Thread by @DieMinnie

Um den Therapieplatzmangel zu lösen, soll es jetzt also #RasterPsychotherapie geben. Heißt in Kurzform: Du hast Erkrankung A, also gibt es dafür nur maximal xy Stunden an Psychotherapie.

Und ich kenne gar nicht genug Worte um auszudrücken, was für eine beschissene Idee das ist.

Vor allem gibt's hier einfach eine so krasse weitere Stigmatisierung von psychischen Krankheiten.

"Du hast zB Depression und schaffst es nicht die innerhalb von xy Stunden behandeln zu lassen? Wow, bist du erbärmlich. Streng dich halt mal an. Andere schaffen es ja auch. Und die

"Experten", welche die Stundenzahl festgelegt haben, sind doch auch der Meinung, dass das reicht."

Und dies könnte man auf alle Erkrankungen übertragen. Willkommen Stigma, Verurteilung und Schuldgefühle. Also genau das, was einem Erkrankten weder hilft noch die Erkrankung besser

macht.

Ganz davon abgesehen, liegt dem Ganzen ein mehr als schädlicher Irrglaube zu Grunde, dass es für die Psyche eine festgelegte Heilungszeitspanne gibt.

Psyche ist nicht wie ein gebrochenes Bein, wo man genau sagen kann, wann's wieder gut ist. Heilung bei Psyche ist eine

verdammte Achterbahnfahrt und die Bahn legt zwischendrin nicht drölfzig Extrarunden ein.

Und Therapie funktioniert schonmal gar nicht nach einem festgelegten Zeitplan.

Seit mittlerweile 7 Wochen wollte mein Therapeut mit mir über ein Thema besprechen. Darüber

gesprochen haben wir aber deshalb nicht, weil in den 7 Wochen so viel passiert ist, was die Traumata verstärkt, mich belastet und aufgewühlt hat und es einfach an anderen Stellen Redebedarf gab, dass schlichtweg kein Gedanke für seine Themenidee da war.

Ein Problem, wenn es

zur #RasterPsychotherapie kommt. Würde die existieren, hätte mein Therapeut entscheiden müssen, welches Trauma er behandelt und welches nicht. In welcher emotionalen Krise er mich alleine lässt und wo er mir hilft. Immerhin hat er ja nur xy Stunden.
Mit anderen Worten, wäre ich

mit meinem Trauma und Schmerz und der daraus resultierenden Belastung alleine gewesen.

Und nicht jeder "steckt das einfach so weg". Bei nicht wenigen führt sowas von mal zu mal zu einer Verschlechterung. Das kann bis zum Suizid führen, weil der Druck, der dadurch auch beim

Patienten entsteht, ist riesig.

Psychische Probleme lösen sich nicht, wenn man einen Teil von ihnen ignoriert, sie nur oberflächlich bearbeitet und/oder unter Zeitdruck durcharbeitet.

Am schlimmsten ist, dass im Endeffekt viele Erkrankte mit der Therapie "fertig" sein werden,

aber noch nicht wieder genesen sind. Weiterhin psychisch kranke Menschen werden also wieder zurück in den Alltag gezwungen, der sie krank gemacht hat. Weil sie innerhalb dieser festgelegten Zeit noch nicht Verhaltensweisen ändern, Selbstbestärkungs- und Bewältigungsstrukturen

lernen, toxische Dinge abstellen, etc. konnten.

Jetzt werden manche vielleicht sagen "Wenn die Probleme so massiv sind, dann sollen sie halt in die Geschlossene oder tagesklinisch was machen".
Aber nicht für jeden ist dies die Lösung.
Für mich bspw wäre Tagesklinik der komplett

falsche Weg gewesen. Es hat sich für mich falsch angefühlt. Das wäre kein Therapieansatz gewesen wäre, der mir hilft. Im Gegenteil, er hätte mich mehr unter Druck gesetzt und mir geschadet.

Psyche hat nun mal keine festgelegte Heilungsdauer. Psyche ist unberechenbar.

Jetzt eine Dauer festzulegen ist ein sehr gefährlicher Weg.

Was tatsächlich sinnvoll wäre?
Geld in mehr Therapieplätze, Prävention und Nachsorge stecken. Gesündere Lebensräume und mehr Hilfsangebote / -anlaufstellen schaffen. Stigmata bekämpfen. Antragswege vereinfachen.