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Warum man die BILD enteignen und zerschlagen muss.

Die BILD bricht. Mit den Werten des gesellschaftlichen Zusammenlebens, mit Recht und Gesetz, mit dem Pressekodex, mit der Ordnung in diesem Land.

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Zu dieser Ordnung gehört, dass der Schutz von Kindern eine überragende öffentliche Aufgabe ist. Dass man bei der Berichterstattung über Menschen ihre Persönlichkeitsrechte wahren und sie zuweilen vor sich selbst schützen muss.

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Dass man bei jeder journalistischen Arbeit die Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung berücksichtigt. Insbesondere dann, wenn man über Selbsttötungen, Amoklagen oder Terroranschläge berichtet.

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Das alles interessiert die BILD einen Dreck. Immer schon. Wer diese Zeitung kennt, wer für diese Zeitung arbeitet, weiß das. Immer schon.

Vor 22 Jahren nahm sich der Schauspieler Raimund Harmstorf, der durch seine Rolle als Seewolf berühmt wurde,

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auch wegen der Berichterstattung durch die BILD das Leben. Selbst die Polizei stellte fest, dass „Erkenntnisse dahingehend vorliegen, dass ein Mitauslöser für den Selbstmord in der Medienberichterstattung des vergangenen Samstags zu sehen ist“.

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BILD hat also ganz konkret ein Menschenleben auf dem Gewissen. Nicht das Erste. Nicht das Einzige.

focus.de/kultur/kino_tv…

Die Berichterstattung im Anschluss an den Suizid von Robert Enke beispielsweise war derart entsetzlich,

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dass sich im Anschluss daran die Zahl der Suizide an Bahnstrecken schlagartig verdoppelte und längerfristig erhöhte. Schuld daran: Nicht nur, aber auch und in besonderem Maße die BILD.

bildblog.de/62734/wenn-sch…

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Enke ist beileibe kein Einzelfall. Wer auf bildblog.de nach Beiträgen zum Umgang der BILD mit Suiziden sucht, findet eine Ansammlung an grotesk menschenverachtenden Artikeln, die allesamt belegen, wie egal der BILD Menschenleben sind.

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Wie egal ihr die Angehörigen und Hinterbliebenen sind. Dieser Zeitung, diesen Redakteuren ist alles egal. Außer natürlich Auflage, Umsatz und Klickzahlen.

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Als ein Flugzeug der Germanwings in den Alpen abstürzt, zeigt die Redaktion Bilder von weinenden Angehörigen in der Flughafenhalle. Unverpixelt.

bildblog.de/63665/absturz-…

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Als in Winnenden ein Amokläufer 15 Menschen tötet, zeigt BILD die Photos der Opfer. Die Photos wurden höchstwahrscheinlich ohne jede Einwilligung der Opferfamilien veröffentlicht.

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Gisela Mayer, die Mutter einer der Getöteten sagt später auf einer Tagung: “Es war uns bewusst, dass wir einen Anwalt beauftragen könnten, um dagegen vorzugehen. Aber wir waren zu schwach, trauerten, waren menschlich am Ende.“ Zu schwach, trauernd, menschlich am Ende.

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Sowas ist natürlich ein Gottesgeschenk für die BILD.

Mayer sagt aber noch etwas anderes: „Sie kritisiert auch die Aufmerksamkeit, die viele Medien dem Amokläufer hätten zukommen lassen. Dieser Nachruhm sei Teil dessen, was Amokläufer antreibt.

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Den Täter groß in Szene zu setzen, wie dies geschah, könne nachweislich Nachahmungstäter animieren.“ Wenige Meter von Mayer entfernt, auf demselben Podium, sitzt zufälligerweise Nicolaus Fest, zufälligerweise Mitglied der Chefredaktion der BILD.

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Als Mayer ihre Worte über den Täter und die Gefahr der Nachahmung sagt, zischt Fest „Schwachsinn, Schwachsinn, Schwachsinn“.

bildblog.de/8544/die-gewal…

Die BILD instrumentalisiert Kinder.

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Tote Kinder, kranke Kinder, trauernde und schwache Kinder, um ihre „Zeitung“ mit menschenfeindlichen Sensationsmeldungen voll zu machen. Wo immer Kinder sterben, werden Hinterbliebene solange „geschüttelt“, bis sie endlich Bilder der Opfer herausgeben.

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Wenn Mütter, deren Kinder getötet wurden von ihrem Schmerz erzählen, zischen Chefredakteure der BILD in Hörweite „Schwachsinn“.

Und ja, es ist die BILD, die ständig und wiederkehrend davon erzählt, sie habe ein „Herz für Kinder“.

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Womit wir bei der Berichterstattung zu den Geschehnissen in Solingen wären. Kurz und knapp: die BILD hat den WhatsApp-Verlauf eines Kindes veröffentlicht, dessen fünf Geschwister wenige Stunden zuvor von der Mutter getötet wurden.

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Dazu hat sie den 12-jährigen Freund des Kindes „interviewt“ und anschließend unverpixelt abgebildet. Genauso wie den WhatsApp-Verlauf. Mit einer reißerischen Schlagzeile versehen, hinter einer Bezahlschranke.

