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Die Bundesregierung verfolgt in der aktuellen Krise eine sehr expansive Fiskalpolitik und bekommt dafür zurecht viel Beifall. Einen dauerhaften fiskalpolitischen Kurswechsel sollte man da aber noch nicht hineinlesen, wie empirische Beispiele zeigen (1/9)
Ob der Abschied von der schwäbischen Hausfrau von Dauer ist, wird sich erst zeigen, wenn die Wirtschaft sich wieder erholt. Dann könnte das Pendel wieder zurückschlagen, weil die Krisenausgaben vermeintlich „gegenfinanziert“ werden müssen. (2/9)
Es besteht die Gefahr, dass dann umso härter gegengesteuert wird. Dass das passiert ist gar nicht unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, wie stark strukturelle Austerität in Deutschland institutionell (Schuldenbremse) und diskursiv (Schwarze Null) verankert sind (3/9)
Die aktuellen Maßnahmen könnten diese Verankerung sogar stärken, wenn sich das Narrativ: „Wir können uns das leisten, WEIL wir vorher so sparsam waren“ durchsetzt – ganz unabhängig davon, wieviel ökonomischen Sinn das macht (wenig) (4/9)
Die Reden und Leitartikel mit der Forderung, „den Haushalt in Ordnung zu bringen, um auf die nächste Krise vorbereitet zu sein“ schreiben sich dann fast von selbst. Ohnehin sind hohe Defizite ja regelmäßig das Einfallstor für den Ruf nach Kürzungen („Starve the Beast“) (5/9)
Dafür, dass eine Vollbremsung von Expansion zu Austerität auch in Ländern eine Gefahr ist, die mit niedrigen Schulden in eine Krise hineingehen, gibt es mehrere Beispiele (6/9)
Australien zB hatte vor 2008 ständig Haushaltsüberschüsse und praktisch keine Schulden mehr – trotzdem versuchte die Regierung nach 2010 so schnell wie möglich wieder den Haushalt auszugleichen: doi.org/10.1080/103611… (7/9)
Ein anderes Beispiel ist ausgerechnet die Mehrwertsteuersenkung: Genau das, was Deutschland jetzt plant, hat Großbritannien 2008/09 gemacht – die MWSt von 17,5% auf 15% gesenkt – nur um sie dann nach der Krise auf 20% zu erhöhen (allerdings unter einer neuen Regierung) (8/9)
Fazit: Die aktuelle Fiskalpolitik ist sehr positiv, aber solange sie als reine Krisenbekämpfung begründet wird, besteht danach die Gefahr eines Backlash. Ein anderes Verständnis von Defiziten und Schulden zu entwickeln, bleibt eine strukturelle Aufgabe (9/9)
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