propagiert und angewendet. Ruanes erwachsene Lebenszeit erstreckt sich über den vollen Erfolgszeitraum der AfD. Wie hat er es geschafft, das nicht mitzubekommen?
Ob Ruane rechte Ideolog*innen aus politischer Überzeugung oder aufgrund fehlender politischer Bildung verharmlost, bleibt zunächst unklar. Einen weiteren Entlastungsversuch unternimmt Ruane bezüglich Maaz antimuslimischer Narrative.
Er erzählt eine Geschichte von seiner Cousine, die mit einem „Flüchtling“ zusammen sei. Dieser hätte berichtet, dass auf dem Boot mit dem er flüchtete, „mehrere Personen mit radikalen Ansichten“ gewesen sein, „welche mit unseren westlichen Werten nicht gut zusammenspielen“.
Welche Ansichten das gewesen seien, wie viele Personen das waren, und wie repräsentativ diese Geschichte ist, sofern sie zutrifft, erfahren wir von Ruane nicht. Eine Unterscheidung zwischen Kritik am Islam und Maaz antimuslimischem Rassismus finden wir auch nicht.
Stattdessen sagt er: „Ich hasse eigentlich anekdotische Evidenz, aber das reicht schon, um zu zeigen, dass es nicht rechtsradikal ist, zu behaupten, dass es da zu Konflikten kommen könnte.“
Da in den Diskussionen um Maaz niemand behauptet hat, dass die Aussage rechtsradikal sei, dass es beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Gewohnheiten, Religionen oder Wertemodellen zu Konflikten kommen könnte, können wir das als Strohmannargumentation erkennen und abhaken.
Die Aussage von Maaz, dass „viele Migranten keine […] Schutzsuchenden sind“ formuliert Ruane in „nicht alle Migranten sind Schutzsuchende“ um, obwohl er den Originaltext gleichzeitig zeigt und obwohl das den logischen Sinn des Zitats signifikant verändert.
Was folgt, ist das bereits genutzte Entlastungsschema. Auch hier kein politischer Kontext, auch hier wird wieder ein bisschen umgedichtet. Er ignoriert, dass Maaz den Begriff „Migranten“ in diesem Satz synonym für „Flüchtlinge“ verwendet.
Und er erwähnt auch nicht, dass es bei diesem rechten Narrativ darum geht, Geflüchteten pauschal anzuhängen, dass ein großer Teil von ihnen kein Recht auf Asyl habe und es entsprechend gerechtfertigt oder gar notwendig sei, Schengen zu verletzen und die Grenzen zu schließen.
Statt einer sachgerechten Analyse folgt ein Telefonat mit seinem Vater, mit dem er nachweisen will, dass es ja auch Migranten gebe, die nicht als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen sind und wir können das nächste Strohmannargument abhaken.
Simon Ruane legt seiner gesamten Argumentation zugrunde, dass an Radikalität nicht die spezifisch radikal vertretene Ideologie das Problem sei. Er spricht fast durchgängig nur vor „angeblich radikalen“ Ansichten Maazs.
Eine kritische Auseinandersetzung mit der überholten Extremismustheorie hat bei Ruane offensichtlich noch nicht stattgefunden.

Wer das tun möchte:
Politische Positionen werden durch die Radikalität ihres Inhalts weder richtig noch falsch, sondern durch ihren Inhalt selbst
So ist Rassismus nicht legitim, sobald er gemäßigt codiert statt radikal daher kommt, sondern in jeder Ausprägung. Und die radikal humanist. Forderung, Menschen nicht mit dem Tode zu bestrafen, ist nicht richtig, weil sie radikal ist, sondern weil sie ethisch gut begründet ist.
Auch die radikale Ignoranz politischer Tatsachen und die radikale Vermeidung politischer Bildung ist nicht aufgrund ihrer Radikalität das Problem Simon Ruanes, sondern aufgrund ihres grundsätzlichen Vorhandenseins.
Die Kritik Ruanes an einzelnen falschen Aussagen und oberflächlicher Recherche zum Videobeitrag von @LeFloid zu Luna Darko ist teilweise begründet. Falsch ist hier aber Ruanes Behauptung, Luna Darko hätte nur ein Video von Jebsen geteilt. Es waren drei.
Allgemein unterstellt er, wie zuvor auch schon Luna Darko und Ardy seinen Follower*innen hinreichend Kompetenz, Maaz Aussagen einzuordnen. Den besten Gegenbeweis zu dieser Unterstellung liefert er mit seinem Video selbst.
Antifaschistischen Kritiker*innen unterstellt Simon Ruane abschließend „Mistgabel und Fackelmentalität“ und bezeichnet sie als „Deutsche Twitter-Gestapo“. Menschen, die sich kritisch zur Verbreitung rechter Inhalte äußern, sieht Ruane auf einer Ebene mit NS-Verbrecher*innen.
Simon Ruane leidet an einer deutlich erkennbaren Selbstüberschätzung seines politischen Wissens und an den üblichen unerkannten politischen Problemen einer radikal liberalen Einstellung. Irgendwo zwischen Dunning-Kruger-Effekt und nicht verstandenem Toleranzparadox.
Rassistische und Nationalistische Narrative werden von ihm nicht als solche erkannt. Was Ruane liest, hat für ihn die Form einer legitimen Meinung, die zum gesellschaftlichen Diskurs zuzulassen und legitim zu verbreiten ist.
Dieser Fall ist, wie zuvor schon bei Luna und Ardy, ein gutes Beispiel dafür, dass auch jene als Unterstützer*innen rechter Ideologie fungieren können, die sich als links verstehen. Besonders gefährlich ist die Kombination aus Liberalismus und fehlendem politischem Sachverstand.
Lieber Simon, Rassismus und Antisemitismus sind auch dann keine Meinungen sondern Verbrechen, wenn jemand politisch nicht informiert und analytisch fit genug ist, um ihre Erscheinungsformen fachgerecht zu identifizieren und von Meinungen zu unterscheiden.
Zu politischer Meinungsbildung gehört auch politische Bildung. Und wenn man eine größere Reichweite hat, trägt man umso größere Verantwortung dafür, sich zu politisch zu bilden. Das haben selbst Luna und Ardy jetzt (hoffentlich auch nachhaltig) verstanden.
Transparenztweet: Simon war bei mir übrigens schon vor seinem Video geblockt, weil ich ihm meine bescheidene Reichweite nicht für die Entlastungsversuche von Rassist*innen und Antisemit*innen zur Verfügung stelle. Er hat genug eigene Plattform für diesen Müll.
Wenn ich den Eindruck gewinne, dass er bereit ist, seine Wissenslücken zu rechter Ideologie und Strategie mit Bildung zu füllen, entblocke ich ihn vielleicht wieder und diskutiere mit ihm. Bis dahin ist das hier vor allem für seine Follower*innen.
Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh.

Enjoying this thread?

Keep Current with 4lert4

Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

Twitter may remove this content at anytime, convert it as a PDF, save and print for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video

1) Follow Thread Reader App on Twitter so you can easily mention us!

2) Go to a Twitter thread (series of Tweets by the same owner) and mention us with a keyword "unroll" @threadreaderapp unroll

You can practice here first or read more on our help page!

Follow Us on Twitter!

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3.00/month or $30.00/year) and get exclusive features!

Become Premium

Too expensive? Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal Become our Patreon

Thank you for your support!