Komme nicht so recht über #NRWs "Partnerregel" bei der Impfstoffvergabe weg. #Impfethik
Die Ältesten dürfen zuerst, weil sie das massivste Sterberisiko haben. Total richtig. Genau wie bestimmte Vorerkrankte. Ebenso richtig. Und Menschen in Hochrisikoberufen. Auch richtig. [1/26]
Stellen wir sie uns in einer langen Reihe vor dem Impfzentrum vor. Was macht jetzt die Partnerregel?
Sie ruft einen Haufen Leute ohne jeden Blick auf besonderen Bedarf (Ansteckungs-/Verlaufsrisiko) dazu und reiht sie im Reißverschlussprinzip ein. [2/26]
An bis zu jeder 2. Stelle in der Schlange. Jedesmal, wenn jemand reinrückt, landen ALLE anderen in der Schlange einen Platz weiter hinten. Die, die älter als die dazugeholte Person sind. Die, die vorerkrankt sind. Die, die Schulklassen unterrichten. Und nicht nur die schon... [3/
..irgendwie Priorisierten, sondern auch alle anderen. Unter denen noch mal viele, die man nehmen könnte, wenn man die Priorisierungsliste nach weiteren Kriterien verlängern wollte. Alleinerziehende, die Waisen hinterlassen würden. Menschen mit Erkrankungen, die nicht auf.. [4/26]
..der kurzen Berechtigungsliste sind, aber eins der gern miterwähnten "vorerkrankt"-Häkchen in den Todesmeldungen wären und die Person jetzt mit einiger (wenn auch nicht durch Studien abgesicherter) Berechtigung um ihr Leben fürchten lässt.
Dann prekär Beschäftigte, Arme, ... [5/
.."Migrant:innen" (& in Ländern, wo erfasst wird, rassifizierte Minderheiten wie Schwarze/Latinxs), Arbeitslose usw.
Keine Priorisierungliste kann wirklich ALL solche Gründe, früher dranzukommen, einfangen. Deshalb hat man sich auf die gesichertsten, gravierendsten geeinigt. [6/
Alle anderen hatten zumindest die gleichen Chancen, früh/spät dranzukommen. Zu denen, die das berechtigte "Glück" hatten, zuerst dranzukommen, gehören die Ältesten. Je älter, desto eher. Ermöglicht durch die Solidarität ALLER anderen, in Anerkennung des erhöhten Risikos. [7/26]
Aber wie lässt sich (aus der Perspektive der Altersberechtigten) rechtfertigen, eben dieses Prinzip der risikoorientierten Solidarität, das überhaupt erst den Platz in der Reihe gewährt, für alle Nachfolgenden zu verletzen und jemanden einzig aufgrund der... [8/26]
...Eigenschaft "Lebenspartnerin einer Xjährigen Person, die aktuell impfberechtigt ist", vorzuziehen?
- Die Beziehung zur älteren Person kann nicht der Grund sein, da Lebenspartner:innen vor Einführung der Aktion sich nicht nachholend einreihen können. [9/26]
- Es geht auch nicht um Pflegendenrolle, die nicht zwingend vorhanden ist, aber auch gesondert berücksichtigt würde. Nicht mal um Risikoeintrag durch Wohnen im selben Haushalt.
- Besserer Schutz der altersberechtigten Person kann auch kein Argument sein, da die Impfen... [10/26]
..gleichzeitig Wirkung entfalten und die eigene (komplette) das berechtigende Risiko bereits so weit senkt, dass andere sogar höheren Passivschutz verdienen würden.
- Gibt es irgendwelche berechtigenden Argumente aus Sicht der/s LP? Sehe keine. Wäre die alte Person... [11/26]
...ungeimpft, würde eine Impfung sich damit legitimieren lassen, dass LP als "Brücke zur Außenwelt" Aufgaben wie Einkaufen etc. übernehmen kann, sich dafür zusätzlichem Risiko aussetzt. Bzw. einfach ein Interesse daran hat, kein Infektionsrisiko für die aP zu werden. [12/26]
Der erste Part stellt sie allerdings (nur) mit allen Versorger:innen besonders Gefährdeter gleich. Lebenspartnerschaft ist da irrelevant. Und wie erwähnt hinfällig, wenn die gefährdete Person gleichzeitig geimpft wird. [13/26]
- Die einzige Begründung ist imo eine pragmatische: Das Paar kann gemeinsam anreisen. Was für Ältere furchtbesetzt und zB auf dem Land aufwändig sein kann. Das IZ spart in Doppelabfertigung ggf auch ein wenig Zeit.
