Habe mir mal die Lockdown-Studie von Douglas Allen angeschaut, über die jetzt alle berichten. (Thread)
Das erste Mal gestolpert bin ich über diese Stelle. Er behauptet, Studien mit von der offiziellen Regierungspolitik abweichenden Erkenntnissen seien von Social-Media-Plattformen entfernt worden. Die Kanadier hätten sich daher nur über Regierungsquellen informieren können.
Da frage ich mich: in welcher Parallelwelt lebt er eigentlich? Die Medien und sozialen Plattformen sind VOLL mit allen möglichen Studien, die zu anderen Ergebnissen kommen. Eine ziemlich krasse Fake-news-Behauptung für einen Wissenschaftler.
Dann schließt er in seiner Analyse von Lockdown-Effekten schon mal alle Inselstaaten aus. Weil: die haben ja auch ihre Grenzen dichtgemacht. Das finde ich wissenschaftlich ein bisschen sportlich, die Lockdown-Effekte von etwa Neuseeland zu ignorieren.
Weiter schreibt er, die Lockdown-Modellierungen hätten nicht genügend eine Veränderung des individuellen Verhaltens antizipiert. Das kann ich nicht beurteilen, aber mir scheint, dass er hier einen Punkt hat.
Im Gegensatz zu seiner Behauptung, die Regierungen hätten bei Lockdowns immer nur den Nutzen antizipiert, nie aber die Kosten. Das ist für Deutschland schlicht falsch (und ich bin mir ziemlich sicher: auch für andere Länder).
Er erstellt dann selbst Kosten-Nutzen-Rechnungen - und thematisiert dafür ausführlich nicht nur den Wert von Menschenleben, sondern den „geringeren“ Wert von älteren Menschen.
Ich weiß nicht, ob man das in der Wissenschaft so theoretisch macht, aber ich finde das CREEPY.
Bin dann ausgestiegen, weil ich es auch für eine Gesellschaft schwierig finde, bei politischen Maßnahmen abzuwägen, wie viel das Leben von alten Menschen „ökonomisch“ wert ist und ob das einen Lockdown rechtfertigt.
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Seit Wochen postet die @UN über ihren Account hier zig Posts zur schrecklichen humanitären Lage in Gaza. Das ist wichtig und richtig. Aber was hat sie eigentlich zu Israel gepostet? Ein kurzer Thread.
Ich bin mal zum 7. Oktober zurückgescrollt. An diesem Tag finden sich mehrere Tweets, in denen das Hamas-Masaker klar verurteilt wird.
Doch noch am selben Tag wird dieser Unicef-Post retweetet, der schon mal alles auf eine Ebene stellt. Am Tag der Massaker.
Ich habe in meiner Zeit als Unions-Korrespondentin schon verschiedene Papiere zum Wesen der CDU gelesen. Die meisten waren: viel Geplustere, wenig Inhalt, nix Überraschendes. Alter Wein in schönen neuen Schläuchen.
Hier war ich überrascht. Kurzer #Thread.
Die Überschrift ist Käse (aber vielleicht auch von einem FAZ-Schlussredakteur ersonnen). Das Herz liegt Mitte-links. Isso. Nicht sicher, ob Wüst sich da verorten will:-). Auch nicht sicher, ob er weiß, dass Lafontaine schon vor ihm ein Buch schrieb: "Mein Herz schlägt links."
Christliches Menschenbild, Bewahrung der Schöpfung, Familie total wichtig...kennen wa alles schon. "Gegensätze versöhnen, Spaltung überwinden, Ausgleich schaffen" ist ein Signal der eigenen Verortung, aber auch nicht neu.
Ich muss nochmal das Zwei-Quellen-Prinzip erklären, weil es offenbar Verständnisprobleme gibt. Ein #Thread
Als im letzten November Raketen in Polen einschlugen, vermeldete die Nachrichtenagentur AP, es handele sich um russische Raketen. Quelle: ein anonymer "hochrangiger" US-Geheimdienstmitarbeiter.
Ich bin mir sicher: Dieser war für den Journalisten bisher eine gute verlässliche Quelle gewesen. Vermutlich war das tatsächlich der aktuelle Wissensstand beim Geheimdienst. Nur war er halt falsch.
Neulich habe ich länger mit einer Gruppe gesprochen, die alle als Gastarbeiterkinder aufwuchsen (jetzt zwischen 40 und Mitte 50). Zwei Dinge fielen mir auf. Eine Frage blieb. #Thread
1. Sie alle haben es „geschafft“, haben erfolgreiche Karrieren. Trotz aller Widrigkeiten. Die Kindheit oft von sehr begrenzten Mitteln bis hin zu Armut geprägt. Eine musste für ihre Mutter, die eine Analphabetin war, immer Briefe schreiben und zu Behörden mitgehen.
2. Fast alle hatten keine Gymnasialempfehlung, sondern fingen oft auf der Haupt- oder Realschule an. Dass sie trotz offenkundig guter Leistung wechseln durften, verdankten sie entschlossenen Müttern oder nicht familiären Einzelpersonen, die zu dem Schritt ermutigten.
Habe Weihnachten zum wiederholten Mal im Altenheim verbracht (dort gewohnt, nicht nur Stippvisite). Hier ein paar Erkenntnisse: 1. Wer du mal warst oder was du wichtiges gemacht hast, interessiert hier niemanden mehr. Mit dem Abschied vom Job verabschiedet sich auch die Bedeutung
Im Altenheim geht‘s zu wie in der Schule: Freundschaften, Liebe, Lästerei.
Wenn dein Blick aufs Leben ein durchweg negativer ist, fällt dir das im Altenheim auf die Füße. Weil du es hier nicht mehr mit anderen Insignien (Macht, Jugend, Schönheit) kompensieren kannst. Dann bist du nur noch alt und böse.
Die Debatte um das Altmaier-Porträt im Spiegel erinnert mich an eine eigene Erfahrung, die ich rückblickend ziemlich lehrreich fand. Ein #Thread.
1991 stellte der italienische Regisseur Marco Ferreri auf der Berlinale "Das Haus des Lächelns" vor. Es ging um eine Geschichte im Altersheim: Zwei Alte verlieben sich, ein Gebiss wird von der Konkurrentin geklaut, am Ende entfliehen sie dem Heim. Ich war total befremdet.
Ich hatte gerade bei einem sozialen Jahr im Altenheim eine andere Realität erlebt: Krankheit, Tod, Tristesse. Ich fand, dass Ferreri keine Ahnung hatte. Ich war 20. Mit einer anderen jungen Kollegin tauschte ich mich vor der Pressekonferenz aus. Am Ende stellte sie die Frage.