Wo fang ma an? Analyse des Spannungsfeldes in dem die CO2-Steuer-Diskussion läuft:
Realpolitische Verhältnisse vs. ideale 100% wissenschaftsbasierte Politik.
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Realpolitik:
Keine einzige mögliche Koalitionsvariante mit der ÖVP hätte einen CO2-Preis grösser als 0 Euro zustande gebracht. Weil:
Die FPÖ hätte es aktiv verhindert (Autofahrer, Melkkuh, blablawürgspeib).
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Die SPÖ hätte es wohl auch kaum aktiv versucht. Ein klares Nein zu CO2-Bepreisung im "nationalen Alleingang" im Wahlkampf 2019 und tatsächliche Politik im Kernland Wien - you simply can't PROVE me wrong.
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Wer ernsthaft behauptet, die SPÖ hätte mit Juli 2022 in Koalition mit Kurz einen höheren Preis als 0 Euro an eine Tonne geklebt, ist schon auf sehr dünnem Eis.
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Wer sich zur These versteigt, es wären mehr als 30 Euro die Tonne gewesen, der - um einen prominenten Roten zu zitieren - "traamt vo woame Eislutschker".
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"Ideale" Politik (was Wissenschaft sagt): Da würde die Untergrenze für einen ordentlichen "Lenkungseffekt" wohl bei 100 Euro/Tonne liegen (und so runde Zahlen sind immer bissi hingeschätzt, wie wir von diversen "xy-Milliarden" wissen, die gefordert oder gar gemacht wurden)
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Und damit sind wir schon beim ersten Problem in der Kommunikation von dem ganzen Scheiss: "Euro pro Tonne" what the fuck? Interessiert mich gar nicht, wer so redet, oder wo man das wissenschaftlich besser zu Vergleichen herziehen kann.
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Es geht für das Verständnis "der Leute draussen" um eine einzige fucking Zahl: CENT PRO LITER.
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Unzulänglich halbwissend, aber stets serviceorientiert wie ich üblicherweise so vor mich hinschreibe, übersetze ich das Blabla mal hier in diese Zahl (Quelle: Google. Korrigiert mich gern, aber auf +/- Dinnef wirds passen):
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30 Euro je Tonne ("Startpreis") =
7 cent/Liter für Benzin (2,33 kg CO2 pro Liter)
8 cent/Liter für Diesel (2,65 kg CO2 pro Liter)
Das ist gefühlt für mich erstmal: Fucking nichts. Gar nix. Nada. Niente. Nullo.
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Die (zugegeben von mir nur "vermuteten") "wissenschaftlichen 100 Euro machen aber auch nur 23 Cent/Benzin, 30 Cent/Diesel und damit das Kraut auch nicht wesentlich fetter im Einzelfall, wie wir gleich sehen:
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Und wer bietet sich besser für eine Einzelfallbetrachtung an, als jener ÖVP wählende, ohnehin überprivilegierte, und jetzt von den Grünen noch fett geförderte Arsch aus Mödling, der täglich mit dem fetten SUV nach Wien fährt, um radfahrende Kinder zu gefährden?
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Dieser Schnöselbonze arbeitet natürlich - Volksverräter! - im Bundesumweltministerium, und fährt also mit seinem 3-Tonner täglich 5,5 Kilometer pro Strecke vom Villenviertel am Hyrtl-Park in die Radetzkystrasse.
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Weil die Frau natürlich zuhause ist und kocht, wie es sich für einen gestandenen Bürgerlichen gehört, fährt er die Strecke 4x am Tag, weil zu Mittag zuhause schmeckts halt am besten.
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Rechnung:
5,5 KM x 4 mal am Tag x 5 mal die Woche x 50 Wochen im Jahr = 5500 Kilometer im Jahr
Sagen wir, sein Kleinpanzer frisst 10 Liter, dann macht das 550 Liter im Jahr. Und es ist ein Diesel.
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Die "Belastung" durch die CO2-Steuer macht für den also aus:
anfangs (2022):
550 Liter x 8 Cent = 44 Euro
am Ende (2025): 550 x 14,5 Cent = 80 Euro pro Jahr aus. Wow! Wowsers! Wowserio!
