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## Mastodon-Guide ##

Wenn es um die Befreiung der Menschen aus den Zwängen der heutigen Social-Media Konzerne geht, herrscht auch in unserem Kollektiv allgemeine Unwissenheit. [1/50]
Manche mögen von Mastodon und dem Fediverse bereits gehört haben, andere sind dort schon mittendrin. Letztere dürfen diesen Guide getrost ignorieren.
Den Guide dringend lesen sollen dagegen all diejenigen, die schon selbst auf Problematiken in Facebook, Twitter und Instagram gestoßen sind, aber nicht wissen, dass diese umgangen werden können.
Heruntergebrochen begründen sich alle Probleme in der Zentralität von Facebook & Co. Ein Unternehmen hat die gesamte Macht über ein weltumspannendes Netzwerk mit Milliarden Menschen – im Prinzip lässt sich sogar von der Menschheit an sich sprechen.
Finanziert werden die Netz-Giganten mit Werbung, welche per Micro-Targeting gezielt auf Individuen losgelassen wird und in der Masse aber viel erreichen kann.
Wir erinnern uns an den Skandal um die US-Wahlen 2016, bei welchem die Daten dieser sozialen Netze genutzt wurden, um Wähler:innen gezielt über die selben Netze anzusprechen.
Längst werden unsere Daten als Grundlage genutzt, um Produkte und Algorithmen zu entwickeln, die unser Verhalten vorhersagen und im Sinne des Konsums beeinflussen. Schon lange fordern Facebook & Co.
nicht mehr bloß die E-Mail-Adresse, sondern auch den echten Namen, Handynummern,
teils den Personalausweis und vieles mehr. Zahllose Services von anderen Unternehmen erlauben oder erzwingen den Login mit dem Facebook-Account. Mit der connected Smart-Watch landen letztendlich auch die eigenen Gesundheitsdaten bei diesen zentralen Konzernen.
Die Netze locken mit Gemütlichkeit. Neue Bekanntschaften des realen Lebens landen nach kurzer Zeit wie durch Magie als Folgeempfehlung im Instagram-Feed. Mit vergangenen Interessen werden die Zukünftigen extrapoliert. Schaltflächen werden kontinuierlich simpler.
Seit die „Explore“-Funktion von Instagram nach dem Ende eines Videos autonom zum Anfang des nächsten Videos scrollt, können selbst Babys über Stunden durch das Smartphone unterhalten werden – was erwiesenermaßen aus pädagogischer Sicht schadet.
Doch nicht nur Kinder verfallen der Sucht. Der Alltag wird durch immer neue Features erleichtert, sodass eine Lossagung von diesen Services zum Unvorstellbaren wird. Wie leben ohne Smartphone? Diese Frage ist so gruselig, dass am liebsten gar nicht erst darüber nachgedacht wird.
Wer sich nicht auf Schmunzel-Twitter oder in apolitischen Nischengruppen herumdrückt, kennt ein weiteres Problem der großen Netze: die Kontrollinstanzen. Das Entfernen von faschistischer Ideologie, Gewaltaufrufen und Hetze ist für die Konzerne ein Verlustgeschäft.
Hier wird nichts erwirtschaftet, also wird nur das Allernötigste unternommen. Die Hauptarbeit liegt ohnehin bei den Usern: ohne vorangegangener Meldung wird wohl kaum ein Post, welcher gegen die AGB verstößt, entfernt.
Auch nach Meldung, welche durch das NetzDG nochmals erschwert wird, gibt es oft keine Aussicht auf Erfolg. Gelöscht wird dann, wenn es viel Empörung gibt. Das haben mittlerweile alle erkannt.
Die Meldewellen, angestoßen durch rechte Internet-Trolls treffen bisweilen die größten Accounts. Die Schuld liegt jedoch im System, nicht bei den Angestellten der Kontrollinstanzen. Dort arbeiten Menschen in prekärer Situation.
Für jede Meldung gibt es eine auf wenige Sekunden beschränkte Bearbeitungszeit, innerhalb welcher eine Entscheidung getroffen werden muss: löschen oder nicht löschen? Bei illegalen Inhalten wie Kinderpornographie wird die Entscheidung wohl eine leichte sein.
Doch ein Joballtag, geprägt durch verstörende Bilder – besucht 4chan und sucht nach Gore, um zu verstehen, was wir meinen – geht zwangsweise auf die Psyche.
