Thread by @HenrietteQuade

Gestern begann in Halle der Prozess gegen die Identitäten Mario M. und Dorian S. Es war ein langer Tag und es ist verworren, deshalb ein etwas längerer Thread für die, die’s interessiert.

Seit die IB einige Monate zuvor ihr „Leuchtturmprojekt“ eröffnet hatte, kam es um d. Haus und auf d. Campus immer wieder zu Angriffen der Rechten auf Protestierende, Studierende, die Unmut über das Haus geäußert hatten und Linke. Das Haus wurde mehrfach Ziel von Farbbeuteln etc.

Die IB inszenierte sich dabei immer wieder als Opfer - Darstellungen von Zeuginnen und Zeugen machten jedoch oft deutlich: Die Aggression ging vom Haus aus, die ehemaligen JN-Kader und altbekannten „neuen Rechten“ sind keineswegs harmlos, sondern halt Nazis die tun was Nazis tun.

Am 21.11.2017 begann z.B. der Prozess gegen Andreas K. wegen Nötigung und Körperverletzung. Seine IB-Kumpels erschien natürlich vor Gericht und filmte ihren „Auftritt“.
Im Prozess, der gestern in Halle begonnen hat, ging es um das Geschehen des Vorabends dieser Verhandlung:

Das IB- Haus war voll, offenbar fand zuvor eine Party statt u. am nächsten Tag stand die Aktion am Gericht an. Als die weg. Flaschenwürfen u. Pöbeleien gerufene Polizei am Haus der IB ankam, stürmten 2 vermummte und bewaffnete Personen aus d. Haus und attackierten die Polizisten.

Mario M. soll mit Polizeihelm, Schild und Schlagstock sowie Reizgas ausgestattet gewesen sein und die Polizisten mit dem Reizgas attackiert haben. Dorian S. soll vermummt und mit erhobenem Baseballschläger dabei gewesen sein.

Erst nachdem die Polizisten mit Schusswaffengebrauch drohten, geriet die Situation unter KontrolleIn der heutigen Verhandlung, gab es wenig überraschendes: Nazis haben Nazianwälte. Jene hier: stuttgarter-zeitung.de/inhalt.neonazi…

Sie legen dieselbe Strategie an den Tag wie beschrieben. M. ergriff oft selbst das Wort. Die IB sei Opfer, alles ein schreckliches Missverständnis, die Beiden seien nur losgezogen weil die Polizei immer nicht kommt und sie die angeblichen Angreifer auf ihr Haus stellen wollten.

Hätten die IBler gewusst, dass es sich um Polizisten handelt, hätten sie natürlich nicht so gehandelt. Mein Eindruck: Es mag sich durchaus um eine Verwechslung handeln, die beiden Polizisten waren in Zivil unterwegs. Die eigentliche Frage ist doch aber:

Wenn die Angreifer nicht mit der Polizei gerechnet haben, ist davon auszugehen dass, wenn sie andere Menschen getroffen hätten, nicht das Pfefferspray, sondern der Baseballschläger und der Knüppel zum Einsatz gekommen wären und Menschen schwer verletzt worden wären.

Das wird dieser Prozess nicht klären können. Umso wichtiger ist es, ihn politisch zu verstehen und einzuordnen. Die Anwälte der Beschuldigten gingen die Zeugen hart an.

Sie stellten einen Antrag auf Einstellung nach dem anderen und behaupteten, die Polizeizeugen hätten sich abgesprochen und würden Falschaussagen tätigen.

Auch Melanie S., damals noch Lebensgefährtin von Mario M. und kurzzeitig angesagtes „identitarian girl“ sagte heute aus und bestätigte im Wesentlichen die Darstellung der Beschuldigten.

Nicht ohne mehrfach zu erwähnen, wie „bedröppelt“ ihr Exfreund aussah, als er mit der Polizei vor der Tür stand. Zur IB Halle nochmal dieser lesenswerte Artikel: antifainfoblatt.de/artikel/ein-id…

Gekrönt wurde die Täter-Opfer-Umkehr von der Behauptung, die Staatsanwaltschaft Halle würde politisch mit zweierlei Maß messen, weil es nicht opportun sei, linke Straftaten zu ermitteln. Reminder, was bei der Staatsanwaltschaft Halle tatsächlich so geht: mdr.de/nachrichten/po…

Als Beweismittel für diese steile These wurde , natürlich, die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von IB-Buddy und AfD-Abgeordneten Tillschneider eingeführt, die zeigen soll, dass es keine Verfahren gegen Links gebe.

Surprise: Es gibt sie und das geht sogar aus dieser Drucksache hervor.

Juristisch ist das wahrscheinlich irrelevant. Worum es eigentlich geht: Die Anwälte beantragten die Beiziehung der Akten der an jenem Abend ebenfalls auf dem Campus festgestellten Personen, die beschuldigt werden, Flaschen auf das Haus der IB geworfen zu haben.

Dem folgte die Richterin und auch die Staatsanwaltschaft hatte keine Einwände.

Damit bekommen die IB und ihre einschlägigen Anwälte die Namen und Daten von potentiellen politischen Gegner*innen, kann genau diese Drohkulisse aufbauen und vom eigentlichen Tatvorwurf ablenken, nämlich der Tatsache, dass sie hier die Angeklagten sind. Klassische Strategie.

Es bleibt zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft und das Schöffengericht diese Inszenierung durchschauen und sich nicht von den Nazihippstern vorführen lassen. Hilfreich könnte vielleicht die Lektüre hiervon sein: blog.zeit.de/stoerungsmelde…

Viel zu oft scheitern Verfahren auch an der unzureichenden Vorbereitung der Staatsanwaltschaft. Auch heute wurde von Beginn an die Anklageschrift angegriffen.

Für ein juristisch gesehen vergleichsweise kleines Vergehen wurde viel Energie in die Zurückweisung der Anklage gesteckt. So viel Energie und Gewandtheit habe ich beim Vertreter der Anklage nicht gesehen.

Ganz so optimistisch bin ich nach dem gestrigen Tag also leider nicht, der Staatsanwalt war gestern schon der Meinung, dass doch das nächste mal eigentlich Schluss sein könne.

Absurd am Rande: Bis gestern morgen teilte das Gericht mit, die Plätze im Saal seien begrenzt, wer einen Platz bekomme, entscheide die Reihenfolge des Erscheinens.

Da es mit den politischen Aktionen ja grad nicht so läuft und auch das Haus Geschichte ist, sind solche Auftritte vor Gericht natürlich sehr wichtig für die Reste der IB, also schlugen ihre Akteure auch zahlreich auf.

Kurz vor Einlass entschied dann das Gericht, dass „von jeder Seite“ 5 reingelassen werden, damit es keinen Ärger gibt. Das ist wirklich unverständlich.

Ich bin gespannt auf die Eindrücke von anderen Beobachtenden und den oder die nächsten Prozesstage!
Nächster Termin ist der 24.06.