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Doch nicht nur die BILD, auch RTL hat den Minderjährigen interviewt, hat aus dem vertraulichen WhatsApp-Verlauf zitiert, hat Grenzüberschreitung und Tabubruch begangen.

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Die Zentralredaktion von RTL wird übrigens von einer gewissen Tanit Koch geleitet, was nicht uninteressant ist, wenn man bedenkt, dass Koch vor ihrem Engagement bei RTL die Chefredakteurin der BILD-Zeitung war. So schließt sich der Kreis.

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An dieser Stelle weiß ich auch nicht mehr weiter. Ich habe jedenfalls einen kurzen Text dazu verfasst und meiner Fassungslosigkeit mit Worten Ausdruck verliehen.



Wenige Stunden später äußerte sich ein Mitglied der BILD-Chefredaktion,

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verglich mich mit den Neonazis von der Identitären Bewegung und sprach von einem „moralischen Todesurteil“, das ich gegen BILD-Mitarbeiter aussprechen würde. Was auch immer das sein mag.



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Auf die ursprüngliche Geschichte mit den minderjährigen Kindern angesprochen, antwortete der Herr:

„Die Geschichte zu bringen war ein Fehler. Genau so ein Fehler ist es, Menschen pauschal abzuurteilen.

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Aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung und so weiter. Und auch nicht wegen ihres Arbeitgebers.“



Kein Witz. Menschen zu kritisieren, weil sie für die BILD arbeiten, ist genauso diskriminierend wie Rassismus oder LGBTQI-Feindlichkeit.

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Ein harter Tweet über BILD-Redakteure ist genauso falsch wie die Veröffentlichung eines vertraulichen WhatsApp-Verlaufs, in dem ein 11-jähriger Junge davon berichtet, dass alle seine Geschwister tot sind.

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Das sagt nicht der Hilfskoch in der Axel-Springer-Kantine, sondern ein Chefredakteur der BILD.

Die BILD ist kaputt, dieses System ist kaputt. Und nichts kann es reparieren. Was wäre beispielsweise die Konsequenz aus diesem Desaster?

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Eine Beschwerde beim Presserat? Der „freiwilligen Selbstkontrolle“ der Medienlandschaft in Deutschland? Der vom Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV) mitgetragen wird und dem wiederum ein gewisser Matthias Döpfner vorsteht?

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Derselbe Matthias Döpfner, der zufälligerweise Vorstandsvorsitzender von Axel Springer ist? Dem verlotterten Gemischtwarenladen, der zufälligerweise die BILD als Tochterunternehmen im Programm führt?

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Und selbst wenn. Selbst wenn es zu einer Rüge käme, wird die BILD diese nicht abdrucken und sich einen feuchten Kehricht darum scheren. Es bliebe vollkommen (!) konsequenzlos.

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Oder eine Anzeige beim Staatsanwalt? Durch wen? Das zuständige Jugendamt, in dessen Obhut sich der Junge befindet? Das in diesem Moment unterbesetzt und überfordert andere Dinge zu tun hätte?

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Wo doch gerade die deutschen Staatsanwaltschaften ihre besondere Nähe zur BILD-Berichterstattung oft genug offen kund getan haben. Bei der medialen und juristischen Vorverurteilung im Falle @Kachelmann zum Beispiel.

zeit.de/gesellschaft/z…

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Oder durch einen Aufruf durch die Politik? Also derselben Politik, deren Parteien und Politiker*innen durch die Bank weg die BILD hofieren, weil sie nicht so enden wollen wie Christian Wulff?

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Zum Regieren bräuchte man nur „BILD, BAMS und Glotze“ sagte ein SPD-Kanzler.

Heute, am Tag nach der Solingen-Berichterstattung sitzt ein CDU-Bundesminister ungerührt im „BILD TV“-Studio. Business as usual, zumal die BILD ohnehin als verlängerter Arm der CDU gelten kann.

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Wer als Einzelperson die BILD angreift, sieht sich ihrer Armada an Medienanwälten entgegen, hat das Vermögen einer Milliadärsfamilie gegen sich und kann kaum auf die Unterstützung durch die deutsche Justiz hoffen.

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Selbst wenn Kioskbetreiber die BILD aus ihrem Programm nehmen wollen, werden sie durch die Pressevertriebsgesellschaften unter Druck gesetzt. Wer die BILD nicht mehr auslegt, bekommt überhaupt keine Zeitung mehr.

taz.de/Haendler-nach-…

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Dieses System ist kaputt. Diese „Zeitung“ ist kaputt. Es gibt kaum eine Möglichkeit sie zur Rechenschaft zu zwingen und sie abzustrafen. Die BILD suhlt sich seit ihrer Gründung in ihrem Allmachtswahn und sieht sich keinerlei Kontrolle und Korrektur gegenüber.

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Wir können uns all diese konsequenzlosen Grenzüberschreitungen nicht länger bieten lassen. Die BILD ist gefährlich. Die BILD bricht. Mit dieser Gesellschaft. Mit den Menschen, die in diesem Land leben.

Deshalb muss sie enteignet und zerschlagen werden.

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