Kommt nun der #Wumms vom Konjunkturpaket? Hier auf Twitter wurde das ausgiebig diskutiert, alle neueren Prognosen deuten auf einen Konsumschub hin. Weil wir auch gerade an unserer @IMKFlash Prognose arbeiten, hier ein paar Überlegungen zum Thema. 1/
Das BIP wird im dritten Quartal ganz kräftig steigen. Getrieben wird das in erster Linie vom Konsum.
Aus meiner Sicht ist klar, dass die Stabilisierungspolitik der Bundesregierung hierzu einen entscheidenden Beitrag geleistet hat. 2/
Mit der schnellen Reaktion durch Kurzarbeit, Liquiditätshilfen etc. sind die Ängste in der Bevölkerung begrenzt worden. Die Beschäftigungsverluste waren bislang ebenfalls begrenzt. 3/
Es zeichnet sich sogar eine vorsichtige Stabilisierung am Arbeitsmarkt ab, schneller, als man aus früheren Rezessionserfahrungen erwartet hätte. 4/
Schwieriger ist die Frage, welche Instrumente im #Wumms-Paket jetzt wirken. Wir selber waren skeptisch zur Wirkung der temporären MWSt.-Senkung, andere waren positiver. Tatsächlich haben wir bisher nur Indizien. boeckler.de/de/faust-detai… 5/
Und wenn wir ehrlich sind, werden wir das am Ende wohl nie sauber und ohne Zweifel klären können, was wie stark gewirkt hat. 6/
Das analytische Problem ist, dass wir derzeit sehr viele Faktoren haben, die z.T. einmalig sind und sich überlappen und die Effekte schwer zu trennen sind. Was verzerrt alles die Konsumzahlen (kleine Liste)? 7/
1. Die Zwangsersparnis im 2. Quartal: Haushalte haben weniger konsumiert, weil Restaurants etc. geschlossen waren und weil der Osterurlaub ausfiel. Diese Art der Ersparnis ist etwas ganz anderes als Angstsparen. 8/
Wir haben keine historische Präzendenz, was Menschen mit Zwangsersparnis machen, wenn sie wieder konsumieren können. Die Größenordnung ist enorm: Die dt. Privathaushalte haben im 2. Quartal rund 100 Mrd. € gespart, gegenüber üblichen 50 Mrd. €. (Meine Lieblingsgrafik unten.) 9/
Es ist nicht unplausibel, dass bestimmte Käufe jetzt einfach nachgeholt werden. Ein Professor (mit sicherem Job, darum das Beispiel), der sich eigentlich im April ein neues Auto kaufen wollte, macht das wahrscheinlich jetzt und streicht diese Anschaffung nicht ganz. 10/
2. Viele Menschen sind dieses Jahr im Urlaub in Deutschland geblieben, obwohl sie sonst im Sommer ins Ausland fahren. Dadurch wurde mehr Geld im Inland ausgegeben, was die Zahlen verzerrt. 11/
Lebensmittel aus dem deutschen Supermarkt werden als Einzelhandelsumsätze verbucht, jene im Supermarkt in Spanien durch Urlauber als (Dienstleistungs-)Import. 12/
3. Im September und Oktober wurde/wird der Kinderbonus ausgezahlt.Hier gibt es einmal einen Einkommensschub für Niedrig- und Normalverdiener und möglicherweise die Illusion höherer Einkommen bei Besserverdienenenden
(denen der Bonus ja wieder bei der Steuer abgezogen wird.) 13/
4. Die temporäre Mehrwertsteuersenkung dürfte z.T. zu Kaufkraftgewinnen führen, soweit die Senkung weitergegeben wird, z.T. zu Vorzieheffekten (Käufe aus Q1 2021 werden vorgezogen) und z.T. zu Effekten aus der Euler-Gleichung in neukeynesianischen Modellen. 14/
(Dieser Effekt ist ein anderer als der Vorzieheffekt, weil danach jetzt der Konsum steigen müsste, aber auf Kosten aller künftigen Quartale, nicht nur Q1 2021.) 15/
5. Zum 1.1.2021 wird noch einmal das Kindergeld dauerhaft um 15 € pro Kind und Monat erhöht.
(Das waren nur die wichtigsten Punkte, es gibt allerlei kleineres wie Verlägerung ALG-I-Bezug und höheres #Kurzarbeitergeld) 16/
Fazit: Der konzeptionelle Streit über die Wirksamkeit einzelner Instrumente dürfte weiter gehen und nicht (bald) abschließend zu klären sein, Platz geben für zig Ökonomen-Paper. Konzeptionell wird aber die Identifikation der Effekte am Ende 17/
von einem Kranz von Annahmen abhängen, die jeweils angreifbar sind und deren Änderung zu anderen Ergebnissen führen wird. Da #Covid19 (hoffentlich) einmalig ist, werden Zweifel über die genaue Wirkung bleiben. 18/
Hier jetzt etwas mehr Details zu #Haushalt & #Wachstumsinitiative.
Vorweg: Wie man das Ergebnis bewertet, kommt natürlich auf das mentale Referenzszenario an. Hätte ich mir (wenn es keine #Schuldenbremse gäbe) etwas anderes gewünscht? Ja.
