Vor einem Vierteljahrhundert stand etwa hier der Audiocassettenverkäufer vor der Kaufhalle. 
Er trug ab einer Zeit bevorzugt bayerische Tracht. Mit dem Ende des Walkman verschwand auch dieser Strassenstand. Wenn eine mediengestützte Archäologie des Kapitalismus nicht nostalgisch und bestätigend werden will, sollte sie ihre Prämissen und Annahmen selbstkritisieren.
Zunächst reicht aus, zu markieren und zu diskreditieren, beides legitime wissenschaftliche und diskursive Mittel, wie diese Die Archäologie in die Jetztzeit und Gegenwart spielen muss. Von der so genannten ökologischen und/oder
urbanistischen (?) "Kasseler Schule" ist eine Studie dysfunktionaler (ungenutzter) umbauter Räume bekannt, welche zur unkommerziellen Zwischennutzung frei waren. Der Ort der Ex-Kaufhalle wird nun zu einem
refunktionalisierten mitten in kommerziellem Gebiet. Der damalige Clash aus Michael Jackson und Volksmusik vor etwa 25 Jahren, der heutige aus staatlicher Kunst und Kaufstrasse, der diskursiv hergestellte Gegensatz von Kultur und Kommerz seit der Restauration nach 1945, diese
drei Stellen werden in der Subkultualisierung der Staatskunst in Kassel einen immensen ideologischen Platz einnehmen. So wäre das angerissen auf den Punkt zu bringen: Die vergessene Autonomie der Kunst übernimmt mit ihren politischen Programmen die Debatten-Stellen
der Autonomie selbstverwalteter Projekte und fügt sich mit ihrem, in die gesamte Gesllschaft hinein erweiterten, Kunstbegriff für kurze Zeit, als Perfomance (und gerade nicht als Performanz der Veränderung der Verhältnisse) an die Spitze der pluralen Öffentlichkeit. Zur
Moderation, zur Vermittlung, zur Sozialen Arbeit, die sie symbolisch übernimmt. An einem Heiligtum der Nachkriegs-Moderne gelegen, der Treppenstrasse, wird sogar diese Gegensätze medialisieren und in ein Gespräch verwickeln, in ein Konversationsstück.
Zurück zur Archäologie des Kapitalismus, nicht identisch mit Museen des Kapitalismus. Der Cassettenverkäufer hatte nur die Konversation zur Aufgabe, die einen Absatz zur Folge hatte. Die Kids, die ihn damals mit Fragen zu Titeln und Künstlern nervten, die er nicht im Sortiment
hatte, karikierten an ihm diesen irritierenden Zirkel von Sinnenerfahrung im beschränkten Angebot auf dem Tisch. Die Überschreitung dieser Beschränkung von Realität wird von den institutionellen Transzendiererinnen in der Oberen Königsstrasse entworfen werden. Gegen eine Riege
von Honoratioren der Kulturwirtschaft wird ein "Workshop" diese Rückgewinnung von Widerstand und Verweigerung für den Standort ablehnen. Nicht als "kontra Kolonialisierung" , wie der Begriffshype vor einer Dekade auf der Höhe der Postcolonial Studies einpaukte, eher wie
Versuche des Freilegens.
Yelena Simc
Yelena Simc
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