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Jun 2, 2020 23 tweets 8 min read Read on X
Auf den #BlackLivesMatterGermany Demonstrationen in Berlin haben die vielen klugen Schwarzen Redner*innen sich mehrfach explizit an weiße Menschen gewandt. Was ich von ihnen gelernt habe und gerne (vor allem an andere weiße Menschen) weitertransportieren würde. Thread.
Bevor es losgeht, 4 Dinge:

#1 Am Ende dieses Threads verlinke ich Twitter-Handles von Schwarzen Aktivist*innen, denen ihr alle folgen solltet und von denen es viel zu lernen gibt. Bitte aber: Nicht mit Fragen bombardieren, sondern selbst recherchieren (dazu später mehr).
#2 Ebenfalls werden Organisationen verlinkt, die man unterstützen sollte, wenn möglich finanziell.

#3 Das hier ist ein Ausschnitt eines seit Jahren stattfindenden Lernprozesses. Es ist möglich, dass Teile davon oder sogar alles falsch sind.
#4 Ich will mir natürlich nicht anmaßen, für irgendeine (oder anstatt irgendeiner) Schwarze(n) Person zu sprechen. Das ist der Versuch, die Stimmen derjenigen weiterzutragen, die sich am Wochenende auf eine Bühne gestellt und konkrete Punkte an weiße Menschen formuliert haben.
So kann man versuchen, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems zu sein:

1 - Ressourcen teilen / zur Verfügung stellen:

Geld spenden (Organisationen am Ende verlinkt), Plattformen / Zeitfenster eigener Aufmerksamkeit teilen / abgeben (Panels, Meinungsbeiträge, Retweets)
2 - Gesicht zeigen:

Auf von Schwarzen Menschen organisierte Demos gehen + an Aktionen teilnehmen:

Es gibt u.a. regelmäßig #BLM- und andere antirassistische Demos, Versammlungen zur Umbenennung rassistischer Straßennamen, Petitionen gegen die Nutzung des n-Wortes uvm.
3 - Gegen Rassismus laut werden:

Ob der AfD-wählende-Onkel in der Familie, die unangebrachte WhatsApp-Nachricht im WG-Chat oder die rassistische Beleidigung in der U-Bahn. Nicht darüber hinwegsehen, nicht einfach nichts tun.
(Das ist nicht immer einfach. Man wird dafür selten Applaus oder Zuneigung ernten und das wird auch nicht jedes Mal klappen. Aber das sind die Situationen, in denen es darauf ankommt, dass jede*r von uns das in ihrem Umfeld tut, was sonst niemand tun kann)
4 - Bei uns selbst anfangen. Eine Rednerin am Brandenburger Tor hat vier sehr prägnante Punkte genannt:
1 Listen. Von Rassismus betroffenen Menschen zuhören.
2 Acknowledge. Ihnen ihre Erfahrungen und Lebensrealitäten zugestehen und sie nicht in Frage stellen.
3 Reflect. Eigene Denk- und Handlungsmuster hinterfragen.
4 Change. Diese Muster ändern.
(Punkt 4 ist ein lebenslanger Prozess. Wir sind in einer rassistischen Gesellschaft aufgewachsen und haben rassistische Denk- und Handlungsmuster verinnerlicht. Sich das einzugestehen tut weh und ist oft sehr unangenehm. Aber hier muss der Hebel angesetzt werden:
Rassismus ist keine Krankheit oder ein von irgendjemandem über uns gebrachtes Übel. Wir alle denken und handeln rassistisch.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Einsicht insbesondere liberalen Männern sehr schwer fällt).
5 - Nicht ständig BPOC fragen / Bestätigung suchen.

Es gibt Websites, Fachbücher und viel kostenlose antirassistische Bildungsarbeit hier auf Twitter, derer man sich bedienen kann.