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Ich bin geneigt, jenen beizutreten, die meinen, das bissl hätte keinen Lenkungseffekt. Wobei Zahlen aus der Schweiz (und ich weiss, da stecken drölfzigtausend andere Variablen drin), zumindest auch die andere Sichtweise plausibel machen:
Bad news an der Stelle:
"Wissenschaftliche" 100 Euro/Tonne würden ihn 165 Euro im Jahr kosten. Wenn ich bei meiner Interpretation von "was ist wissenschaftlich gefordert" um 100% daneben läge, wären es 330 Euro im Jahr.
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KEINE dieser Summen bewegt den Typen in die Bahn. Also für den pöhsesten der Pöhsen, den Mödlinger schlechthin, scheint das mal kein Hebel zu sein. Dissent welcome.
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Rechnen wir noch einen anderen fiktiven Menschen aus der anderen Richtung. Sagen wir so ein türkiser Laffe, dem die Grünen den Sack kraulen wollen, weil sie ihm 200 Euro schenken (was bekanntlich doppelt so viel ist, wie der Wiener kriegt), wohnt im nördlichsten Weinviertel.
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Bauernbündler seit Jugendtagen, aber aus Herkunftsgründen wesentlich schlechter gebildet ist er natürlich Kiwara und hackelt beim Flex-Karli in der Herrengasse. Dort fährt er jeden Tag hin aus Alt-Prerau. 100 Kilometer tour-retour täglich.
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50000 Kilometer im Jahr, da fliegen (gleiches Auto) 5000 Liter beim Auspuff raus und dafür verrechnen ihm:
Die depperten Grünen 2022: 400 Euro
Die gschissanen Grünen 2025: 725 Euro
Die hehre, edle Wissenschaft: 1500 Euro
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Jetzt würde mir ein mathematischer Modellierer als Unterstützung gut anstehen bei der Beantwortung folgender Frage (Grundlage: aktuell 1,20/Liter Diesel):
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"Bis zu welchem Einkommen bewirkt eine Erhöhung der Spritkosten von 6000/Jahr auf 7500/Jahr zu 80% Wahrscheinlichkeit einen Umstieg auf andere Mobilitätsformen?"
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Meine These: diese Einkommensschwelle ist nicht existent. Die gibts afoch ned. Wer 6 Tausender im Jahr für Sprit blecht und sich leisten kann, weil er irgendeinen "Gewinn" (Zeit/Komfort/Schwanzlänge) für sich sieht, der blecht auch siebeneinhalb für denselben Scheiss.
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Also:
Sind 30-55/Tonne aus Klimasicht ein "Erfolg"? Mitnichten.
Wären 100/Tonne einer gewesen?
Doubt it.
Sind 30-55 "besser als nix".
Ja eh.
Also worauf will ich hinaus?
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Die Leute, die jetzt, im Jahr 2021 noch täglich mit Verbrennern Door-to-Door-Pendeln, tun das - all other things equal - auch 2022 und 2025 noch.
Jede CO2-Steuer ist, was "Individualverkehr" betrifft, in grossen Teilen sinnlos.
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Was sie bewirken kann - und mMn auch schon bei 30 Euro bewirken wird - ist, dass diejenigen, die jetzt schon "kalkulieren" und überlegen auf zB E-Auto umzusteigen, einen kleinen Stupser kriegen, und das vielleicht ein, zwei Jahre früher machen.
30/
Anders siehts bei Firmen aus. E-Mobilität iVm Photovoltaik am Firmendach "rechnet" sich heute schon für viele. Letztens kommt zB mein Dachdecker vom Land zu meinem Haus am Land besichtigen u hat ganz Landeiuntypisch keinen tiefergelegten Golf sondern einen Zoe unterm Arsch.
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Aber die eigentlich entscheidende Frage für die Menschheit:
Haben die Grünen sich jetzt "durchgesetzt"?
Die Antwort ist für mich ein klares "Besser als jeder andere potentielle Partner aber nein".
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Wiewohl ich die CO2-Steuer für (und wir alle und somit ich reden nur über Verkehr) ungeeignet halte, eine Verhaltensänderung herbeizuführen, war das jetzt doch die Nagelprobe in der Koalition. Und ich als Grün-Sympathisant sage: Burschen und Mädels, das war nicht genug!
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Warum?
These: Kurz "musste" seinen Gönnern und Klienten bald mal - Corona hin oder her - eine Steuerreform liefern.
Ergo: guter Hebel.
HIER (und, ich weiss, das ist superzynisch: nicht bei Moria) wäre der Stand-Off fällig gewesen.
