Manchmal bin ich nur noch müde. Ich weiß, dass man Fake News aufdecken soll, dass man gegen Verschwörungstheorien, Esoterik und Pseudowissenschaft kämpfen muss. Und immer wieder gibt es Leute, die sich durch sachliche Information aus solchen Irrtümern lösen ... (Thread)
... aber es frisst so schrecklich viel Zeit. Zeit, die wir eigentlich mit anderen, spannenderen Dingen verbringen sollten. Ich möchte über großartige Ideen zur Energiewende diskutieren, über die spannenden Möglichkeiten der Gentechnik, oder die wunderbare Welt der Quanten.
Stattdessen verbringe ich Zeit damit, Leuten zu erklären, dass die Erde keine Scheibe ist, dass es den Klimawandel wirklich gibt, dass uns Bill Gates nicht mit Todes-Chips impfen will und dass die Hollywood-Elite kein Kinderblut trinkt. Wirklich? Das sind unsere Themen heute?
Und dazwischen kommen dann wieder Mails von gebildeten Leuten (oft mit Ing.- oder Dr. med.-Titel), die mir Pläne ihres Perpetuum Mobile schicken, oder ihre Abhandlung, warum die Klimawende nicht nötig/möglich/wünschenswert ist.
Mit der streng formulierten Aufforderung, doch gefälligst rasch zu antworten. Und zwar auf alle 148 Fragen, die sie gestellt haben.
Und selbst wenn man es macht, nützt es nichts: Jeder kann an 1 Abend mehr Unsinn behaupten, als 100 Wissenschaftler in einem Jahr widerlegen können.
Und selbst wenn man es macht, nützt es nichts: Jeder kann an 1 Abend mehr Unsinn behaupten, als 100 Wissenschaftler in einem Jahr widerlegen können.
Und dann bekommt man wieder ein Youtube-Video zugeschickt, das 56 Minuten dauert, das angeblich aber ganz wirklich belegt, dass ich falsch lag. Und nach 56 sinnlosen Minuten weiß man dann: Das blöde Video hatte mit dem Thema gar nichts zu tun.
Dass man dann von manchen Leuten noch als elitärer Besserwisser dargestellt wird, der nicht einsehen will, dass doch irgendwie alle Meinungen gleichberechtigt sind, und dass man sich über Verschwörungstheorien nicht lustig machen darf, ist dann noch eine wunderbare Draufgabe.
Trotzdem müssen wir weitermachen. Gemeinsam. Lasst es Freunden und Verwandten nicht einfach durchgehen, wenn sie unwissenschaftlichen Mist erzählen. Ihr müsst ihnen ja deshalb nicht böse sein - aber ihr könnt sie korrigieren. Freunde lassen Freunde nicht an Unsinn glauben!
Wenn man sich geistig in wissenschaftlich widerlegtem Unsinn verheddert, schadet man nicht nur sich selbst, sondern letztlich allen. Wenn wir nicht kritischen Medienkonsum und wissenschaftsbasierte Argumentation in der Gesellschaft verankern, können wir keine Probleme lösen.
Lasst uns bitte dafür sorgen, dass man in ein paar Jahrzehnten darüber lacht, welche dummen Ideen im Jahr 2020 geglaubt wurden. Und dass man dann über ganz andere Sachen diskutiert - über die gesunde Natur, die weiterverbesserte Demokratie und atemberaubende neue Wissenschaft.
