Afghanistan Thread.
Keine brillante Analyse - nur nach fast 20 Jahren ein Rückblick auf meinen Einsatz im I. Kontingent ISAF 2002. Es hat sich viel verändert - aus heutiger Sicht erscheint der Einsatz fast wie ein Traum 1/
Für das erste Kontingent waren die Umstände noch eher rustikal - das Camp Warehouse in Kabul war erst im Aufbau. Nicht einmal der Zaun war geschlossen am Anfang.
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Duschcontainer gab es lange nicht. Gewaschen wurde - auch bei eisigen Temperaturen - in selbst gebastelten Waschgelegenheiten hinter unseren Zelten.
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Am Anfang keine Kühlkette bis nach Kabul. Daher war die Verpflegung eher einfach. Viel EPa und Dinge, die man ohne große Kühlung transportieren konnte. Vorteil - fett werden war nicht drin 😬
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Erdbebenhilfe in Nahrim
Selbst im Camp Warehouse hatten wir das schwere Beben im Norden mitbekommen. Eine der ersten Aktionen war ein Hilfskonvoi in die abgelegene Region.
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Das Feldlager wächst beständig - und die Stürme im Winter testen das vorhandene Zeltmaterial und die Klimageräte (Heizungen). Bis heute unvergessen - Nachts das piepsen, wenn dem Heizaggregat der Diesel ausgeht. Und keiner will in die Kälte und nachfüllen.
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Die ersten Patrouillen. Auf Wolf Geländewagen und UNIMOG 2to LKW.
Ziemlich 'nah' an der Bevölkerung.
Weniger Schutz als später-
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Ankunft des Königs.
Heute fast vergessen - aber der im Exil lebende König kehrte mit 'großem Bahnhof' nach Kabul zurück. Einige hofften, er könne das Land einen oder zumindest mehr Zusammenhalt schaffen. Leider wurde er schnell krank und verstarb dann. 8/
Später selbstverständlich - aber damals ganz neu. Ankunft der Heeresflieger mit den CH-53. In einem eigenen Feldlager direkt am Flughafen. Und mit einer gemeinsamen Übung, um die Einsatzbereitschaft zu beweisen.
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Beginn von Military Assistance. Gegenüber unserem Lager (Camp Warehouse) wurden die ersten Truppen der Afghanischen Nationalen Armee ausgebildet. Ebenso ständig unser Versuch, die sehr schlecht ausgebildete Polizei in einfachsten Dingen zu schulen (hier im Sanitätsdienst).
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Eindrücke aus der Stadt (ISAF war noch auf Kabul und Umgebung beschränkt): Viel zerstörung, große Armut - aber eine Aufbruchsstimmung. Es gab 2002 viel Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
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Umweltschutz: Das brennen von Ziegeln mit alten Autoreifen war auch 2002 nicht schön. Mörderische Luftverschmutzung in Kabul. Aber wenigstens Fleisch, dass sicher keine Hormone gesehen hatte.
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Überreste der sowjetischen Zeit überall zu finden. Wir waren von der Anzahl der Wracks beeindruckt. Und immer die Frage im Hintergrund - werden wir hier mehr Erfolg haben?
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Meine Welt - Waffenträger WIESEL in Kabul.
Erdacht für den Krieg in Mitteleuropa haben sich die kleinen Maschinen in Kabul tapfer geschlagen. Auch wenn die Straßen die Ketten quasi aufgefressen haben und die Motoren auf den Bergen ins kämpfen kamen.
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Unser Kommandeur - der uns in Kabul als Battlegroup geführt hat. Wirklich eine Legende - und ich bewundere bis heute, wie er den Einsatz geführt hat.
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Auch im I. Kontingent - Kameraden, die ihr Leben gelassen haben. War nicht einfach - mit den 3 Dänen, die bei der Explosion einer alten Rakete mit den 2 Deutschen ums Leben gekommen waren, waren wir morgens noch unterwegs. Wir wollten abends ein Bier darauf trinken...
Fazit: (Ganz persönlich, nur für das erste Kontingent)
Ich hatte damals wirklich das Gefühl, dass in dem Land was gutes entstehen kann. Das sich die Bevölkerung rappelt und die Chance nutzt. Der Einsatz war anstrengend - erschien mir aber sinnvoll.
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Mein Antrag Berufssoldat zu werden, trägt als Ortsangabe 'Kabul, Camp Warehouse'. Wie viele meiner Generation hat mich dieses Land für immer geprägt und seine Spuren hinterlassen.
18/end
PS: Eher unbedeutendes Detail - aber zur Vollständigkeit: Ich war in diesem Einsatz als Oberleutnant der Kompanieeinsatzoffizier der Einsatzkompanie 1. Eigentlich war ich Zugführer WIESEL in Wildeshausen, für den Einsatz wurde ich dann nach Varel kommandiert.
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Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen, in wie weit die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland aktuellen gesellschaftlichen Strömungen folgen müssen und
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wie sich diese Veränderungen auf die Einsatzbereitschaft von Streitkräften auswirken. Die Schere zwischen Gesellschaft und Streitkräften wurde wohl mal größer, mal kleiner empfunden.
Anbei ein Parodie der Fernaufgabe einer #HTW (Heereseinheitlichen Taktischen Weiterbildung)
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Auch wenn die Aufgabe vermeintlich auf 1997 datiert ist, so handelt es sich nach meinem Wissen nur um ein 'Update' einer wesentlich älteren Aufgabe.