"Die" Antifa bringt eine eigene Wissensproduktion hervor und eine militante Praxis, aufgrund deren sie nicht auf Archive oder Strassengegenwehr reduziert werden kann und auch auf keine Institution. Die ihr zugeschriebenen visuellen Stilistiken treten manchmal scheinbar 
widersinnig auf. Eine Fraktura-Schrift, wie in diesem Beispiel, wird seit etwa 30 Jahren dem HipHop, aber auch dem Metal zugeschrieben. Antifaschismus ist mit Aufklebern und dieser Assoziiertheit gleich mehrfach einer Popularkultur, genauer einer dem Verbreitungsgrad nach
ähnlich topologisierbaren Praxis wie Pop verwand. Die gebrochenen Schrifttypen wirken (wie die Fraktura, s.o.), so verwendet, wie eine De-Fixierung und De-Linearisierung ihrer Provenienz (Herkunft). So wie (im weiten Sinn) Pop nicht auf Musik einschränkbar ist, so ist explizites
politisches Tun nur dann Kultur, wenn die Symbolischen Terrains zusammengefasst gegen das Politische gestellt werden. Viel steht darum auf dem Spiel, eine antimoderne Schrift vorzubringen, um _Antifa_ anzuschreiben. Die subkulturelle, guerillataktische Verbreitung der Päsenz
referenziert mit einer fetten Fraktur auf zwei Signaturen oder ein Doppel. Einmal auf den Bruch mit der Hegemonie industrieller Klarheit schmuckloser Moderne, die zum Kalkulierungsterror des Seriellen wurde, auf einen Bedarf an Ornament. Und einmal auf die reaktionäre "rechte"
Nutzung der Fraktur, die durchaus kurz vor der Mitte des 20. Jahrhunderts nur noch Stil war, an den Federkiel lediglich erinnerte und darum für Tradition und Hergebeachtes, für Sicherheit stand, und darum die eine Seite des Nazismus vertrat, den Antimodernen. Die moderne
Seite verlangte nach technisch deutlicher Ansage und zunächst stilbefreiten Serifenlosen konntem dem Entsprechen. Nur stilistisch waren sie ein Bruch mit der Stil-Tradition. An Deutlichkeit in der Befehlslage an Grenzen und Zäunen, in der Sachlage sind sie lesbarer, schneller,
distinkter. Die Verwendung der Fraktur mag nicht genuin nazistisch zuzuordnen sein. Der antimoderne Impuls ist ihr aber (un)zeitgemäß eigen, aber eben nur in ihrer Verwendung, nicht an ihr selbst, weil sie ihre technische Voraussetzung längst überschritten hatte. Weil keine
Type mehr technisch gebunden erscheint, ist dennoch ihr Drehen über semantisch-kontextuelle Aufladungen oder neue Topoi-Identitäten (Zuschreibungen, Autorenschaften) nicht losgelöst oder frei. Schriftypen sind Territorien. Und das markiert die Antifa in Fraktura. Der Antifa-Kiez
wiederum, mit dem Hitlerjugend-Dolch oder dem stilisierten Seitengewehr - das Nazis selbst eine Stilisierung war, in Anlehnung an, und als Appropriation der Insignien der vorhitlerischen und nachkaiserlichen, adligen militärischen Eliten - geht eiben Schritt weiter.
Hier durchstößt der Nazidolch das Hakenkreuz. Ein untergerodnetes Gewaltzeichen des deutschen Faschismus wird so gegen das prominenteste Zeichen des Nazismus gewendet. Autorenschaft - wer führt hier die Waffe? - und Logik des Kampfs sind allein auf der Ebene der Codes
nachweisbar, die aber wie ein Einmaleins reflexhaft abrufbar sind. Darin wird das kanonisierte Arsenal sichtbar, das nicht Clash und Cut-up ist, die das Zeichen-Material aufbrechen würden. So undergroundig die Typos hier wirken, noch ohne Diskussion der Unsinnigkeit eines
"Antifa-Kiezes", der nur die territoriale Frage stellt, nicht die strukturdynamische, so verfangen wirken sie in ihrem Resampling, das heißt ihrer Recodierung der Zeichen Fraktur, Dolch, Hakenkreuz. Dieses Manko des Codezwangs am Gegner ist bei den bekannten drei Pfeilen gegen
die Nazisymbolik kurz vor 1933 bereits angemerkt worden. Ihre nach unten gerichteten Spitzen boten wenig (gesellschaftlichen) Positivismus. Die Fraktur dockt an der dispersen Pluralität des "Leitpop" HipHop an, in der Fraktur auch funktioniert und keinem, historisch oder
habituell per se gehört, deckt sich aber mit dem Verdacht der Pädagogisierung ohne Pädagogisierung, einem Projekt gebildeter Mittelschichten oder ehemaliger Arbeiter nach Bildungs- also möglichem Schichtenaufstieg.
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