Hallo, @joschueck und @correctiv_org. In der @zdfaspekte-Sendung haben Sie zum Thema Wohnungsspekulation eine Kausalkette präsentiert, die zwar populär, aber ziemlich sicher falsch ist. 1/
Diese Kausalkette geht so: Spekulanten kaufen Wohnungen, die Kaufpreise für die Wohnungen gehen in die Höhe, und WEIL die Kaufpreise so hoch sind, erhöhen die neuen Eigentümer dann die Mieten, um das Geld wieder hinein zu bekommen. Klingt plausibel? Naja. 2/
Nehmen wir mal an, ich bin Blackstone, kaufe massenweise Daimler-Aktien und treibe damit deren Preis hoch. Kann ich deshalb durchsetzen, dass anschließend die A-Klasse 20% teurer verkauft wird, damit ich über den Gewinn mein investiertes Geld wieder reinbekomme? 3/
Da sieht glaube ich jeder, dass das nicht geht. Der Wettbewerb auf dem Automarkt wird das verhindern. Ich kaufe also vielleicht massenhaft Daimler-Aktien, weil ich erwarte, dass Daimler höhere Gewinne machen wird. Aber Daimler wird nicht deshalb höhere Gewinne machen können, 4/
weil der Aktienkurs in die Höhe gegangen ist.

Mit den Wohnungen ist es im Prinzip genauso. Die Investoren sind bereit, hohe Kaufpreise zu zahlen, weil sie erwarten, dass der Markt sich so entwickeln wird, dass die im Wettbewerb durchsetzbaren Mieten steigen. 5/
Zum Beispiel aus demographischen Gründen (Zuzug in die Großstädte), oder aus politischen Gründen (Behinderung von Neubauten). Da spricht vieles für eine dauerhafte Überschussnachfrage, die die Mieten steigen lassen wird. Und damit auch die Kaufpreise. Aber: Die Kaufpreise 6/
steigen wegen dieser Erwartung. Nicht die Mieten steigen wegen steigender Kaufpreise.

Die Investoren tragen, wie auch die Aktienkäufer beim Daimler, ein gewisses unternehmerisches Risiko. Nehmen wir z.B. an, der Berliner Senat würde beschließen, alle 7/
Baulücken inklusive des Tempelhofer Felds bebauen zu lassen. Und das auch noch möglichst hoch, so dass sehr viele neue Wohnungen entstehen. Der Spielraum, die Miete zu erhöhen, würde plötzlich geringer und die Investoren, die gerade noch sehr hohe Preise gezahlt haben, 8/
würden eine viel geringere Rendite erwirtschaften als erwartet. Vielleicht sogar Verluste machen.

Was das unternehmerische Risiko der Investoren verringert, das ist vor allem die Wurstigkeit der Politik, die Neubau stark limitiert. 9/
Also nochmal. Die Kausalkette sieht *nicht* so aus: Höhere Kaufpreise -> höhere Mieten. Sondern so: höhere Mieterwartungen -> höhere Kaufpreise.

Und genau deshalb ist der ganze Aufstand gegen Investoren überflüssig bis lächerlich. 10/
Wenn Ihr Mieterwartungen, Mieten und damit auch die Kaufpreise senken wollt, dann müsst Ihr für Neubau kämpfen. Sonst hilft nix. 11/11

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4 Jun
Bevor sich jetzt alle in den Armen liegen und sich freuen, was für ein wunderschönes Konjunkturpaket das ist, muss ich mal ein wenig Wasser in den Wein gießen. Denn natürlich ist das hier auch weiterhin normales politisches Geschäft, also: das Bedienen von Interessengruppen. 1/
Da werden unter Punkt 35h die Mobilfunkunternehmen ein wenig subventionier (150 Mio.), unter 35j gibt's einen Zuschuss für Spediteure und unter 35l gibt's eine Milliarde für Airlines, die neue Flugzeuge kaufen wollen – also wohl für die Lufthansa. 2/
Ziffer 39: 2 Mrd. für die Bauwirtschaft, die läuft ja noch nicht genug heiß. Tesla baut Ladeinfrastruktur und Batterien selbst, deutsche Produzenten kriegen das nicht hin – geben wir ihnen 2,5 Mrd., Ziffer 35f. 3/
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