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Was in Europa besetzte Häuser sind, nämlich Zentren eines alternativen, linken gesellschaftlichen Lebensentwurfs sowie linker Politik, das waren in Japan lange Zeit selbstverwaltete StudentInnenheime. Ein Thread dazu, wie immer mit vielen Bildern. Es wird spannend :)
In den 50ern erstritten sich linke StudentInnenorganisationen (AstA, öH-Style) Autonomie über die Studiheime. Sogar die Miete wurde selbst bestimmt und war dementsprechend niedrig. In den wenigen noch bestehenden Heimen liegt sie heute oft nur bei 20-30 Euro pro Monat.
Bis in die 80er gab es über 100 selbstverwaltete Studiheime. Nicht alle politisch, aber viele. Diese wurden zu den Zentren der militanten Linken Studibewegung der 60er und 70er. Neben den Heimen gab wurden ganze Campus-Trakte besetzt und wurden eine No-Go Area für die Polizei.
Die selbstverwalteten Räume waren mitunter riesig und erstreckten sich über tausende Quadratmeter. Sie boten auch Platz für Gegenkultur. Bis zu tausend Leute fassende Konzerthallen waren keine Seltenheit.
Seit den 70ern war die radikale Linke in JP im Tiefflug. Warum? Dogmatismus und Repression, um's kurz zu machen. Ab den 90ern fing dann, mit dem neoliberalen Umbau des Bildungswesens, auch das Ende der studentischen Selbstverwaltung an. Als Beispiel hier etwa die Hosei Uni.
Am Gelände der Hosei Uni in Tokio stand bis 2004 das selbstverwaltete "Studentenhaus" (Bild). Heimstätte linker Gruppen sowie auch unpolitischer Studi-Zirkel. "Festungs-Uni" nannte man solche Unis früher im linksradikalen Slang. Heute Steht das Gebäude nicht mehr. Wieso?
Nach 1 Brand wurde das Gebäude geräumt, die verbliebenen Reste der ehemals so starken Linken fielen in sich zusammen. Es gab militante Proteste mit über 100 Festnahmen. Zwecklos. Heute ist alleine das Verteilen von Flugblättern auf der Hosei uni verboten.
Seit den 90ern wurde die Räumung selbstverwalteter Studiheime und anderer Räume im gesetzlich festgeschrieben. Ein Heim, ein Raum nach dem Anderen ging rasend schnell verloren. Hunderte Festnahmen, Obdachlose Studis, mediale Hetzkampagnen. You get the picture.
Ein paar wenige Strukturen sind noch erhalten. Allen voran das Yoshida-Ryou @yoshidaryo_koho in Kyoto. 107 Jahre alt, anarchistisch, riesig und besetzt. Ich war im Frühling dort und hab mit den BewohnerInnen gesprochen. Und 1 Artikel darüber geschrieben. jungle.world/artikel/2020/1…
Tja, was soll ich noch sagen... Interessant, oder? Soviel mal von meiner Seite. Ein wirklich ganz kleiner Einblick in die reiche Geschichte der japanischen Linken. Falls ihr Fragen und Anmerkungen habt, immer her damit. Zu erzählen hab ich mehr als genug :)
Und sorry für die teils miese Bildqualität. Mein Bildarchiv ist auf Festplatte, ich hab grad nur das Tablet und schnelles google image-search zur Hand. Viele Fotos sind aus der Steinzeitära des Internets. Seids mir nicht böse.
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