Schwarzen Menschen unentwegt Fragen zu stellen ist faul und unfair. Warum?
Das bringt sie in folgende Situation:

Entweder sie lehnen das Gespräch ab (Stichwort "emotional load") und riskieren damit womöglich Unverständnis und sogar Ablehnung beim Gegenüber.

Oder sie führen dieses eine gleiche Gespräch zum tausendsten Mal.
Ein Gespräch, das Traumata & Schmerz hervorrufen kann und in 99% der Fälle gleich ausgeht: "Wieso, ist doch nur Interesse, wenn ich frage, wo du eigentlich herkommst / ich bin natürlich kein Rassist / derundder hat kein Problem wenn ich X oder Y sage".
Solche Fragen drücken eher Faulheit und Ignoranz als Interesse und Offenheit aus. Take it from someone who has done this way too often: Don't.

Am Ende ist die Antwort in 99% der Fälle: Hinterfrag dich selbst.

(cc @fortuashla & @Hash_tag_tivist, thank you for keeping up with me)
Zum Punkt Bestätigung: Natürlich ist es ein Schritt in die richtige Richtung, sich mit (internalisiertem) Rassismus zu beschäftigen, aber man kann nicht von einer Person, die Opfer von Rassismus ist, Applaus dafür erwarten, dass man an etwas so Selbstverständlichem arbeitet.
"Hallo ich arbeite daran, dass ich und mein Umfeld dich als gleichberechtigten Menschen sehen und behandeln und das auch verinnerlichen."

So formuliert - und nichts anderes sind rassistische Denkweisen ja - würde wahrscheinlich niemand ein Lob für diesen Satz erwarten, oder?
Im Gegenteil, die erste natürliche Reaktion wäre erst einmal ein "Fuck You, goodbye".

Das nicht als erste Reaktion auf unbeholfene Gehversuche auf diesem Terrain zu bekommen, ist schon ein großes Privileg.
Kritik, Korrekturen, Fragen sehr willkommen.

Hier noch eine unvollständige Liste kluger Menschen, von denen ich hier jeden Tag viel lerne und denen ihr unbedingt folgen solltet:

@ebonyplusirony, @Hash_tag_tivist, @stephanpalagan, @splitternackt_, @aminajxx, @amina_you,
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Mar 20
Jetzt haben die konservativen Kasper das Spiel durchgespielt:

1️⃣ Einen Popanz aufbauen, der sonst niemanden groß interessiert
2️⃣ Eine Gefahr für unsere Gesellschaft konstruieren & einen identitätspolitischen Kulturkampf um unsere Freiheit daraus machen
3️⃣ Ihn dann verbieten 🤡
Orwellsch schon fast, dass sie ihre Libertas Bavariae dabei vor sich hertragen, die natürlich nie gefährdet war, weil es schlicht und ergreifend eine Lüge war, dass irgendjemand zum Gendern gezwungen wurde.
Diese Libertas Bavariae ist übrigens auch kein Toleranzbegriff, sondern Besitzstandwahrung, s.

Das passt also ziemlich gut. Mit Freiheit meinen sie immer nur die Freiheit, genau so zu leben, wie die selbst.br.de/br-fernsehen/s…
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Feb 24
Anhand des gestrigen Theaters zur Cannabislegalisierung schauen wir uns mal an, wie die Union sich an politischen Debatten beteiligt und aus welchen Gründen sie das so tut, wie sie es tut.
„Cannabis ist nicht gut für die Gesundheit, das bestätigt ein Großteil der Fachwelt‘“

Stimmt, es ist eine Droge. So wie Alkohol und Nikotin und Koffein. Niemand bezweifelt das.

Und das bringt uns direkt zu den zwei Hauptpunkten:
#1: Die Unionsargumentation ist gesundheitspolitische nicht kohärent. Alkohol wird stetig verharmlost und dessen Konsum öffentlich glorifiziert (s. Bilder), andere Drogen vollkommen überzogen (und ohne Grundlage entsprechender Fakten) dämonisiert. Warum?