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"Lieber Basti, es ist uns wurscht, was du machst. Solange da nicht 100+ pro Tonne steht, gibt es keine Einigung."
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"Wenn Du Lust hast, stell Dich hin, und erkläre nach einem Unwettersommer der Bevölkerung, dass Du die dritte Partei nun als Partner schasst, weil Du 30 Cent pro Liter nicht argumentieren kannst. Wir werden Sorge tragen, dass ankommt, dass Du nichts tun willst."
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"Und das Dieselprivileg sowie jegliche Steuerbegünstigung für Verbrennerfahrten, zB das Pendlerpauschale, entsorgen wir gleich mit. Hamma an Deal?"
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So. Und um das pessimistische Timbre dieses Threads am Schluss noch zu verfestigen und zu vertiefen ein paar weitere Aspekte, nicht alles speziell zu CO2-Steuer:
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Die Diskussionen hier drehten sich sehr überwiegend um diesen depperten "Regionalbonus". Das kam relativ unerwartet für mich, und da hats mir - pardon my french - offen gestanden ein bissl den Beidl auf die Seitn ghaut.
39/
Der Bonus ist zwar de facto eh nur ein Offset einer überschaubaren "Belastung", und der "regionale" Unterschied ist mit maximal 8,33 Euro pro Monat l.ä.c.h.e.r.l.i.c.h, aber die Diskussion hat mir gezeigt:
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Die Spezies Mensch - und ich möchte hinzufügen, dass ich schon glaube, auf Twitter noch eher überdurchschnittlich intelligente Vertreter derselben zu verorten - macht bze. fragt bei "grossen" Änderungen scheinbar immer dasselbe:
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"What´s in it for me?"
Und der Österreicher und seine Frau die Österreicherin fügen, sogar wenn sie mit dem, was für sie drinsteckt, zufrieden sind, dann noch hinzu:
"Und wos kriagt da Ferdl, der Oasch?"
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Und das, meine Lieben, meine hoffnungsvollen, einer erlösenden Botschaft harrend an meinen Lippen hängenden Leser, DAS ist der Grund, warum die Menschheit es nicht packen wird.
Weil niemand fragt: "What´s in it for us?" und schon gar nicht "What ELSE can we do?"
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Ich mag mir angesichts dessen, wieviel Geifer manche rauslassen wegen verfickter 33 Euro im Jahr, gar nicht vorstellen, wie die Welt aussehen wird, wie die Verteilungskämpfe aussehen werden, wenn die tatsächlichen Kosten mal durchschlagen.
44/
Aber soviel ist fix: mit dem intellektuellen Niveau der "Landei"-Argumente werd ma den Krieg ned gwinnen. Und hoch ganz sicher ned.
45/
Es gilt in dieser Frage wie in jeder anderen (und erstaunlich wenig liest/hört man über Kinderbonus, KÖSt, etc, weil alle über die depperten Autos und den depperten Sprit hirnwixen) was der liebe Herr Popolist schon längst erkannt hat:
Weil die Dinge, die tatsächlich Leute von der Strasse auf die Schiene bringen würden, die haben die ja nicht einmal ANGEDACHT. Die Dinge, die nix mit Geld, sondern mit Zeit und Komfort und Schwanzlänge zu tun haben:
47/
zB
- Autobahnen durchgehend Tempo 80 auf Autobahnen
- Spuren für Einzelfahrer sperren
- beides mit Strafen relativ zum Einkommen
- nur tageweise Einfahrtserlaubnis in Cities für Verbrenner
48/
Warum redet darüber keiner? Weil es funktioniert. Alle Parteien wissen, dass sie ihren eigenen Status halten können, wenn sie nur genug vortäuschen und niemandem WIRKLICH weh tun, aber allen ein bissl, sodass jeder seinen Fans sagen kann: "Schau, dem Oasch hammas geben!"
49/
Die Spezies Mensch wird scheitern. Einzige Rettung wäre, wenn genug Leute, die das Richtige wollen, genug Geld aufbringen, um die, die das falsche wollen, aus dem Business zu drängen und denen die Politik unter der Nase wegzukaufen.
Siehst Du darauf eine Chance?
Eben.
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Transparenz hab ich versprochen, Transparenz sollt Ihr bekommen!
Klare Worte hab ich versprochen, klare Worte sollt Ihr bekommen!