Lediglich eine Thematik scheinen Facebook und Instagram im Griff zu haben: Geschlechtsteile und insbesondere die Brustwarzen von cis Frauen. Wir leben eben in einer Zeit, in der künstliche Intelligenz Brustwarzen, aber keine gespiegelten Hakenkreuze erkennen kann.
Kleiner Fun-Fact: Facebook klassifiziert wirklich alle hochgeladenen Bilder. Z.B. werden Menschengruppen erkannt und sogar nach ihrer Größe eingeschätzt. Gekoppelt an einen autoritären Staat ist ein solches Werkzeug denkbar hilfreich, um Aufstände in Echtzeit zu verorten.
Neben verstörenden, illegalen oder hetzerischen Inhalten stellt sich noch die Frage nach der Wahrheit. Gerade Facebook, mit der Möglichkeit, geschlossene Gruppen zu führen, birgt eine gigantische Unterwelt des Grauens, welche wirklich jede menschenfeindliche Subkultur beheimatet.
Esoteriker:innen, Verschwörungstheoretiker:innen, Antisemit:innen, Neonazis, Prepper:innen, AfDler:innen, Corona-Rebellen, Drogenhändler:innen, radikale Christ:innen, Islamist:innen, whatever.
Diese Gruppen radikalisieren sich und reichen gerne Artikel der diversen Fake-News-Schmieden herum. Jede Gruppe hat ihre Wahrheit.
Facebook hat nach Jahren reagiert und angefangen, gewisse Posts und Links mit dem Hinweis zu versehen, dass es sich eben nicht um die Wahrheit handelt. Doch solche Hinweise haben einen ähnlichen Effekt wie Schockbilder auf Zigarettenpackungen.
Wer sich in seinen:ihren Wahn hineinsteigert, mag solche Hinweise vielleicht sogar als Qualitätssiegel sehen, dass es sich bei dem Post um den „guten Scheiß“ handelt. Richtig wäre die konsequente Löschung von gefährlichen Fake-News-Gruppen und -Posts.
Zentralität? Kennen wir doch auch von Staaten. Richtig. Und jetzt stellt euch vor, wie es aussieht, wenn ein zentral gesteuertes soziales Netzwerk mit Staaten kooperiert. Vielleicht, um Strafen zu umgehen? Vielleicht aufgrund der gleichen Interessen?
Jedenfalls hat Facebook kürzlich den Kammerjäger zur Beseitigung der Anarchist:innen und Antifaschist:innen angekündigt. Und diesen auch prompt durchgeschickt. Getroffen hat es u.a. @crimethinc_de und @IGD_News. Zufall war das nicht.
Die US-Regierung hat wenige Tage zuvor genau das gefordert und dabei auch die jetzt gesperrten Organisationen genannt. Es ist bloß ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl und wir alle haben ihn kommen sehen.
Wir sind die Daten-Quellen und die Konzerne wünschen sich diese möglichst unwiderspenstig. Facebook & Co. sind nicht unsere Freunde. Facebook & Co. hat uns genauso lieb, wie Facebook & Co. Nazis lieb hat.
Solange die Menschen ihre Daten hergeben und nicht für Probleme sorgen, funktioniert die Maschinerie, brummt das Geschäft.
Eure progressiven, anarchistischen, antifaschistischen oder kommunistischen Ideen sind für Facebook & Co. Einträge in einer Datenbank – für Regierungen sind sie ein Problem. Und da Konzerne zuletzt doch von Regierungen abhängig sind, werden sie eure Ideen entfernen – so einfach.
Soweit nichts Neues. Alle wissen das, es ist kein Geheimnis.

Doch was ist die Alternative? Leben ohne Smartphone? Gruselig! Die Lösung: Wir müssen den Konzernen die Macht entziehen.
Und das ist im Grunde ganz einfach. Diese Macht ist an unsere Daten gekoppelt. Ohne Daten keine Macht. Ohne Uns keine Macht. Verlasst Facebook, Instagram, Twitter, etc.! Doch wohin?
Der Mensch als Homo sociologicus braucht Kontakt. Und es gibt keinen Grund, das Internet für diesen Zweck nicht als Werkzeug zu gebrauchen.
Wir brauchen ein soziales Netzwerk 1. ohne Werbung, 2. d.h. ohne wirtschaftliche Interessen, 3. mit Möglichkeit zur Anonymität, 4. d.h. ohne der Möglichkeit, sämtliche persönliche Daten preiszugeben, 5. mit Sicherheit, besonders für Minderheiten, 6. d.h. ohne Nazis,
7. mit größtmöglicher Freiheit, 8. d.h. ohne Einfluss durch Staaten, 9. d.h. ohne Zentralität.