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Feb 9
„Die Gegendarstellung“ von @Alex_Neubacher im Spiegel Nr. 6 zeigt gut, was passiert, wenn Journalisten ihr Handwerk vor allem darin verstehen, ihre eigene Weltsicht zu bestätigen (was für diese Rubrik im Allgemeinen und Neubacher im Speziellen nichts Ungewöhnliches ist). 1/x
„Da lacht die AfD“ ist die Überschrift und gemeint sind die vermeintlichen Fehler, die die Organisatoren der aktuellen Massenproteste gegen die AfD begehen.

Neue Mitglieder würden der Berliner AfD „die Bude einrennen“, denn, festhalten: In 3 Wochen im Januar waren es 63(!). 2/x
Ja Menschenkinder, das klingt ja erstmal gar nicht so viel für eine hochpolitisierte Stadtgesellschaft und ein neues Jahr, in dem womöglich auch unabhängig von der politischen Lage viele Leute eintreten (und viele alte bereits zum Jahresende 2023 ausgetreten sind). 3/x
Read 14 tweets
Dec 16, 2023
Hallo alle, letzten Mittwoch war mein letzter Arbeitstag nach fünf Jahren in der Bundesgeschäftsstelle der Grünen und ich wollte dazu ein paar Sachen sagen.

td;dr: Guter Laden, schlechter Musikgeschmack, beste Leute.

🧵
Also als erstes wollte ich meinen Kolleg*innen (hihihi und außen, hallo Blauhakentwitter) auch einmal öffentlich danke sagen. Wie viel Herzblut, Liebe und harte Arbeit ihr in dieses Projekt steckt, hat mich in dieser ganzen Zeit getragen. Nur Liebe für diesen Laden übrig. 🫶
Dann ein großes Dankeschön an den gesamten Bundesvorstand für die vertraute und enge Zusammenarbeit. Allen voran natürlich @emilybuening, deren Büroleiter ich wirklich außerordentlich gerne war und der ich so viel zu verdanken habe.
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Nov 13, 2023
🎉🎉🎉Wir haben unser Spendenziel von 20.000€ erreicht, und zwar in weniger als 24 Stunden 🎉🎉🎉

Danke danke danke an alle, die gespendet, geteilt, geliked und die Kampagne auf sonstige Art weitergetragen haben.

Ein paar Gedanken dazu:

1. Es geht weiter 👇
Der Gegenrechtsschutz von @comun_oe soll vielen Menschen zugute kommen, die von Rechtsextremen bedroht werden und Hilfe brauchen.

Nach Überweisung der 20.000€ an Común läuft die Kampagne noch eine gewisse Zeit weiter - alle Spenden gehen zu 100% an den Gegenrechtsschutz.
Zweitens: Diese Spendenaktion ist, trotz allem, etwas wunderbares.

Ja, die Zeiten sind betrübt und ja es sollte eigentlich nicht sein, dass eine Politikwissenschaftlerin Schutzmaßnahmen braucht und dass diese von Privatpersonen organisiert werden müssen, aber:
Read 9 tweets
May 7, 2023
Ich verstehe ja, dass die angebliche grüne Krise eine tolle Story ist, aber sie ist faktisch einfach nicht korrekt 👇

Alle ernstzunehmenden Umfrageinstitute haben die Grünen weiter bei 15-17% und damit über dem Wahlergebnis der Bundestgswahl. 1/
Vergleicht man diese Werte mit denen der Koalitionspartner, stehen die Grünen weiter am besten da. Von einem “Sinkflug” kann keine Rede sein.

Auch die Wahlergebnisse der letzten Landtagswahlen geben diese Krisenerzählung nicht her.
Schauen wir uns doch mal die FDP an: Sechs von sechs Landtagswahlen verkackt, aus Parlamenten und Regierungen geflogen, im Bund halbiert. Wo ist der Spiegel-Titel über die Krise und strategische Amöbenhaftigkeit der FDP? Noch nicht gesehen.
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