Thread by @DontDegradeDebs

Sanitätshaus-Realität:
Im März war ich im Sanitätshaus, weil mein Rollstuhl plötzlich nicht mehr angesprungen ist. Akku hatte aus unerfindlichen Gründen einfach komplett aufgegeben. Bestätigung der Krankenkasse, dass ein neuer bestellt werden kann, kam 3 Wochen später. Ich hab in

der Zwischenzeit einen (ungewarteten, was ich aber da noch nicht wusste) Leihakku vom Sanitätshaus bekommen. Im Juni hab ich dann mal im Sanitätshaus angerufen, um zu fragen wann ich meinen Akku bekomme. Die sehr kryptische Antwort ließ mich darauf schließen, dass ich jetzt den

Leih-Akku behalten soll und sie dafür den neuen Akku im Lager behalten. Ich fand das jetzt erstmal nicht soooo schlimm, weil der Leih-Akku immerhin viel mehr Durchhaltevermögen hatte, als mein alter und "neu" eh immer relativ ist, weil man selten neue bekommt, sondern

Wiedereinsätze und da kein einer das passieren, was mit meinem "neuen" alten passiert ist, nämlich, dass die Leistung noch im Rahmen, aber eher so mäßig ist und in meinem Fall dann plötzlich tot ist. Zur Erinnerung nochmal die Timeline: 9.3., 12.6. und dann im September hat sich

meine Fußstütze verabschiedet, das heißt ich musste eh ins Sanitätshaus und gerade beim rausfahren fiel mir ein, ich könnte ja trotzdem nochmal wegen des Akkus fragen. Allgemeine Verwirrung: Die Person am Front-Desk "Sie haben keinen Akku von uns" - Auf dem Akku kleben 2 Fette

Sticker Eigentum des Sanitätshaus XY, über das ganze Gerät ein Sticker LEIHAKKU und zweimal groß die Inventar-Nummer. Es standen zwei Mitarbeiter daneben, die zu dem gleichen Schluss kamen: das ist sehr eindeutig einer ihrer Leih-Akkus. Die Inventar-Nummer verriet: offiziell

steht der Akku im Lager. Die Frau hinter dem Front-Desk erklärte mehrfach, dass sie den dann jetzt zurück nehmen müsste, weil Leih-Akkus gar nicht so lange geliehen seien sollten und der ja auch offiziell gar nicht bei mir ist und außerdem ist der nicht gewartet. Auf meine Frage,

ob ich dann einen anderen bekomme. Meinte sie, sie hätten gerade keinen anderen für das Modell, auch deswegen bräuchten sie den jetzt zurück. Die anderen Mitarbeiter haben zum Glück direkt intervenieren und gesagt niemand gibt hier jetzt irgendwas zurück, weil ich ja sonst nicht

weg komme. Meine Frage war dann, was denn mit MEINEM Akku sei und dann wurde es richtig interessant: das Sanitätshaus hat wie ich die Bestätigung der Krankenkasse erhalten und dann vergessen den Akku zu bestellen und weil die Bestätigung älter als 3 Monate war den Vorgang

abgeschlossen. Sie haben meinen Akku also nie bestellt. Wussten auch nicht, was sie machen sollten, weil das war ja jetzt über 6 Monate her und die Zusage der Krankenkasse damit verwirkt. Haben aber versprochen, dass das ihr Problem ist und sie sich drum kümmern und ich meinen

Akku kriege. Das war der 17. September. Seit dem habe ich nix mehr gehört und dachte so, ich rufe mal an. Der Akku ist bestellt, kommt aber frühestens am 19. Dezember im Sanitätshaus an (der Hersteller sitzt bei Stuttgart das ist weit, aber nicht SOOO weit). Ich bin also trotz

Bestellung nochmal über 12 Wochen mit ungewarteten Akku unterwegs. Um das Thema abzurunden: es gibt eine Sanitätshaus-Bindung in Deutschland seit 2008 (Gesundheitsreformen von einer SPD und CDU Koalition waren bisher IMMER zum Nachteil von kranken und behinderten Menschen eine

Ampel hat die Bedarfe und Interessen von kranken und behinderten Menschen keinen Deut mehr im Blick, sondern wird das Gesundheitssystem im Zweifel nur noch weiter verwirtschaftlichen). Das bedeutet ich kann nicht einfach das Sanitätshaus wechseln, sondern MUSS zu dem

Vertragspartner meiner Krankenkasse, die offensichtlich organisatorische Probleme haben, aber sich das auch leisten können, weil die Mehrzahl der Kund*innen eh nicht wechseln können. Ich musste schon mehrfach für ein Hilfmittel 2 oder 3 mal ein Rezept einreichen, weil sie einfach

in meiner Akte vergessen wurden und dann nicht mehr gültig waren. Manchmal sind das Sachen wofür Ärzt*innen 5seitige Fragebögen ausfüllen und unterschreiben müssen. Dieses Gesundheitssystems ist genau das: ein System von gesunden und nicht-behinderten Menschen für gesunde und

nicht-behinderte Menschen... nur deswegen kann (m)ein Sanitätshaus so arbeiten, wie es arbeitet und dieses Land sich trotzdem für sein Sozial- und Gesundheitssystem feiern...

Vergessen: Brauch mit den Öffentlichen über 1h zu meinem Sanitätshaus, aber es ist mein zuständiges, weil es mit dem Auto nur 20 Minuten sind. Leider liegt es in einem Industriegebiet ohne adäquater ÖPNV-Anbindung.

Und: Bindung gilt übrigens nicht für all die kleinen Hilfmittel wie Krücken, Einlagen und Co., weil das kann ja jede*n treffen.

Edit: Dass sowas wie Inkontinenzmaterial in der Bindung ist, während Krücken und Einlegesohlen bindungsfrei sind, zeigt: Ein Jens oder Ullas Tochter können sich auch mal das Bein brechen oder brauchen ne Einlage für den Spreizfuß deswegen - bindungsfrei.

Aber alles, was vor allem alte, chronisch kranke und behinderte Menschen betrifft ist eklig und wird über Bürokrtisierung und Verwirtschaftlichung bis zum Ende der Menschenwürde (oder des Menschen) an den Rand der Gesellschaft oder aus der Gesellschaft raus eugenisiert. Spahn hat

das ganze in neue Dimensionen gebracht. Aber zu glauben, ausgerechnet die Ampel würde etwas daran ändern, ist naiv. Die Ampel wir unsere Situation nur noch weiter verschärfen und die Darwinistische Sozial-und Gesundheitspolitik mit elan vorantreiben. Es hilft zu lesen, was

Parteien so aufsetzen, was genau sie in ihren Papieren tatsächlich schreiben und auch zu sehen, wozu sie explizit nix schreiben.