Das Leben ist ja kein Wunschkonzert. Es gibt die Schuldenbremse und auch keine absehbare politische Mehrheit, diese schnell zu ändern. Und im Vergleich zu den Szenarien, die denkbar gewesen wären, ist das Kompromissergebnis aus meiner Sicht ziemlich gut. 2/
Es ist zunächst positiv, dass der Haushaltsstreit der Ampel-Koalition jetzt (hoffentlich) beendet ist. Die anhaltende Unsicherheit alleine war bereits ein Wachstumshindernis. Positiv ist außerdem, dass wohl massive Einschnitte im Bundeshaushalt vermieden werden konnten. 3/
Angesichts der aktuellen Debatte, wie man Fachkräfte zur Mehrarbeit bringen kann und welche Rolle die Frauenerwerbstätigkeit dabei spielt, ist ein Blick auf die Daten hilfreich. Wie so oft mit Empirie: Es gibt Überraschungen! Ein 🧵 1/
Grundsätzlich: Seit den frühen 1990ern und auch gegenüber 2006 ist Gesamterwerbstätigkeit vor allem bei Frauen gestiegen. 2/
Besonders deutlich ist der Effekt bei älteren Frauen, der Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt hat sich bei vielen nach hinten verschoben. Und ab Mitte 40 steigt die Erwerbstätigkeit sogar noch einmal und liegt bei den älteren Jahrgängen höher als bei den Jüngeren. 3/
Die Idee von @c_lindner , #Überstunden steuerfrei zu stellen, ist nicht neu. Im Herbst war sie bereits von der CDU ins Gespräch gebracht worden. Die Idee bleibt aus meiner Sicht aber eine schlechte Idee, aus einer ganzen Reihe von Gründen: 1/
Erstens gibt es keinerlei empirische Evidenz, dass Beschäftigte in relevantem Maß derzeit Überstunden jenseits der Vollbeschäftigung ablehnen würden, weil heute die Steuerbelastung zu hoch wäre. Von daher ist der Effekt auf das Arbeitsangebot unklar. 2/
Zweitens schafft eine Besserstellung von Überstunden den Anreiz bei den Unternehmen, lieber auf überlange Arbeitszeiten zu setzen, statt Nachwuchs zu rekrutieren oder auszubilden oder bei Teilzeitbeschäftigten die Voraussetzungen für Mehrarbeit zu schaffen. 3/
Weil das bei einigen ÖkonomInnen in der Debatte wild durcheinander zu gehen scheint:
Die EU-Lieferkettenrichtlinie sollte nie europäische oder deutsche Arbeitsstandards weltweit durchsetzen.
Es geht vielmehr um grundlegende Menschenrechte und @ILO -Kernarbeitsnormen. 1/
Dabei geht es um Dinge wie das Verbot von Sklaven- und Zwangsarbeit ebenso wie Kinderarbeit, die Garantie grundsätzlicher Organisationsfreiheit sowie des Diskriminierungsverbots aufgrund von Ethnie, Geschlecht oder Religion. 2/
Wer es im Detail nachlesen will: Hier die Liste der Normen, die durch die EU-Richtlinie geschützt werden sollte:
(Übrigens überwiegend von den meisten Ländern weltweit unterzeichnet.) 3/eur-lex.europa.eu/resource.html?…
Neuer @IMKFlash Policy Brief von Lukas Endres zur CO2-Bepreisung und #Klimageld.
Ergebnis: Ein – wie absehbar ab 2027 stark steigender – CO2-Preis würde auch in der Mitte der Verteilung zu vielen VerliererInnen führen. Ein 🧵 1/ imk-boeckler.de/de/faust-detai…
Was haben wir gemacht? Wir haben mit Haushaltsdaten aus der Einkommens-und Verbrauchsstichprobe errechnet, wie stark ein CO2-Preis von 275 €/t im Jahr 2030 Haushalte jeweils belasten würde und eine Entlastung durch eine volle Rückerstattung mit einem Klimageld gegengerechnet. 2/
Das Ergebnis: Es bleiben fast 5 Mio. Hauhalte (etwa 11 %), die netto (also nach Zahlung des Klimageldes) stark belastet bleiben, im Saldo mehr als 2 % ihres Nettoeinkommens verlieren. Dabei sind dies nicht reiche Haushalte, sondern verstärkt jene in der Mitte der Verteilung. 3/
Aktuellen Debatten vermitteln den Eindruck, in Deutschland seien die Sozialausgaben explodiert und der Staat über alle Maße aufgebläht worden.
Ein genauer Blick auf die OECD-/EU-Statistiken offenbart: Dieser Eindruck ist von Fakten nicht gedeckt.
Ein 🧵1/
Fangen wir einmal mit dem Wachstum der realen öffentlichen Sozialausgaben der vergangenen 20 Jahre an.
Hier liegt Deutschland bei den OECD-Ländern ziemlich weit hinten - d.h. die Sozialausgaben sind WENIG gewachsen. 2/
Nun könnte man denken, 🇩🇪 habe halt schon vor 20 Jahren einen im internationalen Vergleich aufgeblähten Sozialstaat gehabt, wie sieht es also mit Sozialausgaben relativ zur Wirtschaftsleistung aus? Auch hier ist Deutschland im Vergleich der reichen OECD-Länder unauffällig. 3/