Vielen Dank an @christianbaye13 für seine sehr wertvollen und klaren Kommentare hier auf Twitter zu unserer #Mehrwertsteuer-Umfrage (SO kommt man zu einer konstruktiven Debatte!).
Christian interpretiert unsere Ergebnisse so, dass 1/3 der Haushalte gemäß Vorhersage der Euler-Gleichung auf absehbare Preisveränderungen reagieren. Alle anderen Haushalte profitierten aber ebenfalls von Realeinkommenszuwächsen durch niedrigere Preise, 2/
so dass auch diese Haushalte am Ende mehr Güter und Dienstleistungen kauften und der Effekt somit doch größer sei. (Das Argument ist, dass die anderen Haushalte ihre NOMINALausgaben konstant halten und so REAL, d.h. inflationsbereinigt, mehr konsumieren.) 3/
Wir würden die Umfrage anders interpretieren. Wir haben nicht nach Ausgaben gefragt, sondern nach „Anschaffungen“, und zwar, ob diese von früher (also Q1) ins 2. Halbjahr geschoben, aus der Zukunft vorgezogen oder zusätzlich getätigt werden. 4/
Anschaffungen“ fragt nach unserer Interpretation nach REALEN Käufen. (Allerdings ist das in Umfragen immer schwierig, weil man nicht weiß, wie die Befragten die Frage interpretieren und das Verständnis für Inflation in der Bevölkerung schwach ist…) 5/
Wenn die Befragten die Frage so verstanden haben, wie wir sie gemeint haben, dann wären hier schon die zusätzlichen Käufe aus dem Einkommenseffekt mit abgedeckt, und zwar in der Kategorie vorher „nicht geplante Anschaffungen“. 6/
Wir glauben auch, dass hier nicht unbedingt der Euler-Mechanismus wirkt, sondern ein viel profanerer Vorzieheffekt über einzelne Quartale. Zur Erklärung: Die Euler-Gleichung (aus #DSGE-Makromodellen) würde vorhersagen, dass die Haushalte im zweiten Halbjahr 2020 7/
deutlich mehr konsumieren, dafür aber in ALLEN künftigen Perioden ein klein bisschen weniger. Was wir erwarten (und was man 2007 bei der letzten MwSt.-Erhöhung gesehen hat), ist ein Anstieg des Konsums unmittelbar vor 8/
der Erhöhung auf Kosten praktisch ausschließlich der direkt folgenden Quartale. Die Unterscheidung ist wichtig, weil der konjunkturelle Effekt für die mittlere Zukunft anders ausfällt. 9/
Zu den Multiplikatoren der Transfers (wie Kinderbonus): Wenn ich das Papier von @christianbaye13@bornecon@RalphLuet und G. Müller richtig lese, dann habt Ihr am Ende einen Multiplikator von knapp 0,5. 10/
Bei uns ergibt sich ein ursprünglicher Konsumimpuls von knapp 0,5. Dazu kommt dann die Multiplikatorwirkung. Das Endergebnis würde dann in den von uns verwendeten Modellen höher ausfallen als der erste Konsumimpuls. 11/
Hier jetzt etwas mehr Details zu #Haushalt & #Wachstumsinitiative.
Vorweg: Wie man das Ergebnis bewertet, kommt natürlich auf das mentale Referenzszenario an. Hätte ich mir (wenn es keine #Schuldenbremse gäbe) etwas anderes gewünscht? Ja.
