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#onkonurse #onkology #onkologie

Ein Frühdienst in der Pädonko

6 Uhr beginnt der Dienst mit der Übergabe. Die Station hat 21 Betten, die alle belegt sind. Fünf Kinder sollen heute zur Aufnahme kommen, fünf müssen daher entlassen werden. Uns allen ist klar, dass das nicht
reibungslos klappen wird aber es geht nicht anders. Wir sind zu dritt. Zwei weitere Kolleginnen kommen um 7 Uhr.

6:30 machen wir zu dritt die Blutabnahmen für rund 15 Kinder aus Hickis oder Braunülen, bei schlafenden Kindern möglichst ohne sie zu wecken.
7:00 kommen die beiden Kolleginnen und wir teilen uns ein. Eine macht Aufnahmen und wir vier versorgen die 21 Kinder.
Ich schaue mir erst Mal die Kurven der vier Kinder an die ich an diesem Morgen versorgen werde und schreibe mir für jedes Kind alles was getan werden muss auf
mein "externes Gehirn" aka meinen Spickzettel.

7:15 fange ich an bei zwei Kindern die erste Reihe Medikamente anzuhängen. Es sind viele und ich muss deshalb mehrere gleichzeitig anhängen.
Luisa ist 4 Jahre alt und hat eine schwere Sepsis im Zelltief und eine schlimme Mucositis.
Wegen der Mucositis im Mund kann sie nichts essen oder trinken. Daher wird sie komplett über die Infusion ernährt. Ein Schenkel des Hickis ist daher permanent damit blockiert. Zudem laufen dort als Dauerinfusion Morphin gegen die Schmerzen und Aterenol, weil ihr Blutdruck
schlecht ist und sie zu viel Wasser einlagert.
Sie bekommt von mir über den zweiten Hickischenkel zwei Antibiotika angehängt und ich kann erst Mal weiter.

Zu Sarah, sie ist 8 Jahre alt und liegt im sterben. Sie schläft und ihre Mutter ebenfalls. Ich lasse sie schlafen und
hänge leise eine neue Infusionsflasche an, auch wenn die jetzige noch nicht ganz leer ist. Aber so können beide noch etwas schlafen und werden nicht vom piepsen in einer halben Stunde geweckt.

Es geht weiter zu Thorben, er ist fünf und zur Chemo hier. Gegen die Übelkeit bekommt
er prophylaktisch etwas gespritzt und ebenso Lukas, der mit im Zimmer liegt. Er ist 16 und ebenfalls zur Chemo da.

Es ist kurz nach acht und ich sitze im Schwesternzimmer um bei jedem Kind eine neue Tageskurve zu schreiben. Ich trage auch gleich alles ein was ich getan habe und
streiche es von meiner Liste.
Unterbrochen werde ich dabei vom klingeln, bei Luisa sind die Antibiotika leer und ich hänge das 3. an und das Aciclovir gleich dazu.
Ich schreibe weiter und es klingelt bei Sarah. Sie hat Schmerzen und ich ziehe ihr einen Morphinbolus auf und hänge
ihn gleich an.
Dann beende ich meine Schreibarbeit und trage alles neue gleich dazu.

9:00 eine Kollegin beginnt mit der Visite, was mir Recht ist, ich habe noch einiges was ich vorher schaffen muss, wohl wissend das durch die beiden Mädels meine Visite länger dauern wird.
Ich gehe erstmal nach den Jungs schauen, Lukas hat bis gestern MTX bekommen und ist nun mit einer Spiegelkontrolle und der Gabe eines Antidots zur Chemo dran. Die Chemo muss schnell genug wieder abgebaut werden, weil sie in diesem Protokoll in einer tödlichen Dosis gegeben wird.
Ich bitte den FSJler die Betten bei den Jungs frisch zu beziehen und sie einmal durch zu messen. Ich selber werde keine Zeit dafür haben. Beim Waschen sind wird darauf angewiesen dass die Eltern das machen. Auch dafür haben wir keine zeitliche Kapazität.

9:30 gehe ich zu Luisa.
Sie ist seit gestern endlich fieberfrei, nachdem wir sie nach drei Tagen hohem Fiebers auf andere Antibiotika umgestellt haben. Das Bett wurde nachts frisch gemacht, weil Luisas Windel ausgelaufen war. Aber ich muss ihr Hickipflaster neu machen und ihre Leitungen wechseln.
Luisa kennt das alles schon und schaut weiter etwas an, während ich erst Mal das Pflaster wechsel. Zum Glück sieht da alles gut aus.
Anschließend richte ich mir alles für den Leitungswechsel zurecht, es muss schnell gehen, wegen des Aterenols. Daher ist eine gute Vorbereitung
wichtig. Habe ich erst Mal sterile Handschuhe an, kann ich mir nichts mehr aufreißen, also muss ich an alles vorher denken.
Luisa ist schlapp und hat heute keine Lust zu helfen. Sie schläft währenddessen ein. Sie hängt am Monitor und die Werte sind nicht gut, aber akzeptabel.
Ihre Bilanz war allerdings nicht so gut, weswegen ich ihr etwas zum ausscheiden gegeben hatte. Die Mutter ist besorgt und hofft daß es später besser wird.

