Thread by @WinePlease44

Ich war 11, als die Mutter einer Freundin uns Kinder im Sommer zu einem Badetag am Stubenbergsee mitgenommen hat.
Ich war damals schon groß gewachsen und langbeinig, aber ein KIND. Mit meiner gleichaltrigen mollig-kleinen Freundin und ihrem jüngeren Bruder

schlenderte ich damals zu der Holzbrücke, unter der sich unzählige dicke Fische tummelten. Ein älterer Mann gesellte sich zu uns und wollte uns die Fische zeigen. Während wir uns staunend ans Geländer drängten, fühlte ich plötzlich seine Hand unter meinem Bikini-Oberteil.

Er raunte mir ins Ohr: „Komm, wir gehen da rüber!“ und deutete zu einem kleinen Wäldchen am Ufer. Ich machte mich instinktiv los und trat einige Schritte zurück. Den anderen Kindern, die nichts mitbekommen hatten, sagte ich, dass wir jetzt gehen sollten.

Der Mann verschwand rasch in der Menge und ich lief mit der Freundin und ihrem Bruder mit zitternden Knien zurück zu unserem Liegeplatz und zu ihrer Mutter.
Der unbeschwerte Badetag wurde fortgesetzt, nur ich war nicht mehr unbeschwert.
Ich fühlte mich schmutzig und

beschämt, wich nicht mehr von der Seite der Mutter meiner Freunde und hatte das Gefühl, schuld daran zu sein, was mir passiert war. Ich habe deshalb nie irgendjemandem davon erzählt und heute erzähle ich es bloß, weil jemand in einem Tweet bewusst unterschwellig unterstellend

gefragt hat, wie es sein kann, dass sich im Moment so viele Frauen plötzlich daran erinnern, dass sie vor 30 Jahren vergewaltigt wurden.
Ich wurde damals nicht vergewaltigt. Mir wurde nur das Vertrauen und die Kindheit genommen.
Wir erinnern uns nicht PLÖTZLICH wieder an solche

Vorfälle, lieber Autor des Tweets!
Wir vergessen sie nämlich nie.
All die Beschämung und Angst und Schuld, die ich damals gefühlt habe, fühlen Vergewaltigungsopfer potenziert und lassen sie oft für immer schweigen.
Manchen sehr mutigen Frauen, gelingt es nach vielen, vielen

Jahren doch noch, dieses selbstbelastende Schweigen zu brechen und sie fühlen wahrscheinlich das, was auch ich gerade fühle: Erleichterung, es ausgesprochen zu haben und die Einsicht: es war nicht deine Schuld!
Lassen Sie also bitte diese Tweets, die so harmlos scheinen

und doch zwischen den Zeilen so viel unterstellen!
Ob Sie es glauben oder nicht: Frauen tragen schwer an den unglaublichen Dingen, die ihnen angetan werden und haben nicht verdient, dass Männer wie Sie in beifallheischenden Tweets noch einmal nachtreten.