Das Leben ist ja kein Wunschkonzert. Es gibt die Schuldenbremse und auch keine absehbare politische Mehrheit, diese schnell zu ändern. Und im Vergleich zu den Szenarien, die denkbar gewesen wären, ist das Kompromissergebnis aus meiner Sicht ziemlich gut. 2/
Es ist zunächst positiv, dass der Haushaltsstreit der Ampel-Koalition jetzt (hoffentlich) beendet ist. Die anhaltende Unsicherheit alleine war bereits ein Wachstumshindernis. Positiv ist außerdem, dass wohl massive Einschnitte im Bundeshaushalt vermieden werden konnten. 3/
Angesichts der aktuellen Debatte, wie man Fachkräfte zur Mehrarbeit bringen kann und welche Rolle die Frauenerwerbstätigkeit dabei spielt, ist ein Blick auf die Daten hilfreich. Wie so oft mit Empirie: Es gibt Überraschungen! Ein 🧵 1/
Grundsätzlich: Seit den frühen 1990ern und auch gegenüber 2006 ist Gesamterwerbstätigkeit vor allem bei Frauen gestiegen. 2/
Besonders deutlich ist der Effekt bei älteren Frauen, der Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt hat sich bei vielen nach hinten verschoben. Und ab Mitte 40 steigt die Erwerbstätigkeit sogar noch einmal und liegt bei den älteren Jahrgängen höher als bei den Jüngeren. 3/
Die Idee von @c_lindner , #Überstunden steuerfrei zu stellen, ist nicht neu. Im Herbst war sie bereits von der CDU ins Gespräch gebracht worden. Die Idee bleibt aus meiner Sicht aber eine schlechte Idee, aus einer ganzen Reihe von Gründen: 1/
Erstens gibt es keinerlei empirische Evidenz, dass Beschäftigte in relevantem Maß derzeit Überstunden jenseits der Vollbeschäftigung ablehnen würden, weil heute die Steuerbelastung zu hoch wäre. Von daher ist der Effekt auf das Arbeitsangebot unklar. 2/
Zweitens schafft eine Besserstellung von Überstunden den Anreiz bei den Unternehmen, lieber auf überlange Arbeitszeiten zu setzen, statt Nachwuchs zu rekrutieren oder auszubilden oder bei Teilzeitbeschäftigten die Voraussetzungen für Mehrarbeit zu schaffen. 3/
Weil das bei einigen ÖkonomInnen in der Debatte wild durcheinander zu gehen scheint:
Die EU-Lieferkettenrichtlinie sollte nie europäische oder deutsche Arbeitsstandards weltweit durchsetzen.
Es geht vielmehr um grundlegende Menschenrechte und @ILO -Kernarbeitsnormen. 1/
Dabei geht es um Dinge wie das Verbot von Sklaven- und Zwangsarbeit ebenso wie Kinderarbeit, die Garantie grundsätzlicher Organisationsfreiheit sowie des Diskriminierungsverbots aufgrund von Ethnie, Geschlecht oder Religion. 2/
Wer es im Detail nachlesen will: Hier die Liste der Normen, die durch die EU-Richtlinie geschützt werden sollte:
(Übrigens überwiegend von den meisten Ländern weltweit unterzeichnet.) 3/eur-lex.europa.eu/resource.html?…
Neuer @IMKFlash Policy Brief von Lukas Endres zur CO2-Bepreisung und #Klimageld.
Ergebnis: Ein – wie absehbar ab 2027 stark steigender – CO2-Preis würde auch in der Mitte der Verteilung zu vielen VerliererInnen führen. Ein 🧵 1/ imk-boeckler.de/de/faust-detai…
Was haben wir gemacht? Wir haben mit Haushaltsdaten aus der Einkommens-und Verbrauchsstichprobe errechnet, wie stark ein CO2-Preis von 275 €/t im Jahr 2030 Haushalte jeweils belasten würde und eine Entlastung durch eine volle Rückerstattung mit einem Klimageld gegengerechnet. 2/
Das Ergebnis: Es bleiben fast 5 Mio. Hauhalte (etwa 11 %), die netto (also nach Zahlung des Klimageldes) stark belastet bleiben, im Saldo mehr als 2 % ihres Nettoeinkommens verlieren. Dabei sind dies nicht reiche Haushalte, sondern verstärkt jene in der Mitte der Verteilung. 3/
Aktuellen Debatten vermitteln den Eindruck, in Deutschland seien die Sozialausgaben explodiert und der Staat über alle Maße aufgebläht worden.
Ein genauer Blick auf die OECD-/EU-Statistiken offenbart: Dieser Eindruck ist von Fakten nicht gedeckt.
Ein 🧵1/
Fangen wir einmal mit dem Wachstum der realen öffentlichen Sozialausgaben der vergangenen 20 Jahre an.
Hier liegt Deutschland bei den OECD-Ländern ziemlich weit hinten - d.h. die Sozialausgaben sind WENIG gewachsen. 2/
Nun könnte man denken, 🇩🇪 habe halt schon vor 20 Jahren einen im internationalen Vergleich aufgeblähten Sozialstaat gehabt, wie sieht es also mit Sozialausgaben relativ zur Wirtschaftsleistung aus? Auch hier ist Deutschland im Vergleich der reichen OECD-Länder unauffällig. 3/