Kurz nach 10 bin ich wieder bei Sarah. Die Schmerzen sind weg, Leitungswechsel hatte sie gestern. Werte messe ich nicht.
Das Blutdruck messen tut ihr weh und im Endeffekt wird bei einem schlechten Blutdruck nichts gemacht. Warum sie unnötig quälen. Sarah schläft wieder, die Mutter weint. Der Vater kommt in einer Stunde sie ablösen, dann geht sie nach Hause um sich um die 3 jährigen Zwillinge zu
kümmern. Ich nehme sie in den Arm, wir beide sagen nichts, ich streichle Sarahs Mutter den Rücken. Irgendwann haucht sie ein leises Danke und verschwindet im Bad.

10:40 gehe ich zur Visite. Zusammen mit Oberarzt und Stationsarzt besprechen wir wie es für alle Kinder weiter geht
Lukas MTX Spiegel war stark erhöht, was bedeutet wir drehen die Wässerung von 6,5l auf 10l in 24 Std. Lukas ist motzig deswegen, weil er jetzt noch mehr pinkeln muss. Er muss strenger bilanziert werden, bekommt mehr Antidot und zusätzliche Spiegelkontrollen.

Thorben soll noch
den Antikörper bekommen und darf dann eigentlich nach Hause. Doch das letzte Mal hat er allergisch darauf reagiert und die Eltern sind besorgt. Er bekommt vor der Gabe etwas gegen allergische Reaktionen und kommt an den Monitor. Die ersten 20 min geht alles gut, dann klingelt
Der Notalarm. Thorben bekommt schlecht Luft, ich stoppe die Infusion und gebe ihm was von den Medikamenten die ich in der Vorschleuse habe. Eine Kollegin versorgt ihn mit Sauerstoff die andere holt die Ärzte. Die Eltern haben panische Angst und wir pausieren das ganze. In einer
halben Stunde sollen wir weiter machen, diesmal langsamer. Die Eltern sind skeptisch, doch es geht alles gut.

Sarahs Mutter will von den Ärzten wissen wie lange sie noch leben wird, eine Frage die ihr keiner beantworten kann.

Für Luisas Eltern gibt es gute Nachrichten.
Die Blutwerte haben sich verbessert, die Ärzte gehen davon aus, daß es Luisa in den nächsten Tagen besser gehen wird. Bis sie wieder richtig fit ist, wird es jedoch noch 1-2 Wochen dauern.

Nach der Visite ist es kurz vor 12 und ich muss mich beeilen, weil ich die Infusionen nur
bis 12 Uhr in unserer Apotheke bestellen kann. Schnell schreibe ich die Bestellungen und Faxe sie, bevor ich irgendwas anderes mache.

Dann gehe ich die Mittagsmedikamente anhängen und Lukas noch einmal Blut abnehmen und Antidot spritzen. Seine Bilanz ist gut, immerhin.
Dann klingelt es Notalarm bei einer Kollegin. Ein Leukämiekind hat einen Krampfanfall, die Eltern sind panisch und das Kind ist komplett blau angelaufen. Schnell kümmern wir uns darum, einer holt die Ärzte, einer holt schon Mal Medikamente, einer kümmert sich um die Eltern und
eine natürlich um das Kind.
Es dauert eine Weile, aber dann ist wieder alles im Griff. Dem Kind geht es gut, die Eltern verarbeiten den Schock noch.

12:30 kommt eine schwangere Kollegin zum frühen Spätdienst und zieht Medikamente für nachts auf.
Sarahs Mutter klingelt. Sie
will Pfannkuchen für Sarah machen und fragt ob ich so lange bei ihr bleiben kann. Der Papa verspätet sich. Ich sitze mit Sarah zusammen. Sie greift nach meiner Hand und erzählt mir vom Himmel. Sie hat Angst, aber freut sich auch darauf ihre Oma Sarah kennen zu lernen, nach der
sie benannt wurde. Sie starb vor ihrer Geburt.

Als ich das Zimmer wieder verlasse, ist es mir schwer ums Herz. Ich schreibe meine Kurven, rechne meine Bilanzen und verteile noch einmal Medikamente. Kontrolliere ob alle ihre Tabletten geschluckt haben. Schaue nach ob noch jemand
etwas braucht. Sarah finde ich glücklich Pfannkuchen essen. Lukas hat Besuch von einer der Lehrerinnen die ihn unterrichtet. Thorben macht mit mir Blödsinn und wir lachen beide. Selbst Lukas bringen wir damit zum grinsen. Luisa bekommt eine Geschicht vorgelesen und ist etwas
munterer als am Vormittag.
Ich räume noch etwas auf, helfe den Kolleginnen beim auffüllen dann ist auch schon der Spätdienst da.

Ich hoffe dieser fiktive Dienst hat euch allen ein bisschen Einblick in die Pädonko gegeben und vielen Dank wer sie ganz gelesen hat. 💜
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