CN körperliche Gewalt,

Es ist jetzt ca 2 Jahre her, dass ich micj von meinem gewalttätigen Expartner befreit habe. Und auch heute würde ich ihn vor Scham noch gelegentlich gerne in Schutz nehmen.
Ich würde euch gerne etwas erzählen, was gewiss nicht jeder verstehen wird, nämlich wie man sich - nicht - direkt von jemanden trennen kann, der einmal zuschlägt.
Zunächst einmal: ich bin gewiss niemand, der sich gezielt einschüchtern lässt oder Respektlosigkeit blind hin nimmt
Dennoch kam es an einem Abend dazu, dass wir uns stritten und er holte aus. Ich war so erschrocken, dass ich in dem Moment nichts sagen konnte. Ich hatte Angst und starte ihn nur an. Dann holte er ein nächstes Mal aus. Ich war so perplex, ich entschuldigte mich, ohne zu wissen
Was ich überhaupt getan hatte. Er sagte, es sei immer meine Schuld, daß es mit uns nicht klappe, und das er die schnauze voll von meiner Dummheit hätte. Er legte sich ins Bett und schlief ein. Ich bekam in dieser Nacht kein Auge zu. Ich dachte ununterbrochen nach
Und überlegte, was ich jetzt tun soll. Ich wollte weg, aber es ist meine Wohnung. Ich könnte die polizei rufen, aber man sieht ja nichts und wenn er aufwacht und das mitbekommt? Auf der anderen Seite, redete ich mir ein, dass er nunmal sehr erregt und wütend war
Und ich bin nunmal ein anstrengender Mensch, da kann man schon verstehen, wenn jemand mal zu schlägt. Dieser Gedanke beruhigte mich, er relativierte die Situation für mich. Und auf einmal war das Problem leicht zu lösen. Ich müsste mich nur so verhalten, wie er das will und alles
Würde gut werden. Ich werde jetzt nicht beschreiben, wie ich des besseren belehrt wurde. Aber ich sage: wer einmal zuschlägt, der hat die Hemmschwelle verloren, der wird es wieder tun.
Für mich war es eine einzige Hölle aus der es kein entkommen gab.
Irgendwann vertraute ich mich meiner Schwester an, diese ging für mich zur Polizei. Der Herr war dort bereits mit ähnlichen Delikten bekannt und er wurde noch am selben Tag aus meiner Wohnung befördert. Das hinderte ihn nur leider nicht daran, in meinem Krankenhaus aufzutauchen
In meiner Straße rumzulungern, oder meine Schwester zu bedrohen. Ich entwickelte indes massive Angstattacken. Es gab für mich keinen sicheren Ort mehr, überall wo ich war, hatte ich unfassbare Angst. Und selbst wenn ich sicher war, hatte ich dann Angst um meine Schwester.
Das war um Weihnachten 2019. Um die Angst zu beenden, kam ich wieder mit ihm zusammen - das muss hier niemand verstehen, ich tue es auch nicht, für mich ist es lediglich ein Weg gewesen, meine permanente Angst zu eliminieren. Aber es begann alles von vorne und schlimmer
Er erzählte mir, wie er meine Schwester quälen wollen würde, weil sie mich ihm weg genommen hätte. Er war vollkommen verblendet vor Hass. Und ließ seine Wut darüber, dass ich gegangen war immer wieder gerne an mir ab. Meine Schwester redete seit ich wieder bei ihm war
Nicht mehr mit mir. Ich war also allein und gefangen. Und selbst schuld. Bis er mich irgendwann Zwang nicht mehr zu arbeiten, denn auf arbeit könnte ich Menschen von ihm erzählen oder man könnte die Hämatome sehen. Ich ging also zu meiner Hausärztin - und bin bis heute dankbar
Für Ihre Weitsicht. Sie erkannte nach Gespräch und Untersuchung die Situation recht schnell. Sie nahm mir die Angst und sie konnte mir glaubhaft versichern, dass ich es da raus schaffen könnte, wenn ich jetzt nur auf sie hören würde. Der Herr wurde wieder aus meiner Wohnung
Entfernt. Und ich war - wie vom Schlag getroffen auf einmal außer mir, es war als wäre eine Welt zerbrochen, obwohl man gerade begann, mich zu retten.
Zu meinem eigenen Schutz wurde ich auf einer geschützten psychiatrischen Station für eine Woche untergebracht
Was sicher auch gut war. Ich war nie in meinem Leben derart neben mir. Alles was ich wollte war sterben, und ich kann nicht einmal beschreiben, wieso.
Eine Woche geschlossene, anschließende 3 Monate offene Psychiatrie
Der Herr war zwar seitdem wieder in meinem Leben aufgeploppt, aber ich habe ihn nie mehr weiter rein gelassen.
Was aber geblieben ist, ist die Scham, und die Angst. Auch wenn ich jetzt sagen kann, dass ich frei bin - so sind meine Gedanken nach wie vor auf Angst gepolt
Warum ich das hier schreibe?
Weil ich euch sensibilisieren möchte. Gewalt kann jedem widerfahren. Und manchmal brauchen Menschen sehr viel mehr Hilfe, als sie selbst gerne zugeben wollen.
Trotz allem möchte ich noch betonen: Ich bin in Therapie und ich mache Fortschritte. Und ich bin davon überzeugt, dass ich irgendwann wieder frei leben kann.

#MeToo

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