Zum ersten Punkt muss allerdings gesagt werden, dass... [14/26]
..die Extrafahrt nicht zwangsläufig einer sehr alten/verunsicherten/immobilen Person erspart wird, sondern einfach jemandem, dessen/deren LP schon mal geimpft wurde. Begleitung ist unabhängig davon generell für alle erlaubt, es geht also nicht um Beistand für die aP. [15/26]
- Böswilliger könnte man natürlich auch sagen, dass der Altersklasse einfach ein Gefallen getan wird und es nett ist, auch den/die LP sicher zu wissen, zus. wieder reisen zu können etc. Das verdienen Altersberechtige allerdings nicht mehr oder weniger als alle anderen. [16/26]
An dieser Stelle rechne ich mit empörten Vorwürfen wie "Nicht gönnen können!!", "Neid", "deutsche Überbürokratisierung!!".
Aber die Frage ist halt, wiegt irgendwas von den Argumenten oben (oder welche, die ich übersehen habe?) auf, dass Menschen, bei denen wir überein-... [17/26]
..gekommen sind, dass wir sie aufgrund ihres hohen Risikos zuerst (=sobald es niemand anders noch nötiger hat) impfen müssen, warten müssen?
Denn wir gehen weiter jahrgangsweise die Altersfolge durch. 73jährige werden erst freigeschaltet, wenn 74jährige abgefertigt sind. [18/26]
Und wie lange das dauert, hängt davon ab, wie viel Impfstoff da ist. Und mit jedem/r, der/die als LP einer/s Ü74 ohne Not mitgebracht wird, ist in der Woche weniger Impfstoff für den Jahrgang da, so dass das "Fenster", in dem Jüngere keine Termine machen können, länger wird.
[19/
Jeder Wartetag bedeutet aber Infektionsrisiko. DASS *irgendjemand* warten muss, während *irgendjemand* drankommt, lässt sich nicht vermeiden. Aber siehe oben, wir erkennen an, dass Wartezeit für einige wesentlich riskanter als für andere ist. Weil sie sich mit größerer.. [20/26]
Wahrscheinlichkeit anstecken oder mit gr.W. schwer krank werden oder sterben. Vor letzterem schützt vollständige Impfung Stand jetzt komplett. Verspätete Impfung bedeutet deshalb zusätzliche Sterbe-Risiko-Tage. Für fitte junge Leute ein geringeres, für... [21/26]
..aufgrund von Krankheit/Beh./Alter Priorisierte ein massives.
Der Lebenspartner:innen-Joker für nicht Priorisierte führt in jedem Fall** dazu, dass der/die letzte, der/die eigentlich an diesem Tag aus triftigem Grund die letzte zu vergebene Dosis bekommen hätte, erst am.. [22/
..nächsten dran ist, also einen Tag mehr (Sterbe-)Risiko hat.
Wenn man die LP mit ihrem eigenen Jahrgang oder der unpriorisierten "Restbevölkerung" vergleicht, ist das "nur" eine unfaire und fragwürdige* Bevorzugung, aber wenn man auf Priorisierte schaut, imo untragbar. [23/26]
*Eigene Sicherheit ist der eine, unmittelbare Nutzen.
LP einer aktuell impfber. Person haben bereits das Glück, zukünftig eine:n (gerechtfertigt) geimpfte:n LP zu haben,
- der/die sich draußen sicherer bewegen kann/sie nicht ansteckt,
- den sie nicht anstecken. [24/26]
Stände man vor der direkten Wahl, würde man wohl eher je 1 Person in 2 Haushalten/Beziehungen impfen als beide in einer/m, während Nr. 2 leer ausgeht.
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** Volle Auslastund der Impfzentren vorausgesetzt. Wär kein Prob in Gegenden, wo regelmäßig nach Impflingen gestöbert werden muss, weil z.B. niemand AZ will. Bei uns vor Ort sind jedoch dauerhaft ausschließlich verfügbare Dosen/zu vergebene Termine der Begrenzungsfaktor.
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Wichtiger Disclaimer:
Das ist keine Kritik an Menschen, die das Angebot wahrnehmen! Man kann sicher auch darüber urteilen, ob Personen es tun sollten oder nicht, aber mir geht es oben komplett um die *Daseinsberechtigung der Regel*.
Einzelne können bessere und schlechtere Gründe haben, außerdem ist es natürlich sehr, sehr viel verlangt, mit "Blick aufs Ganze" zu verzichten, wenn man sein eigenes Leben schützen kann und darf.
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"Integrationserfolg gefährdet... was bedeutet das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt" klingt* abstrakt-düster, als drohten sie zum Problem zu werden. Dabei geht es im kurzen Artikel (zum Glück) vornehmlich um ihr Schicksal und ihre Probleme. [1/4]
Das würde ich direkt in Teaser und Tweets formulieren. Denn wie es ihnen (ganz konkret) geht, ist auch für sich genommen relevant, nicht nur mit Blick auf Folgen für andere/alle, wie (abstrakt) "unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt". [2/4]
*Im Kontext der deutschen Debatten in dem Bereich die letzten Jahre, Jahrzehnte über. "Zusammenhalt/Solidarität" wird oft nur angeführt, um zu behaupten, dass sie vorhanden, aber ein zartes Pflänzchen wäre, ... [3/4]