Ich habe mich in meiner jüdischen Haut in Deutschland und Europa noch nie so unwohl gefühlt wie gerade jetzt.
Gemeinhin lebe ich in einer glückseligen Seifenblase und bin bisher erstaunlich wenig mit direkt an mich adressiertem #Antisemitismus konfrontiert worden.
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Ja, natürlich, die üblichen antisemitischen Vorurteile, der unbewußte latente #Antisemitismus von Leuten, die sich selbst natürlich überhaupt nicht als #antisemitsch wahrnehmen bzw definieren. Viele Diskussionen über Nahost mit Leuten, die unkritisch den deutschen Medienbias
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internalisiert haben, glauben und wiedergeben.
Auch so manche Anwürfe von Leuten, die nicht zwischen Israelis und deutschen Juden unterscheiden können. Verdammt nochmal, ich bin deutsche Staatsbürgerin. Ich habe in Israel nix zu kamellen. Folglich bin ich auch nicht für die
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israelische Politik verantwortlich. Zu der kann man stehen wie man will, aber #Antisemitismus bleibt #Antisemitismus. Und wenn ich als deutsche Jüdin mit dem Hinweis auf Geschehnisse in Israel angemacht werde, ist das #Antisemitismus.
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Bisher fand ich all das manchmal etwas anstrengend, meistens bloß lästig, und habe es ganz gut geschafft, es zwecks Schonung meiner Nerven auszublenden.
Wenn ich nach Frankreich fahre, tausche ich allerdings den Davidstern an meiner Kette gegen ein Chaj.
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Das erkennen die unsrigen, für die meisten anderen ist es irgendein abstraktes Schmuckstück.
Ich gehe optisch und mit meinem bürgerlichen Namen in der biodeutschen Mehrheitsgesellschaft unter. Sofern ich mich nicht selbst "exponiere", bin ich "sicher".
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Aber warum muß ich mir darüber überhaupt Gedanken machen? Ob der Anhänger an meiner Halskette oder die Mesusa an meinem Türrahmen mich in Gefahr bringen können?
Ob von Rechten, Linken, Einheimischen, Eingewanderten, wem auch immer - warum muß ich mir darum Sorgen machen?
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Und es ist ja nicht nur in Deutschland so. In ganz Europa erstarkt der #Antisemitismus.
Ich könnte spontan mit meiner Handtasche das Land verlassen. Aber wo in aller Welt sollte ich hin?
Ich merke, daß die aktuelle Situation massiv an mir frißt.
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Objektiv bin ich als Person nicht akut bedroht. Ich sitze pandemiebedingt eh den Großteil der Zeit alleine Zuhause. Aber subjektiv finde ich die Gesamtlage derzeit massiv bedrohlich. Jede Faser meines Körpers ist angespannt, zwischen Verteidigungs- und Fluchtmodus.
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Ich finde es gruselig, wie heftig die körperlichen Auswirkungen dieser Sorte Streß sind.
Dabei fliegen mir hier zumindest keine Raketen auf den Kopf.
Aber ich fühle mich, als sei ein Panzerregiment über mich gerollt. #Antisemitismus #stress