Solche Netzwerke gibt es. Um die obigen Anforderungen zu erfüllen, wird auf Föderation gesetzt. Das einzige Problem: die Wissenshierarchie. Diese Hierarchie soll im Folgenden abgebaut werden. Es gibt tatsächlich mehrere solcher Netzwerke. Sie heißen „PeerTube“, „PixelFed“,
„diaspora“ oder „Mastodon“ (siehe fediverse.party). Wir beschränken uns hier auf Mastodon, dem größten dieser Netze mit knapp 3.000 Servern und 3.000.000 Accounts.
Bevor wir die Registrierung erklären (am Ende dieses Beitrags habt ihr einen eigenen Account), gehen wir hier auf die Funktionsweise von Mastodon ein. Mastodon ist teil des „Fediverse“, eine Wortzusammensetzung aus „Federation“ und „Universe“.
Die Software von Mastodon is Open Source. D.h., dass alle Menschen mitentwickeln können. Die 3.000 Server sind auf der ganzen Welt verteilt und die Anzahl ist nach oben offen. Desto mehr Server dazukommen, desto besser.
Jeder Mensch kann sich dazu entscheiden, einen oder mehrere eigene Mastodon-Server zu hosten. Einfache User dagegen suchen einen für sie passenden Server und registrieren sich dort.
Es gibt Server mit den verschiedensten Ausrichtungen: Journalismus, Computer-Stuff, LGBTQIA, Anarchismus, etc. Die Hoster eines Servers haben die Kontrolle darüber, welche User toleriert werden. Damit hat jeder Server eine eigene Kontrollinstanz.
Davon profitieren alle: Trolls haben keine Chance und User, die von einem Server gekickt werden, können sich einen passenderen Server suchen. Wir haben uns für den Server masthead.social entschieden, da dieser für Journalismus ausgelegt ist.
Mit dem Handle „@schwarzlicht@masthead.social“ sind wir Teil von Mastodon. Um sich bei Mastodon einzuloggen, muss der richtige Server genutzt werden. Unser Account ist bei masthead.social gespeichert, also müssen wir uns auch dort einloggen.
Während der Account an einen Server gebunden ist, können unsere Posts jedoch im ganzen Netzwerk, also über alle Server angesehen werden. Denn untereinander synchronisieren die Server die Daten der User in Echtzeit.
User, die uns folgen, sehen unsere Posts, ganz gleich, ob sie auch einen Account bei masthead.social oder aber bei todon.nl besitzen. Die Hoster von masthead.social haben keine Kontrolle über das, was User bei todon.nl posten.
Die Oberfläche und die Funktionen von Mastodon ähneln sehr stark denen von Twitter. Wer also mit Twitter vertraut ist, hat mit Mastodon keine Probleme. Vom dem, was im Hintergrund zwischen den Servern passiert, bekommen User nicht viel mit.
Zur Registrierung: Zuallererst muss ein passender Server gewählt werden. Hierzu empfehlen sich ein paar Klicks auf dieser Übersicht: joinmastodon.org/communities.
Auf dem ausgewählten Server wird dann das Registrierungsformular ausgefüllt. Üblicherweise wird nur eine E-Mail-Adresse benötigt. Es gehen natürlich auch Wegwerf-E-Mails. Nach E-Mail-Bestätigung kann der Account genutzt werden.
Wenn ihr Mastodon anonym nutzen wollt, empfiehlt sich, von vorneherein nur mit dem TOR-Browser (torproject.org) zu arbeiten.
Mastodon auf dem Smartphone: es gibt verschiedene Mastodon-Clients für Android und iOS (siehe joinmastodon.org/apps).
Ist die App installiert, muss die Instanz (der Server), auf welchem euer Account registriert ist, angegeben werden, danach loggt ihr euch ein.
Auch auf dem Smartphone könnt ihr Mastodon über das #TOR-Netzwerk o. beliebige VPNs nutzen.

Ein Beispiel für Android & den Mastodon-Client „Tusky“ (tusky.app): Zuerst installiert ihr Orbot (play.google.com/store/apps/det…) & aktiviert den Service mit Klick auf die Zwiebel.
Danach wird Tusky geöffnet und in den Einstellungen bei „HTTP Proxy“ der Server „localhost“ und der Port „8118“ angegeben. Aktiviert den Proxy und fertig!

Wir sehen uns im Fediverse!
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