Ein Bankenskandal folgt dem Nächsten. Obwohl Deutsche, HSBC & Co Milliardenstrafen gezahlt haben, scheint es immer weiter zu gehen. Das hat System, denn statt Banker hart zu bestrafen, machen Ermittler Deals mit ihnen. Das ist über die Jahre schlimmer geworden. Ein Thread. 1/11
Man mag das aus heutiger Sicht kaum glauben, aber: Jahrzehntelang war es ganz normal, dass Banker*innen für ihre Fehler auch persönlich haften. Die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC brachte in den 30ern sogar den Chef der New Yorker Börse hinter Gittern. 2/11
In den 80er Jahren, nach dem sogenannten "Savings & Loan"-Skandal – Immobilienkredite wurden zu leichtfertig vergeben (🧐) – klagten Behörden mehr als tausend Banker persönlich an. Selbst in den 2000ern, als Enron, WorldCom & Co zerfielen, gingen Top-Manager ins Gefängnis. 3/11
Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 ging dagegen kein einziger Vorstand, kein einziger Aufsichtsrat ins Gefängnis. Die allermeisten Verfahren gegen Banken – auch in den Jahren danach – wurden nicht gegen die verantwortlichen Personen geführt, sondern gegen die Institutionen. 4/11
Und mehr noch: Selbst die Institutionen wie Deutsche Bank, HSBC, JPMorgan & Co wurden nicht etwa verurteilt, die Behörden machten Deals mit ihnen. So zahlten die Banken ein paar Hundert Millionen, vielleicht auch ein paar Milliarden – und konnten einfach weitermachen. 5/11
Woran liegt das? Behörden sind ängstlich geworden. Sie haben aufgehört, Prozesse zu führen, in denen sie unsicher sind, ob sie am Ende wirklich gewinnen. Weil das schlecht für die Lebensläufe der Staatsanwälte ist. Weil die Gegenseite mit teuren Anwaltsbüros dagegen hält. 6/11
Weil die Banken seit Jahren gegen harte Ermittlungen – ja sogar gegen eine harte Aufsicht – politisch lobbyieren. Und weil dadurch nicht nur die Regeln aufgeweicht wurden, sondern den Behörden auch immer weniger gute Ermittler zur Verfügung stehen. 7/11
Die für die Bankenaufsicht zuständigen Behörden sind viel, viel, viel zu schlecht ausgestattet – und geben sich dann mit wenig zufrieden. Mit Deals, mit einer Strafzahlung die für die Banken aus der Portokasse kommt, mit einem "Monitoring", mit netten Versprechen. 8/11
Woher ich das weiß? Es gibt ein großartiges Buch über diese langjährigen Entwicklungen, mit Banken lieber Deals zu machen als sie ernsthaft zu bestrafen – und über die Menschen dahinter. Diejenigen, die dafür verantwortlich sind und diejenigen, die sich dagegen auflehnen. 9/11
Das Buch heißt "The Chickenshit Club". Es ist von @propublica-Reporter und Pulitzerpreis-Träger @eisingerj und es ist nicht nur extrem dicht recherchiert, sondern auch gut erzählt. (Es findet sich als PDF im Netz, aber kauft es lieber selbst – Recherche kostet.) 10/11
Das Buch ist drei Jahre alt, aber es war vermutlich lange nicht so aktuell wie jetzt nach den #FinCENFiles. Hier geht's zu Besprechung und zu den Kommentaren bei @goodreads. goodreads.com/book/show/3439… 11/11
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NEWS: Wir schreiben ein Buch, über Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie. @LenaKampf und ich haben mit weit mehr als 100 Menschen aus der Musikindustrie gesprochen. Row Zero erscheint am 28. März 2024 bei Eichborn und ab sofort könnt ihr es vorbestellen. #RowZero 1/4
Dieses Buch war und ist extrem viel Arbeit. Es ist aufwändig, all das zusammen zu tragen, was seit Jahren in der Branche unter der Oberfläche brodelt. Gleichzeitig freut es mich sehr, zu sehen, wie viele spannende Gespräche wir führen, wie viele Menschen sich uns anvertrauen. 2/4
Wenn Ihr die Arbeit von Lena und mir unterstützen möchtet, könnt Ihr das einfach tun, indem Ihr unser Buch vorbestellt. Vorbestellungen sind für Verlage sehr wichtig, um das Potential eines Buches abzuschätzen. Je mehr Vorbestellungen, desto besser für den Impact des Buches. 3/4