Hier nun der Thread zu wo ich finanziell stehe, was die #Steuerreform für mich bewirkt, und vor allem, was ich davon halte:
1/
Punkt 1: Wo ich stehe
Ich, verheiratet, (leider nur) 2 Kinder, verdiene >100000 Euro pro Jahr, und laut einkommensverteilung.eu/einkommenspyra… bedeutet das unter Angabe der genauen Zahl:
1,40 % der Österreicher verdienen MEHR als ich
98,60% der Österreicher verdienen WENIGER als ich.
2/
Der Hauptwohnsitz meiner Familie ist ein Einfamilienhaus im "Speckgürtel", einigermassen in Schuss (Baubeginn vor knapp 20 Jahren, Fertigstellung vor 12). Das Haus ist schuldenfrei (verdiene seit etwa 15 Jahren so, meine Frau hatte vor Karenz/Langzeitkrankenstand ca 4000 bto)
3/
Am Wochenende durfte ich übrigens einer Taufe beiwohnen. Ausser dem Pfarrer waren NULL wirklich gläubige Menschen im Raum. Und das ganze fand (wie bei meinen Töchtern) nur statt, damit die Kleine später nicht schon im Kindergarten und der Volksschule gedisst wird.
Schön war´s.
Dann beim Essen so eine Leinwand, wo man ein Pickerl, einen Fingerabdruck, eine Zeichnung gemeinsam mit einem Wunsch an das Kind draufmachen sollte. Mir hat das als einzigem mal wieder keiner gesagt (oder ich habs verschwitzt), alle standen mit fertigen Bildern und Sprüchen da.
Also hatte ich am Schluss (hab gewartet) schon total viel "Vorlagen". Waren halt leider nur viele Einsilbigkeiten und Plattitüden in Stammbuchformat wie "Glück und Segen" oder "Liebe" oder "Sei du selbst, weil jemand anderes kann das nicht"
Würde ja (SCHWÖRE!) gerne aufhören, die Leute immer lächerlicher verbissen zu finden, aber es kommt täglich was dazu, das indiziert, dass Leuten viel zu oft das Hirn aussetzt, als dass man noch sicher sein könnte, dass man mit 1 diskutiert, der noch alle Tassen im Schrank hat:
The story: 1) "glühender Sozialdemokrat" (Eigendefinition) beweint persönlichen Nachteil ab 2022 2) drunter und drüber geht es los: Kurz=Oasch. Grün=gschissen. #Steuerreform unsozial
The facts: 1) Schwarz-Blau 1 (Schüssel!) machte seinerzeit ein Steuergesetz, das Wohlhabende privilegiert 2) Faymann (SPÖ!) schafft das 2015/16 ab, mit 6 Jahren Auslauf 3) der persönliche Nachteil des Herrn: er kann ab 2022 seine 7200 Euro Privat-KV nicht mehr absetzen
Es mag viele von Euch total schockieren, aber der Mensch emittiert CO2 nicht nur beim Autofahren.
Und schön von dir, dass du mit der U-Bahn fährst, aber rate, wie das Zeug, das du vom Supermarkt mit U-Bahn heimbringst, in selbigen gekommen ist? (Spoiler: nicht mit der U-Bahn!) Und wie das Getreide für dein Semmerl gesät und geerntet wurde (Spoiler: nicht mit Pferdefuhrwerk)
Distanz von meinem Wohnort zum/zur...
... nächsten Supermarkt: 11 KM
... nächsten Kleidungsgeschäft: 13 KM
... nächsten Bank: 15 KM
... nächsten Postamt: 13 KM
Deshalb hier mein heutiger Alptraum - ich hab die ja fast täglich, dieser war heute aber besonders plastisch und deppert und life is entertainment - also los:
Nachdem (warum auch immer die in meinem Heizkeller waren) @vanderbellen und @WKogler meinen Anzündholzstapel mit ihren Tschick fast abgefackelt hatten, hab ich das panisch gelöscht und zum Lüften das Tor in den Garten (warum auch immer da plötzlich ein Tor war) aufgemacht.
Später ging ich Nachsehen, ob eh "Brand aus" ist, da entdecke ich, in meinem Heizraum, einen Leoparden. Ich reiss die Hände in die Höhe und schrei, und aus irgendeinem Grund, flieht das Viech (sind offenbar doch nur scheue Miezerl) in den Garten. Ich hintennach.