Zwei Frauen berichten uns zudem von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten. Die Frauen äußern sich anonym vor der Kamera und versichern ihre Aussagen an Eides statt. Insgesamt hat mehr als ein Dutzend Frauen mit uns gesprochen. 2/5 #MeToo
Den Reporterinnen und Reportern liegen weitere Aussagen von Zeuginnen an Eides statt sowie zahlreiche Chat-Protokolle vor, die Teile der Vorwürfe unterstreichen. Fragen von NDR und SZ zu konkreten Vorwürfen ließen sowohl Lindemann als auch die Band inhaltlich unbeantwortet. 3/5
Starke Schweine fressen den schwachen bei lebendigem Leib die Ohren ab und verbeißen sich in deren Ringelschwänze. Die Buchten der Schweine sind viel zu eng, auf dem Boden sammeln sich Fäkalien. Tote Tiere liegen zwischen den lebenden Schweinen. 1/4 #FarmSubsidies
Auch in einem anderen Stall laufen Schweine mit schweren Verletzungen herum. Das Gewebe am abgebissenen Schwanz einiger Tiere hat sich schon schwarz verfärbt. Sterbende Schweine werden offenbar sich selbst überlassen, liegen in den Gängen, ohne Zugang zu Wasser oder Futter. 2/4
Eine tote Kuh liegt in einem anderen Stall zwischen ihren Artgenossen und verwest. Mindestens 18 Tage lang bleibt der Kadaver an derselben Stelle – während die Arbeiter Dreck wegfegen. Hinter dem Stall liegen drei bereits skelettierte Kühe, im Stall verfault ein totes Kalb. 3/4
450 Milliarden Euro Agrarsubventionen hat die EU seit 2014 ausgeschüttet. NDR, WDR & SZ haben diese gemeinsam mit @fragdenstaat und @correctiv_org exklusiv ausgewertet. Anders als versprochen profitieren noch immer große Unternehmen. tagesschau.de/investigativ/n… 1/ #FarmSubsidies
Ich war überrascht, wie groß die Unterschiede in Deutschland waren. Das oberste Prozent der Empfänger erhält mehr als ein Viertel der Subventionen – im Schnitt 30.000 pro Betrieb im Monat. Die untere Hälfte der kleinen Landwirte erhält im Schnitt lediglich 200 Euro/Monat. 2/4
Mit @SarahWippermann habe ich mich außerdem intensiv mit Tierquälern befasst. Wir haben über 50 Landwirte gefunden, die wegen Tierschutzverstoßen auffällig geworden sind und trotzdem weiter ihre Subventionen bezogen haben. Das Problem ist strukturell. tagesschau.de/investigativ/n… 3/4
NEU von NDR/WDR: Scholz will in den kommenden Tagen mehr als ein Drittel des Hamburger Hafens an China verkaufen, obwohl alle Fachministerien dagegen sind.
Kanzleramt soll die Ministerien beauftragt haben, nach Kompromiss zu suchen, damit das Geschäft genehmigt werden kann. 1/5
Cosco soll den Recherchen zufolge nicht nur eine rein finanzielle Beteiligung erhalten, sondern einen Geschäftsführer stellen und Mitspracherechte bekommen. Da China schon wichtigster Kunde des Hafens sei, könnte ein „Erpressungspotenzial“ entstehen. 2/5
„Die langfristige Strategie der Chinesen könnte natürlich darin bestehen, die Kontrolle über die gesamte Lieferkette, digital wie maritim in Europa an sich zu reißen“, erklärt Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel gegenüber Panorama. 3/5
Hunderte Spargelstecher:innen haben sich in Deutschland mit Corona infiziert, bislang ist aber keine einzige Infektion als Arbeitsunfall anerkannt worden. Das hat nach meinen Recherchen für @BuzzFeedNewsDE zwei Gründe und beide finde ich ziemlich krass. Ein Mini-Thread dazu. 1/4
1. Grund: Die Spargelbetriebe melden die Infektionen oft gar nicht erst als mögliche Arbeitsunfälle, weil sie offenbar lieber eine private Versicherung nutzen als regulär (und vorgeschrieben) an das Sozialsystem zu melden (und Corona verharmlosen sie auch noch nebenher). 2/4
2. Grund: Für die Berufsgenossenschaft spielt es offenbar keine Rolle, dass die Saisonarbeitskräfte ausschließlich zum Arbeiten in Deutschland sind. Wenn sie sich in den Gemeinschaftsunterkünften anstecken, heißt das deshalb noch lange nicht, dass das als Arbeitsunfall gilt. 3/4